2020 konnte das Hessische Landestheater Marburg (HLTM) auf sein 75-jähriges Bestehen zurückblicken. Doch Corona hat die Feierlaune gründlich getrübt.
Die Spielpläne gleich zweier Spielzeiten hat die Pandemie weitgehend durchkreuzt. Die geplanten Premieren im März und April musste das HLTM absagen. Ob das Kinder- und Jugendtheaterfestival KUSS 2021 überhaupt stattfinden kann, steht auch noch in den Sternen.
Das Online-Hörstück „Tropical Island“ von Zenzi Huber und die Open-Air-Revue „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ auf der Schlossparkbühne waren trotz ihres begeisterten Publikums kein adäquater Ersatz für die ausgefallenen Produtktionen. Beim „Theatertelefon“ konnten Interessierte anrufen und sich von Schauspielerinnen und Schauspielern „Mit einem Ohr am Theater“ Texte vorlesen lassen.
Nach der Auszeichnung der deutschen Theaterverlage Ende 2019 sahnte das HLTM serienweise Preise ab. Am Mittwoch (6. Dezember) zeichnete das Aktionsbündnis „Bühnenheldinnen“ die Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser virtuell aus. Außerdem wurde das HLTM zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen.
Zu ihrem Stadtjubiläum „Marburg 800“ erhält die Universitätsstadt mit der Bühnenautorin Annah Filou erstmals eine Stadtschreiberin. Doch auch ihre Arbeit und vor allem ihr Kontakt zur Bevölkerung wird durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkt. Doch bewahrheitete sich in der Corona-Krise der alte Spruch „Not macht erfinderisch“.
So wich das geschlossene Cineplex mit seinen Filmen zeitweilig auf den Messeplatz im Afföller aus. Dort gab es ein Autokino, wie es in den 60er und 70er Jahren schon einmal in Mode war. Aus dem geschlossenen Auto heraus konnten Besucherinnen und Besucher dem Film auf der großen Leinwand folgen und über ihr Mobiletelefon seinem Ton lauschen.
Viele Kulturschaffende mussten um ihre wirtschaftliche Existenz bangen. Theateraufführungen und Konzerte wurden abgesagt, Museen und Galerien monatelang geschlossen und das kulturelle Leben weitgehend heruntergefahren. Zwischendurch fanden zwar Veranstaltungen statt, doch erlaubten strenge Hygieneregeln nur sehr geringe Teilnahmezahlen, die die entstandenen Kosten kaum decken konnten.
Manche Musikerinnen und Musiker sowie Darstellerinnen und Darsteller boten Konzerte und Lesungen oder andere Beispiele ihrer Kunst online an. Dabei erreichten sie oft ein riesiges Publikum, doch nur selten größere Einnahmen.
Stadt und Kreis zeigten indes Solidarität und Erfindungsreichtum. Während
Zahlreiche Solidaritätsaktionen mit Kunstschaffenden zeigten die breite Unterstützung der Bevölkerung für die Arbeit der Künstlerinnen und Künstler. Die öffentliche Debatte über den gesellschaftlichen Wert von Kunst und Kultur machte Mut. Staatliche Hilfsprogramme jedoch erreichten die Betroffenen nicht immer.
Am Jahresende ist die Sorge um die Kunst und ihre Einrichtungen sowie die kreativen Kunstschaffenden noch nicht gebannt. Die bisherige Haltung der Stadt und ihr Förderprogramm mit 1 Million Euro nährt aber die Hoffnung, dass zumindest die mittelhessische Universitätsstadt auch künftig ein „Hotspot“ vielfältiger Kunst und Kultur bleiben wird.
* Franz-Josef Hanke
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