Betrügerische Anrufe: Vielfalt nutzt Einfalt und Überraschung aus

Fast jeden Tag nimmt die Polizei Anzeigen wegen Betrug auf. Die Vorgehensweisen der Betrüger sind dabei sehr vielfältig.
Die betrügerischen Anrufer gehen skrupellos vor. Die Geschichten klingen alle logisch und äußerst glaubwürdig. Für jede Nachfrage gibt es eine plausible Erklärung.
Die Betrüger am Telefon scheinen rhetorisch geschult. Sie gehen geschickt vor und erzielen zum Beispiel durch die Stimme oder durch einfühlsame und vertrauensbildende Gesprächsführung eine große Glaubwürdigkeit; oder sie setzten auf die Schockwirkung ihres Anrufs. Sie reagieren auch auf die Aufklärungsarbeit der Polizei und verändern sofort ihre Geschichten.
Das macht eine Prävention in Verbindung mit solchen Geschichten extrem schwer. Aus dieser Erfahrung heraus lässt sich der beste Schutz davor, Opfer von Betrügern zu werden, auf eine goldene Regel zusammenfassen: „Niemals aufgrund eines unerwarteten Anrufs, einer unvorhergesehenen elektronischen Nachricht oder eines Briefs oder bei einem unbestellten Besuch, für irgendetwas bezahlen und keine Daten preisgeben! Erst selbst recherchieren – dann helfen!“
Immer wieder berichtete die Polizei von dem Enkeltrick, über Schockanrufe oder Anrufe angeblicher Polizeibeamter. In den letzten Tagen gab es dann Informationen zu Betrügern am Telefon, die sich als Ärzte oder Professoren ausgaben und versuchten, mit einer vorgetäuschten Geschichte der angeblichen Notwendigkeit eines speziell einzufliegenden Medikaments zur Behandlung der Krankheit eines eingelieferten Angehörigen an das Geld ihrer Opfer zu kommen. Leider waren diese Betrüger in Mittelhessen mehrfach erfolgreich und erbeuteten teilweise hohe fünfstellige Beträge.
Außerdem nutzten Betrüger das Telefon für eine automatisierte Ansage. Mit dieser angeblichen Ansage des Bundessozialministeriums lockten die Betrüger ihre unwissenden Opfer mit dem Hinweis auf einen Missbrauch der Sozialversicherungsnummer auf eine kostenpflichtige Servicenummer und verursachten bei Kosten von 10 Euro pro Minute schnell hohe Kosten.
Mögliche Opfer sollten die“1″ drücken, um den weiteren Missbrauch zu verhindern. Wie viele Opfer es in diesem Zusammenhang alleine in Mittelhessen gibt, steht derzeit noch nicht fest.
Am Montag (11. Oktober) erhielt ein 48 Jahre alter Mann auf seinem Handy eine E-Mail angeblich von der Postbank. Diese Mail forderte ihn zur Eingabe des mitgelieferten Passworts auf.
Der Mann kam dem nach, was letztlich zu einer unbeabsichtigten Überweisung von 3.000 Euro führte. Von dem Betrug erfuhr er erst später durch die Bank.
Ebenfalls am Montag (11. Oktober) reagierte eine 52 Jahre alte Frau auf eine SMS angeblich von ihrer Bank. Diese SMS forderte auf, einem Link zu folgen, um die Registrierung der Secure-App der Bank zu verlängern.
Dieser Link führte auf eine täuschend echt aussehende Seite, die nach und nach alle Zugangsdaten zum Konto und auch eine TAN zur Freigabe erfragte. Betrüger nutzten die so abgefischten Daten für eine Überweisung eines vierstelligen Betrags.
Bereits im Oktober erhielt eine 69 Jahre alte Frau – verteilt auf mehrere Tage – mindestens zehn Anrufe. Angeblich ging es dabei um einen Lotteriegewinn von fast einer halben Million Euro.
Letztendlich kostete dieser versprochene Gewinn die Frau für angeblich notwendige Freischaltungen 3.500 Euro. Dafür hatte sie wie gefordert Google Pay Karten erworben und die Codenummern telefonisch weitergegeben. Ihr Geld ist weg, der angekündigte Gewinn aber bis heute nicht eingetroffen.
Am Dienstag (12. Oktober) wurde eine Frau Opfer eines Betrügers, der sich als Mitarbeiter ihrer Bank ausgab. Tatsächlich erschien auch die echte Rufnummer der Bank im Display des Telefons der Angerufenen. Leider war das jedoch eine gefälschte und per Computer genierte Rufnummer.
Man kann sich heute nicht mehr darauf verlassen, dass am Ende der Leitung tatsächlich derjenige ist, den die angezeigte Rufnummer suggeriert. Mit der fingierten Nummer gelang es dem angeblichen Bankangestellten, sein Opfer zu drei Banküberweisungen zu überreden. Am Nachmittag flog der Betrug mit einem Schaden von über 4.300 Euro auf.
Am Donnerstag (14. Oktober) meldete sich bei der Polizei eine über 70 Jahre alte Marburgerin. Sie war Betrügern zum Opfer gefallen, die es mit der Masche „Gewinnversprechen“ schafften, ihre gesamten Ersparnisse abzuschöpfen.
Zwischen Freitag (1 Oktober) und Mittwoch (13 Oktober) erhielt sie einen Anruf eines angeblichen „Dr. Lehmann“. Er informierte sie über einen Lotteriegewinn von fast 140.000 Euro. Gleichzeitig teilte er mit, dass sie von der betrügerischen Firma durch die Mitteilung und Übersendung von Kleingewinnen über die tatsächliche Gewinnsumme getäuscht worden sei.
Tatsächlich hatte die Frau einen Monat zuvor zwei Gewinnbenachrichtigungen über jeweils 2 Euro von einer angeblich in Wien sitzenden Firma erhalten. Durch weitere geschickte Gesprächsführung überzeugte „Dr. Lehmann“ sein Opfer, drei Überweisungen im Gesamtwert von 9.300 Euro durchzuführen. Als weitere 5.300 Euro für angebliche Überführungskosten und Polizeieskorte gefordert wurden, kamen dann Zweifel; und das Opfer erstattete Anzeige.
„Die Fälle zeigen deutlich das gemeine, perfide und vor allem skrupellose Vorgehen der Betrüger, sowie die Vielfalt von Betrugsmaschen„, erklärte Polizeisprecher Martin Ahlich. „Leider gibt es davon noch viel mehr. Die Fälle zeigen aber auch, dass die goldene Regel gegriffen hätte. In allen Fällen waren es unerwartete Anrufe oder Benachrichtigungen, die entweder zu direkten oder indirekten Überweisungen, Geldausgaben oder zur Preisgabe von Daten geführt haben.“
Darum rät Ahlich: „Schützen Sie sich davor, Opfer von Betrügern zu werden, indem Sie eben nicht sofort reagieren, sondern erstmal selbst nachfragen oder recherchieren und dann helfen. Geben sie nie Daten preis und überweisen oder übergeben Sie niemals aufgrund unerwarteter Nachrichten oder Anrufe Geld!“

* pm: Polizei Marburg

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