„In Marburg lassen wir niemanden zurück“, verspricht Dr. Thomas Spies. Bei der Wahl am Sonntag (14. März) möchte der SPD-Politiker sein Amt verteidigen.
Im Juni 2015 wurde Spies zum Oberbürgermeister der Universitätsstadt Marburg gewählt. Mit der Bilanz seiner sechsjährigen Amtszeit ist der 58-jährige Arzt durchaus zufrieden. Doch der Sozialdemokrat möchte mehr und tritt deshalb für eine zweite Amtszeit an.
Nicht nur Sozialer Wohnungsbau liegt ihm am Herzen, sondern auch die Möglichkeit erschwinglicher Eigenheime für junge Familien mit nicht allzu großen Ersparnissen. „Wir sollten überlegen, wie wir jungen Familien den Bau eines Eigenheims in Marburg ermöglichen können“, fordert Spies. „Sonst ziehen sie hinaus aus der Stadt; und dann entsteht unnötiger Verkehr sowie eine weitere Zersiedelung der Landkschaft.“
Innerhalb der Stadtgrenzen sei die Bodenversiegelung gar nicht so stark, wie viele glaubten. Nur etwa 15 Prozent der Flächen im Stadtgebiet seien versiegelt. Vor allem in den Außenstadtteilen gebe es noch Platz für Neubaugebiete, meint Spies.
Bei Neubauten müsse aber mehr auf ökologische und wiederverwendbare Baustoffe zurückgegriffen werden. Holz könne dabei eine wichtigere Rolle spielen als bisher.
Notwendig sei zudem die energetische Optimierung auch bestehender Bauten. „Hier hat die Stadt schon mehrere Programme aufgelegt, um Mietwohnungen ebenso wie Vermieter zu unterstützen“, berichtet Spies.
Die Stadt selber müsse als Bauherr und Hauseigentümerin mit gutem Beispiel vorangehen, meint der Oberbürgermeister. Ihre Aktivitäten seien aber bislang schon ansehnlich. Zudem schaffe die Stadt auch Räume für Kultur und soziale Aktivitäten.
Besonders am Herzen liegt Spies der Plan eines „Gesundheitszentrums“ im Waldtal. In dem neuen Gemeindezentrum dort könnte Platz für medizinische Beratung und Versorgung entstehen ebenso wie für Kurse und andere Gemeinschaftsaktivitäten.
„Statistiken belegen, dass Armut die Lebenserwartung um Jahre verkürzt“, erklärt Spies. Als Arzt ist es ihm ein dringliches Anliegen, dieser Ungerechtigkeit gezielt entgegenzutreten. Darum möchte er das städtische Projekt „Gemeindeschwester 2.0“ von den Außenstadtteilen nach und nach auch auf die Kernstadt ausdehnen.
„Aufsuchende Betreuung“ ist dabei der Schlüssel zum gewünschten Erfolg. „Armut ist oft mit Scham verbunden und deshalb kaum sichtbar“, weiß der Mediziner. „Darum müssen wir die sozial benachteiligten Menschen ansprechen und motivieren, ihre Chancen wahrzunehmen.“
Alter und Einsamkeit seien Probleme, die er in Zukunft angehen möchte. „Einsamkeit macht nicht nur seelisch, sondern auch physisch krank“, erläutert Spies. „Wir müssen Wege suchen, wie wir gerade alte Menschen aus ihrer Isolation herausholen können.“
Auch bei der Bürgerbeteiligung sei der Blick auf diejenigen wichtig, „die sich sonst nicht zu Wort melden“. Alle, die ihre Interessen sowieso schon wahrnehmen, bräuchten keine weitere Unterstützung mehr. „Bürgerbeteiligung muss aber alle einbeziehen, auch wenn sie nicht in Deutschland geboren wurden oder sich nicht gut artikulieren können“, fordert Spies.
Die Einbeziehung möglichst vieler Menschen betrachtet der Sozialdemokrat als Bedingung für eine erfolgreiche Politik hin zu einem klimaneutralen Marburg. Bausteine dafür sind ein elektrisch betriebener Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) sowie mehr Rad- und Fußverkehr. Angesichts der engen Tallage Marburgs sei die Lösung dieser Probleme nicht einfach, doch müsse sie möglichst bald trotzdem gelingen.
Neue Radwege sieht er als vordringlich an, um auch die Höhenlagen für E-Bikes zu erschließen. „Ich habe selber den Test gemacht“, berichtet Spies. „Man kann im Anzug mit Kravatte auf einem E-Bike zum Klinikum auf den Lahnbergen fahren und kommt dort an, ohne dass die Kleidung durchgeschwitzt ist.“
Ins Schwitzen gebracht hat den Oberbürgermeister allerdings die Corona-Pandemie. Dabei waren entschiedenes Handeln und Ideenreichtum vonnöten. Insgesamt sei es der Stadt bisher aber gut gelungen, die Probleme – über alle Parteigrenzen hinweg – anzupacken.
„Der Stadt-Geld-Gutschein hat besser funktioniert, als wir erwartet hatten“, erläutert der Oberbürgermeister. Viele Bürgerinnen und Bürger hätten weitaus mehr Geld in den betreffenden Läden gelassen als nur den Betrag auf dem Gutschein. Nach der ersten Welle der Corona-Pandemie stand die Stadt vergleichsweise gut da.
Nun möchte Spies das „Post-Corona-Zeitalter“ angehen. Dabei will er die Erfahrungen aus dem Lockdown und die Bereitschaft der Bevölkerung für solidarische Nachbarschaftshilfe auch zur Bewältigung des Klimawandels nutzen. Dafür strebt er eine breit angelegte Debatte der Bevölkerung über notwendige Maßnahmen an.
„Das Stadtjubiläum Marburg 800 sehe ich als Möglichkeit zu einer umfassenden Diskussion über die Zukunft der Stadt“, erläutert Spies. Bereits im Vorfeld könne die Bevölkerung sich über ihr Selbstbild und ihre Erwartungen an die künftige Stadtentwicklung verständigen.
„Dafür sind wir gut aufgestellt“, erklärt der Oberbürgermeister. „Mit den Pharma-Fabriken in Michelbach werden wir am Puls der Zeit sein und genau da unsere Stärken entwickeln, wo sie in Zukunft am dringendsten gefragt sind. Dabei wird dort nicht nur Impfstoff gegen das Coronavirus hergestellt, sondern auch an ganz neuartigen Medikamenten geforscht.“
* Franz-Josef Hanke
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