Oh Gott: Die beiden Kirchen müssen daran glauben

Der Papst ist tot. Die katholische Kirche schwächelt auch schon seit Längerem.
Nach den zahlreichen Skandalen wegen sexueller Übergriffe katholischer Priester auf Kinder und dem Umgang der Kirchenoberen damit laufen die Gläubigen der Amtskirche scharenweise davon. Auch die evangelische Kirche leidet massiv an Mitgliederschwund. Bei beiden Kirchen klaffen Anspruch und Wirklichkeit einfach zu weit auseinander.
Verzweifelt kämpft der Evangelische Kirchenkreis Marburg dagegen an: Mit sogenannten „Pop-up-Trauungen“ und „Drop-In-Taufen“ bietet er jahrhundertealte Zeremonien als zeitgeistige Instant-Events an. Eine eigens dafür gegründete Agentur soll das Ganze großangelegt vermarkten.
Ob er damit allerdings nicht viele konservative Gläubige vor den Kopf stößt und seine Glaubwürdigkeit als moralisch-theologische Instanz riskiert, das wird sich in den Folgejahren entscheiden. Mitunter mag man den Eindruck gewinnen, die Evangelische Kirche habe sich damit vielleicht auf den gefährlichen Weg US-amerikanischer Evangelikaler begeben, die die Eventkultur mit eingebauter Verzückung als politische Waffe nutzen, um erzkonservative Ideologie in modernen Gewändern zu präsentieren. So weit geht die Evangelische Kirche in Marburg glücklicherweise aber noch nicht.
Der Katholischen Kirche hingegen täte ein wenig mehr Modernität gut, die der – am Ostermontag verstorbene –
Papst Franziskus
jedoch nicht wagen wollte. Die Abkehr vom Zwangszölibat und die Zulassung von Frauen zu allen Kirchenämtern haben schließlich weniger mit dem Zeitgeist zu tun als vielmehr mit einem Menschenbild von Nächstenliebe und Gerechtigkeit. Ob allerdings der nächste Papst die notwendige Erneuerung seiner Kirche durchsetzen kann, bleibt angesichts der konservativen Strukturen im Vatikan offen.

* Franz-Josef Hanke

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