Auch 2021 stand die Politik im Zeichen der Corona-Pandemie. Immer neue Infektionswellen trieben die Verantwortlichen vor sich her.
Kaum atmete die Stadt im Frühjahr nach dem Ende des Lockdowns erleichtert auf, da nahte auch schon die nächste Welle der Pandemie. Mit gezielten Unterstützungsaktionen für die Wirtschaft und einer Fortführung der „Corona-Hilfe Marburg“ als dauerhaftes Angebot unter dem Titel „Marburg hilft“ ist die Stadt bislang insgesamt aber einigermaßen gut durch die Pandemie hindurchgekommen. Zu Weihnachten erreichten jedoch auch die ersten drei nachgewiesenen Omikron-Fälle den Landkreis.
Je länger die Pandemie andauerte, desto stärker stieg der Eifer derjenigen an, die das Virus für eine „Erfindung“ und Covid 19 für eine „harmlose Grippe“ hielten und sich militant gegen notwendige Schutzmaßnahmen wehrten. Demonstrationen von Impfgegnern und Corona-Leugnern gab es in Marburg jedoch nur sehr selten. Dagegen demonstrierten linke Gruppen wiederholft für eine Freigabe der Patente auf Impfstoff.#
Für Marburg war Corona nicht nur Fluch, sondern auch Segen. Die BioNTech-Fabrik im Stadtteil Marbach lockte am Donnerstag (19. August) sogar die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und ihren Kanzleramtsminister Dr. Helge Braun an. Ganz Deutschland schaut wegen dieser Fabrik nach Marburg.
Durch die Impfstoffproduktion ist die Stadt zu unerwartetem Reichtum gelangt. 570 Millionen Euro an Gewerbesteuern wurden Mitte November angekündigt. 70 Prozent davon muss die Stadt aber weiterreichen.
40 Prozent des Betrags führt die Stadt über die Kreisumlage an den Landkreis marburg-Biedenkopf ab. Weitere 30 Prozent erhält das Land Hessen über den Gemeindefinanzausgleich. Übrig bleiben für 2021 und 2022 immerhin noch 170 Millionen Euro.
Doch doch dieser unerwartete Reichtum war nicht etwa Grund zur Freude bei der Stadt, sondern Anlass für ärger. Die vom Magistrat angesichts dieses Geldsegens beschlossene Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes hat zum Bruch der gerade erst geschlossenen Rathauskoalition geführt.
Dabei hatten sich Grüne, SPD, Linke und Klimaliste erst Anfang November auf eine Vierer-Koalition in der Stadt geeinigt.
Bei den Kommunalwahlen am Sonntag (14. März) hatten die Grünen in der Stadt Marburg mit 26 Prozent der Kandidatenstimmen und 15 Sitzen vor der SPD mit 23,5 Prozent und 14 Sitzen sowie der CDU mit 21,4 Prozent und 13 Sitzen in der Stadtverordnetenversammlung (StVV) das beste Ergebnis erzielt. Als weitere Koalitionspartner neben den beiden Erstplazierten waren auch die Linken mit 11,3 Prozent und sieben Sitzen sowie die Klimaliste mit 6,4 Prozent und vier Sitzen der neuen Rathauskoalition beigetreten.
Bei der Haushaltsabstimmung am Freitag (17. Dezember) folgten die Linken und zwei Stadtverordnete der Klimaliste dem Entwurf des Magistrats aber nicht. Die darin vorgesehene Senkung des Gewerbesteuersatzes lehnten sie ab. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies sei mit diesem Vorschlag vor der Gier der Gewerbetreibenden eingeknickt, meinten sie.
Den Kampf um das Amt des Oberbürgermeisters hatte Spies bei der Stichwahl am Sonntag <(28. März) mit 50,2 Prozent nur knapp gegen seine Herausfordererin Nadine Bernshausen gewonnen. Mit nur 95 Stimmen Vorsprung entschied der Sozialdemokrat die Wahl für sich. Seine zweite Amtszeit von weiteren sechs Jahren als Oberbürgermeister hat am Mittwoch (1. Dezember)begonnen.
Im Landkreis konnte die SPD mit 30,6 Prozent der Stimmen die CDU mit 26,3 Prozent auf den zweiten und Bündnis 90/Die Grünen mit 16 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz verweisen. Bei der Haushaltsabstimmung dort haben Die Grünen den Entwurf abgelehnt. Im Gegensatz zur StVV sind sie im Kreistag in der Opposition.
Bei der Bundestagswahl am Sonntag (26. September) konnte Sören Bartol mit 36,9 Prozent der Erststimmen zum sechsten Mal das Direktmandat im Wahlkreis 171 erringen. Nach der Wahl von Olaf Scholz zum Bundeskanzler wurde Bartol zum Staatssekretär im Bundesbauministerium ernannt.
Wegen seines Einsatzes für Geflüchtete hat Oberbürgermeister Spies im September den „Göttinger Friedenspreis“ gemeinsam mit weiteren Engagierten erhalten. Als „Offener Hafen“ hat die Stadt ihre Bereitschaft erklärt, zusätzlich 200 geflüchtete Menschen aufzunehmen. Darüber hat Spies auch mit der Bundeskanzlerin Merkel gesprochen.
* Franz-Josef Hanke