Die Stadt Marburg schreibt einen Masterfonds zur sicheren Anlage von Steuermillionen aus. Das ist ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (StVV).
Die Universitätsstadt Marburg startet eine europaweite Ausschreibung für einen maßgeschneiderten Investmentfonds, in dem sie selbst alleinige Anlegerin ist. In diesem Masterfonds will die Stadt 450 Millionen Euro anlegen, die sie aufgrund extrem gestiegener Gewerbesteuereinnahmen auf dem Konto hat. Die Anlage soll nachhaltig und vor allem sicher sein.
Die Ausschreibung für den Masterfonds hat die Stadtverordnetenversammlung am Freitag (20. Mai) beschlossen. „Wir sind in einer noch nie dagewesenen Situation und wir stehen vor Entscheidungen, über die vor uns in Marburg noch niemand auch nur nachgedacht hat“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zum Punkt 5 der Tagesordnung. Er ist mit dem nüchternen Titel „Anlage nicht benötigter liquider Mittel“ überschrieben.
Dabei geht es um Geld, das kurzfristig nicht für laufende Aufgaben oder zur Schuldentilgung gebraucht wird. Die „liquiden Mittel“ der Stadt Marburg betrugen vor fünf Jahren noch knapp 30 Millionen Euro. Dann stieg der Kassenbestand auf 50 Millionen und pendelte sich ab 2019 um die 70 bis 80 Millionen Euro ein.
Ende 2021 schnellte die Kurve plötzlich steil nach oben – aufgrund der enorm gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen. Davon gibt die Stadt zwar rund 70 Prozent als Umlagen an Land und Kreis ab. Die Umlagen werden aber erst in den Folgejahren fällig.
‚Derzeit hat die Stadt Marburg deshalb fast 500 Millionen Euro als liquide Mittel. Bislang sind diese Mittel auf verschiedene Bankkonten der Stadt verteilt als Tages-, Festgeld oder Zertifikate. Bei Guthaben dieser Größenordnung fallen zum einen hohe Summen an so genannten „Verwahrentgelten“ an.
„Das wären allein 2,25 Millionen Euro an Negativzinsen im Jahr“, erläuterte Spies. Dass das Geld auf der hohen Kante durch Verwahrentgelte in dieser Größenordnung weniger wird, will die Stadt vermeiden. Dazu kommt das Thema Sicherheit und Nachhaltigkeit.
„Das hat bei der Summe an Steuergeld, die uns als Stadt für das Wohl der Allgemeinheit in Marburg und der ganzen Region anvertraut ist, allerhöchste Priorität“, betonte Kämmerer Spies. Die Stadtverwaltung selbst verfügt dafür weder über die personellen Ressourcen noch über die zwingend notwendigen finanztechnischen Kenntnisse oder erforderlichen Erfahrungen auf dem Finanzmarkt.
Deshalb hat die Stadt ein Markterkundungsverfahren durchgeführt. Das Ergebnis ist ein Spezialfonds in Form eines Masterfonds. Das wird als einzige Möglichkeit angesehen, die liquiden Mittel in erster Linie sicher, ertragsbringend und nachhaltig anzulegen.
Aufgelegt werden soll der Masterfonds durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Anlagesumme soll gesplittet und jedes Segment getrennt verwaltet werden. Die Stadt als alleinige Anlegerin des Masterfonds bestimmt das Anlageuniversum und dessen Grenzen.
Sie legt fest, mit welchen Zielen die Mittel investiert werden: Das sind die Sicherung des Kapitalstock, die Sicherheit und Angemessenheit des wirtschaftlichen Ertrags sowie die Nachhaltigkeit der Geldanlagen.
Die Größenordnung des Masterfonds erfordert als nächsten Schritt die Vorbereitung eines europaweiten Teilnahmewettbewerbs mit Verhandlungsverfahren. Die Stadtverordnetenversammlung hat mit ihrem Beschluss nun den Magistrat beauftragt, das zu tun. „Mit dem Masterfonds schaffen wir uns ein sicheres und zukunftsfähiges Instrument, mit dem wir auch für kommende Entwicklungen gut gerüstet sind und handlungsfähig bleiben – wenn sich unsere Marburger Unternehmen weiterhin so erfolgreich entwickeln, aber auch, wenn wir mit neuen Krisen und Härten konfrontiert werden, die wir gemeinsam bewältigen müssen“, erklärte Spies.
* pm: Stadt Marburg