60 Minuten Reichsbürger: Theater Konstanz gastierte in der Waggonhalle

„Die Bundesrepublik Deutschland gibt es nicht.“ Das behaupten die sogenannten „Reichsbürger“.
„Der Reichsbürger“ stellte am Donnerstag (28. März) in der Waggonhalle seine kruden Thesen vor. Das Theater Konstanz gastierte dort mit dem gleichnamigen Monolog von Annlena und Konstantin Küspert. Auf geradezu beängstigende Weise ließ Ralf Beckord einen solchen „Reichsbürger“ auf der Bühne lebendig werden.
Mit Hilfe eines Flippcharts erläuterte er in einem „Vortrag“ seine Thesen. Das deutsche Reich sei mit der Kapitulation der Hitler-Diktatur rechtlich nicht untergegangen und bestehe also weiterhin fort. Die Bundesrepublik Deutschland GmbH sei eine im US-Handelsregister eingetragene Firma und kein echter Staat, behauptete er.
Dementsprechend hätten Beamte der Bundesbehörden auch keine Befugnisse, ihm Geld abzuverlangen oder ihn mit Sanktionen zu belegen. Vielmehr sei dergleichen eine strafbare Nötigung. Ein Eindringen in sein Staatsgebiet, das er mit Billigung der „Reichsregierung“ ausgerufen habe, sei nach der Haager Landkriegsordnung ein kriegerischer Angriff, gegen den auch Gewaltanwendung als Gegenmaßnahme gerechtfertigt sei.
Nahezu alle gängigen Thesen der „Reichsbürger“-Szene trug Beckord im Brustton der Überzeugung vor. Lediglich die Märchen rund um den 2+4-Vertrag erwähnte er nicht. Aber sonst war seine Darbietung ein ungebrochener Vortrag von Positionen und Lügen der Reichsbürger und „Selbstverwalter“.
Geradezu schockierend waren Einsprengsel mit Zitaten aus Georg Büchners Flugschrift „Der hessische Landbote“. Sie verliehen den Aussagen des „Reichsbürgers“ noch mehr Durchschlagskraft. Nur einmal merkte man bei Beckords Vortrag, dass er einen vorab auswendig gelernten Text vortrug, als ein Souffleur ihm weiterhelfen musste.
Erfreulich entspannend wirkte diese „Panne“ angesichts des druckvollen Vortrags des Darstellers. Auch wenn das Stück am Ende in einem dramatischen Stakkato endete, hätten die Autoren die Aussagen doch vielleicht besser inhaltlich brechen und die in dem Text enthaltenen Lügen in irgendeiner Form bloßstellen müssen. Schließlich besteht das gesamte Konstrukt der „Reichsbürger“ zum allergrößten Teil aus Unwahrheiten, Halbwahrheiten und argumentativen Tricks.
Die Klarstellung am Ende allein dem Publikum zu überlassen, ist eine allzu gefährliche Herangehensweise. Damit werden die Theatermacher ihrer gesellschaftlichen und politischen Verantwortung nicht gerecht, die sie übernehmen, wenn sie solch einen stoff auf die Bühne bringen. Beckord machte seine Sache jedenfalls so gut, dass man ihm den „Reichsbürger“ sofort voll abnahm.

* Franz-Josef Hanke

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