„Eine Käsebrezel bitte“ sage Ich zu der Bedienung in der Bäckerei. Lächelnd reicht sie mir die Tüte und verabschiedet mich in den Tag. Mein Gesicht ist ihr bekannt. Seit Montag (19. Juni) stehe Ich jeden morgen um 9 Uhr bei ihr im Laden, um mich vor Beginn meines Praktikums mit Verpflegung auszustatten.
Keine drei Minuten später stehe Ich vor dem Haus mit der Nummer 2 am Leckergässchen. Ich betätige die Klingel mit der Aufschrift „Franz-Josef Hanke“ und warte auf das Summen des Türöffners. Wie jeden morgen werde Ich mit einem freundlichen Händedruck begrüßt und in die Küche gebeten.
Franz-Josef Hanke ist freiberuflicher Journalist. Das von ihm gegründete fjh-Journalistenbüro betreibt seit März des Jahres 2000 die Online-Zeitung marburg.news. Dabei handelt es sich um eine Internetseite, die täglich über alles informiert, was sich in Marburg und den dazugehörigen Stadtteilen zuträgt.
Kennen gelernt habe Ich Franz-Josef bereits im Jahr 2016. Zusammen mit Erich Schuhmacher hat er auf Initiative der Lehrerin Angelika Voss hin am Gymnasium Philippinum einen zweitägigen Journalismusworkshop gehalten. Da Ich große Begeisterung für das Schreiben eigener Texte empfinde und mir daher eine berufliche Zukunft als Journalistin sehr gut vorstellen kann, habe Ich daran teilgenommen.
Der aufschlussreiche Einblick in das Leben eines Journalisten hat in mir das Interesse geweckt, mein Schüler-Praktikum vor den Sommerferien bei marburg.news zu absolvieren. Diesen Wunsch hat Franz-Josef mir erfüllt. Anders, als die Redaktionen der beiden Tageszeitungen, die Ich zwei Jahre zuvor nach einem Praktikumsplatz gefragt habe.
Nach der täglichen Besprechung der vor uns liegenden Aufgaben begebe Ich mich in sein Büro. Ich nehme auf dem Stuhl vor dem mir zur Verfügung stehenden Computer platz und schalte ihn an.
Der Handgriff, den Ich dabei zuerst erledigen muss, ist, das Programm auszuschalten, was jede Aktion des Computers kommentiert. Franz-Josef benötigt es, denn er ist blind. Mich jedoch hindert es nur daran, mich zu konzentrieren.
Gestern haben Franz-Josef und Ich im Rathaus an einer Pressekonferenz teilgenommen, in der die Veranstalter des Stadtfests „3 Tage Marburg“ (3TM) über das Programm und Ablauf informiert haben. Den Text über das von Freitag (7. Juli) bis Sonntag (9. Juli) stattfindende Event habe Ich bereits gestern geschrieben und veröffentlicht.
Der Gedanke an die Pressekonferenz lässt mich schmunzeln. Die Tatsache, dass Ich als 17-jährige Praktikantin in einem Raum mit den Stadtoberhäuptern der Stadt Marburg und den Vertretern führender Medien gesessen habe, erfüllt mich mit Stolz.
Ebenfalls schmunzeln muss Ich, als mir einfällt, wie schwer es gewesen ist, die Kamera zu betätigen, mit der Ich im Anschluss die Statements von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, Dr. Richard Laufner, Peter Mannshardt und Katharina Deppe aufgenommen habe.
Genau diese Videos mit ihren Statements, den Fragen von Franz-Josef und meinem „Aufnahme läuft“ muss Ich so kürzen, dass nur der Befragte zu sehen und zu hören ist. Dabei besteht der erste Schritt darin, das Video erneut anzusehen und herauszufiltern, was verwendet werden soll.
Um diese Stelle gesondert als Video vorliegen zu haben, schneide ich das Video mit dem Programm „Windows Movie Maker“. Das stellt sich als zeitaufwendig heraus.
Denn es ist alles andere als leicht ist, im Sekundenbereich agierenden den genauen von Franz-Josef vorgeschlagenen Anfangs- und Endpunkt zu erfassen. Heute gelingt mir das Schneiden jedoch schnell, da Ich im Praktikum schon einmal mit dem Programm gearbeitet habe und daher mit dem Vorgehen vertraut bin.
Anschließend muss Ich die geschnittenen Videos im selben Programm zusammenfügen, was mir heute von dem störrischen Computer erschwert wird. Eigentlich möchte Ich bereits nach der dritten mir angezeigten Fehlermeldung laut und ungehalten fluchen, beherrsche mich aber mühsam. Franz-Joseph hat mir bereits am ersten Tag klar gemacht, dass er von deftigen Flüchen gar nichts hält. Mir als impulsiver Mensch verlangt das einiges an Beherrschung ab.
Nach einigen erneuten Versuchen gelingt es mir aber doch, die Videoabschnitte zu einem Film zusammenzufügen. Wie bereits in dem ersten von mir bearbeiteten Werk füge Ich auch hier das Logo der Redaktion, einen Titel sowie einen Abspann hinzu. Anschließend wird jeder Abschnitt mit einer Unterschrift versehen, die dem Zuschauer erklärt, um wen es sich bei dem Sprechenden handelt.
Unter den ersten Videoabschnitt schreibe ich „Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies“ und frage mich, wie oft Ich diesen Namen in meiner Zeit bei Franz-Josef wohl schon geschrieben habe. Gäbe man mir im Schlaf eine Tastatur, würde Ich wohl automatisch eben diesen Namen tippen.
Da das fertig gestellt Video – obwohl es nur vier Minuten und 11 Sekunden lang ist – etwa 2 Stunden zum Hochladen auf YouTube in Anspruch nimmt, melde Ich mich beim Webmail Server an. Dort habe Ich mir zusammen mit Franz-Josef zu Beginn meines Praktikums eine eigens für die Redaktion zu nutzende E-Mail-Adresse angelegt. Darüber erhalte Ich alle Pressemitteilungen und sonstige E-Mails, die an die Redaktion gesendet werden.
Eine meiner täglichen Aufgaben besteht darin, empfangene Pressemitteilungen auf ihre Wichtigkeit zu prüfen. Habe Ich entschieden, dass sie für marburg.news relevant sind, muss Ich sie im auf dem Computer installierten Schreibprogramm redigieren, das heißt zu Franz-Josefs Zufriedenheit korrigieren.
Schon am ersten Tag ist mir dabei bewusst geworden, dass er sehr genaue Vorstellungen davon hat, wie ein Text für seine Online-Zeitung zu sein hat.
Nicht selten hat er mir aufgetragen, Sätze zu kürzen, die Ich für angebracht gehalten habe. Grund dafür ist die Tatsache, dass Ich lange und verschachtelte Sätze liebe, während Franz-Josef nichts schrecklicher findet.
Mir ist jedoch bewusst, dass er mit seiner jahrelangen Berufserfahrung ganz genau weiß, wie ein Text am besten zu sein hat. Daher kürze Ich auch bei der Besprechung der von mir selbst geschriebenen Texte schweren Herzens meine liebevoll konstruierten Monster-Sätze.
Heute liegt jedoch keine Pressemitteilung von Relevanz vor. Franz-Josef gibt mir daher die Aufgabe, in seinem Online-Archiv fehlende Artikel herauszusuchen und deren Datum, ID und Titel herauszuschreiben. Mit meiner lauten Rapmusik im Ohr erledige Ich diese lange dauernde Aufgabe und bin pünktlich zum Mittagessen fertig.
Das sehr leckere Gericht genießend sitze Ich in der mir nach einer Woche sehr vertrauten Küche und höre Franz-Josef zu. Voller Freude kann Ich sagen, in meinem zweiwöchigen Praktikum mehr gelernt zu haben als in so kurzer Zeit jemals zuvor. Denn in Franz-Josef stecken unglaublich viele Geschichten und viel Wissen, dass er mir beim Mittagessen oder beim Eis-Essen auf seinem Balkon sehr detailliert übermittelt. Beispielsweise weiß Ich jetzt, weshalb „tegut“ seinen Namen trägt und wie der Laden entstanden ist.
Mit vollem Bauch gehe Ich zurück an die Arbeit. Mittlerweile liegen viele Polizeimeldungen vor. Nachdem Ich diejenigen herausgefiltert habe, die Marburg betreffen und damit auf marburg.news veröffentlicht werden, redigiere Ich sie ebenfalls.
Dann melde Ich mich bei WordPress an. Das ist die Software, mit der die Online-Zeitung seit Februar 2017 erstellt wird. Auch dazu habe Ich bereits am ersten Tag meines Praktikums einen eigenen Nutzeraccount bekommen, der es mir jetzt und sogar nach Beendigung meines Praktikums auch anderswo erlaubt, Beiträge zu erstellen und zu veröffentlichen.
Ich kann immer noch nicht glauben, dass Ich offiziell als Mitarbeiterin von marburg.news im Internet zu finden bin. Franz-Josef erlaubt mir damit kostenlosen Zugang zu zahlreichen öffentlichen Events, die Ich unter der Bedingung besuchen darf, sie zu rezensieren.
Genau das habe Ich nämlich am Donnerstag (22. Juni) bereits getan. An diesem Abend habe Ich das Konzert der aus vier Frauen bestehenden A-Capella-Gruppe „Les Brünettes“ besucht. Ihr aktuelles Programm stellt eine Hommage an die Beatles dar. Am nächsten Tag habe Ich dazu eine Rezension verfasst.
Die fertig redigierten Polizeimeldungen werden der Relevanz nach und in Themengruppen angeordnet veröffentlicht. Dazu muss Ich außerdem eine Konvention finden. Das ist eine Überschrift, deren Form sich auch für die Überschriften der anderen – am selben Tag zu veröffentlichenen – Texte übernehmen lässt. Auch eine Unterschrift, die den Inhalt des Beitrags kurz wiedergibt, sowie Schlagwörter muss Ich finden.
Ist mir all das gelungen, kann Ich die Polizeimeldungen veröffentlichen, die dann mit meinem Kürzel (elt) auf marburg.news erscheinen.
Neben den täglich auszuführenden Aufgaben besteht ein Teil meines Praktikums darin, Erfahrung im Schreiben eigener Texte zu sammeln. Zu diesem Zwecke habe Ich bereits einen Kommentar, eine Glosse, eine Rezension sowie einen Bericht verfasst.
Bei diesem Text hier handelt es sich um eine klassische Reportage, die Ich nun mit Franz-Josef durchgehen werde. Ich bin mir sicher, Ich werde einige Dinge verbessern müssen.
Vermutlich sogar gleich den Anfang, denn was mir auch nach einer Woche noch schwer fällt, ist den richtigen Einstieg für meine Text zu finden. Der sollte nämlich den Leser sofort fesseln und dazu bewegen, den Text weiterzulesen. Erstaunlicherweise ist Franz-Josef mit meinem Einstieg diesmal aber zufrieden.
In meiner bisherigen Zeit als Praktikantin bei marburg.news habe Ich sehr viel erlebt, mich vielen Herausforderungen gestellt und sehr viel gelernt. Ich bin sehr gespannt, was mich in den nächsten Tagen erwartet. Auf jeden Fall habe Ich einen großartigen Einblick in das Leben eines freiberuflichen Journalisten bekommen. Ich kann mir gut vorstellen, später einmal beruflich in diese Richtung zu gehen.
* Elisa Tittl
Auf dass aus Ihnen eine anstaendige Journalistin wird.
Wir koennen solche naemlich gebrauchen.
Gruessen Sie auch meinen lieben Freund Franz-Josef Hanke von mir – ich denke, er wird sich freuen.
Ich bin allerdings nur auf der Durchreise. 🙂
Liebe Elisa,
dein Text, der übrigens sehr lesbar geschrieben ist [Schachtelsatz! sic] weckt in mir viele Erinnerungen an meine eigene Zeit als Praktikant bei marburgnews. Franz-Josef Hanke ist nicht nur ein sehr wissender Chronist und professioneller Journalist, sondern auch sehr warmherziger und liebevoller Mensch. Er ist -auch wenn wir uns längere Zeit nicht gesehen haben, ein Freund geworden, zu dem ich stolz bin nach über 10 Jahren Kontakt gehalten zu haben….Daher gratuliere ich dir zu dem wunderbaren Text, wünsche dir eine erfolgreiche Zukunft als Journalistin (die du sicher haben wirst, wenn du so weiter machst ;-)) und einen lieben Gruß an Franz-Josef von
Volker Meyer, 29.06.17, mittlerweile in Hannover/ Nds. wohnend, lieben Gruß nach Marburg! 😉
Liebe Elisa,
ich freue mich sehr mit dir über deinen gelungenen Einstieg in den Journalismus! Bitte richte Franz-Josef herzliche Grüße aus.
Angelika Voss