Soziales 2022: Corona, Krieg und Wohnungsnot

Triage

Bei der Podiumsdiskussion der HU diskutieren (v.l.n.r.) Jörg Arnold, Rosemarie Will und Florian Grams. (Foto: Laura Schiller)

Der Krieg in der Ukraine und das Coronavirus hatten Marburg 2022 fest im Griff. Erst zum Jahresende ging die Pandemie allmählich in einen endemischen Zustand über.
Die Gesamtzahl der bestätigten Corona-Fälle im Landkreis Marburg-Biedenkopf hat sich bis Sonntag (25. Dezember) auf 118.842 erhöht. Seit März 2020 sind im Kreis 444 Menschen mit einer Corona-Infektion gestorben. Im Jahr 2022 verbuchte das Gesundheitsamt Marburg damit insgesamt 136 weitere Todesfälle.
Zu den ersten Auffrischungsimpfungen Ende 2021 kam ab Freitag (19. August) eine zweite Booster-Impfung hinzu. Dennoch erkrankten viele Menschen an einer Corona-Infektion. So mussten beispielsweise die Stadtwerke Marburg (SWM) sowohl im Herbst wie auch bereits im Februar ihren Busfahrplan ausdünnnen.
Wegen Erkrankungen des Personals musste das Universitätsklinikum auf den Lahnbergen ganze Stationen sowie die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie schließen. Ursache dafür war auch die Ausdünnung des Personals aufgrund der Einsparungspolitik seines Betreibers. Heftige Kritik daran äußerten nicht nur die Beschäftigten des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM).
Als Dauerbrenner zog sich das unendliche Gezerre ums UKGMdurch das gesamte Jahr 2022. Schließlich hatte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies an Dienstag (15. November) vorgeschlagen, die Stadt Marburg könne sich mit 75 bis 100 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer an einem Rückkauf des UKGM beteiligen. Dank der BioNTech-Impfstoffproduktion in Marbach verfügte die Stadt im Frühjahr über 500 Millionen Euro aus Einnahmen der Gewerbesteuer.
Trotz des Eingungsdrucks – auch durch die Landesärztekammer – hat das Land einen Rückkauf des UKGM jedoch abgelehnt. Die Beschäftigten fordern weiterhin eine wirksame Entlastung durch einen Tarifvertrag. Patientinnen und Patienten betrachten die Situation nach wie vor mit großer Sorge.
Übber die Gefahren von Triage haben Fachleute am Samstag (17. September) auf Einladung der Humanistischen Union (HU) im Stadtverordnetensitzungssaal diskutiert. Im Dezember 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht dazu eine Regelung gefordert, die Menschen mit Behinderten im Fall einer Priorisierung medizinischer Leistungen nicht benachteiligt. Das entsprechende Gesetz der Bundesregierung bewerteten die Teilnehmenden an der Diskussion jedoh sehr kritisch.
Ihr „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ haben die Stadt und die Humanistische Union Marburg am Sonntag (22. Mai) in der Synagoge an der Liebigstraße deren „Vater“ Amnon Orbach überreicht. 40 Jahre lang hat der – in Jerusalem geborene – Jude sich für den Aufbau einer Gemeinde in Marburg engagiert. Besonders eingesetzt hat er sich dabei für jüdische „Kontingentflüchtlinge“ aus Russland und der Ukraine.
Nach dem am Donnerstag (24. Februar) hat auch die jüdische Gemeinde sich für Geflüchtete aus der Ukraine engagiert. Dabei kommen ihr die Sprachkenntnisse ihrer Vorstandsmitglieder zupass, die inzwischen allesamt entweder aus der Ukraine stammen. Eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft rollte über Europa, Deutschland, den Kreis und die Stadt hinweg.
Mehr als 1.000 Geflüchtete aus der Ukraine hat allein die Stadt Marburg aufgenommen. Zahlreiche Menschen haben Zimmer und wohnungen bereitgestellt. Trotzdem sind auch viele Geflüchtete in Massenunterkünften einquartiert worden.
Angesichts der grassierenden Wohnungsnot in Marburg ist das sehr beachtlich. Irritierend ist jedoch, das Geflüchtete aus anderen Ländern weitaus weniger Unterstützung bekommen. Dennoch gibt es durchaus auch praktische Hilfe für Menschen, die vor dem Diktator Vladimir Putin aus Russland nach Marburg fliehen mussten.

* Franz-Josef Hanke

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