Der Hessische Hochschulpreis für exzellente Lehre geht an das Projekt „Interaktives E-Book der Radioonkologie“. Das hat die Philipps-Universität am Freitag (26. November) mitgeteilt.
Die Marburger Radioonkologin Prof. Dr. Hilke Vorwerk ist mit dem Hessischen Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre 2021 ausgezeichnet worden. Für ihr innovatives Lehrprojekt „Interaktives E-Book der Radioonkologie“ erhält sie den – mit 60.000 Euro dotierten – 1. Projektpreis.
In dem Projekt wird das zu lernende Wissen digital vermittelt. Während des Semesters wird der Lernstand regelmäßig digital überprüft. Parallel dazu wird digital die ärztliche Entscheidungskompetenz über interaktive Patientenfälle geschult.
Das Lehrprojekt wird seit dem Sommersemester 2020 im klinischen Querschnittsfach Strahlentherapie angewendet. Das Konzept arbeitet mit einem interaktiven E-Book, in dem Lerninhalte mit audiovisuellen Erklärungen verknüpft werden.
Jedes Kapitel des Buchs beginnt mit einem interaktiven Übersichtsbild mit den wichtigsten Informationen der Lerneinheit. Dahinter liegt ein Link zu einem kurzen Erklär-Video auf Vorwerks Youtube-Kanal „Tumor Target Therapy“.
Insgesamt rund 300 Videos hat Vorwerk aufgenommen. In zwei- bis dreiminütigen Clips erklärt sie die Inhalte.
„In der Medizin wird außer beim Unterricht am Patientenbett oft nur die Wiedergabe von Faktenwissen gelehrt“, erklärte die Medizinerin. „Mit meinem Projekt will ich das Verstehen und die Anwendung des Faktenwissens mehr in den Mittelpunkt rücken.“
Um die ärztliche Entscheidungskompetenz der Studierenden zu schulen, hat Vorwerk eine „Guided Patienttour“ entwickelt. In fiktiven interaktiven Patientenfällen erhalten die Studierenden zunächst alle vorhandenen Informationen zu einer Patientin oder einem Patienten und werden dann aufgefordert, die nächsten diagnostischen und therapeutischen Schritte festzulegen.
Auch dabei werden die Youtube-Erklär-Videos eingesetzt. Nur bei korrekten Entscheidungen geht die „Patienttour“ weiter.
Bei Fehlern gelangen die Studierenden zu weiteren Erklärungen, um ihr Wissen zu vertiefen. Auf jeder Seite gibt es zusätzlich ein SOS-Symbol, über das Lösungshilfen und Lösungen abgefragt werden können.
Bei der Vermittlung physikalischer und technischer Grundlagen der Strahlentherapie und Radioonkologie setzt Vorwerk auch auf einen spielerischen Zugang. In einem „Escape-Room-Spiel“ im Partikelzentrum MIT (Marburg Ionenstrahl Therapiezentrum) lernen die Studierenden Personen kennen, die regelhaft in einer Strahlentherapie arbeiten. In der Geschichte, die sie durch das MIT führt, müssen sie eine verschwundene Kaffeemaschine aufspüren.
In dem virtuellen „Escape-Room-Spiel“ erhalten die Spielenden immer dann Zugangscodes für weitere Räume, wenn sie hinterlegte Videos gesehen und Fragen dazu korrekt beantwortet haben. In einem Raum lernen die Studierenden beispielsweise die physikalischen Grundlagen, in den weiteren die onkologischen, strahlentherapeutischen und technischen Grundlagen. Nebenbei lernen die Studierenden in diesem Szenario noch das Gebäude, die technischen Gerätschaften und die komplexen strahlentherapeutischen Abläufe kennen.
Vorwerk verfolgt ein „Blended-Learning-Konzept“. Es verbindet das digital erworbene theoretische Wissen mit vertiefenden Praxiseinheiten –
pandemiebedingt derzeit häufig via Videokonferenz. „Die Resonanz bei den Studierenden ist sehr positiv, vor allem die gute Vermittlung der Inhalte über verschiedene, gut aufeinander abgestimmte Kanäle sowie die gut verständliche Strukturierung der Lerneinheiten wurde bei der zentralen Evaluation nach dem Sommersemester 2020 hervorgehoben“, sagt Hilke Vorwerk. Für die Radioonkologin ein Grund mehr, das Konzept weiterzuentwickeln.
Die Weiterentwicklung des Lehrkonzepts läuft ebenso wie die Evaluation interdisziplinär. Im nächsten Schritt will Vorwerk das Lehrkonzept in die „ILIAS“-Lernplattform der Philipps-Universität integrieren.
Dazu arbeitet sie mit Prof. Martin Hirsch als Experten für „Künstliche Intelligenz“ (KI) im der Medizin zusammen. Das Projekt soll Studierenden der Medizin eine einfache digitale Übersicht über das eigene Semester und das gesamte Studium geben. Zusätzlich soll es den individuellen Lernfortschritt darstellen.
Der Hessische Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre wird vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) vergeben. Der Preis wird für herausragende und innovative Leistungen in Lehre, Prüfung, Beratung und Betreuung an hessischen Hochschulen verliehen. Er ist mit insgesamt 115.000 Euro dotiert.
Der Preis ist bundesweit der höchst dotierte und einer der renommiertesten Lehrpreise. Ausgezeichnet werden bis zu drei einzelne Projekte sowie in einer eigenen Kategorie studentische Initiativen.
* pm: Philipps-Universität Marburg