Molekularbiologie und Medizin: Neue Forschungsansätze zu Bauchspeicheldrüsenkrebs

Medizinische Grundlagenforschung braucht langen Atem. Eine Forschungsgruppe untersucht, ob genregulatorische Proteine wie „SAMD1“ die Ausbreitung von Bauspeicheldrüsenkrebs stoppen können.
Bauchspeicheldrüsenkrebs gilt als eine der tödlichsten Krebserkrankungen. Eine Marburger Forschungsgruppe beschreibt im Fachblatt „PLOS Biology“, dass ein Protein namens „SAMD1“ bei Bauchspeicheldrüsenkrebs Signalwege unterdrückt, die für die Beweglichkeit der Krebszellen und damit für Metastasierung wichtig sind. Gerade bei Bauchspeicheldrüsenkrebs erschweren die frühe Ausbreitung und Metastasierung die Therapie, wodurch er zu den aggressivsten Tumorarten zählt.
„Prozesse, die die Metastasierung regulieren, dienen als mögliche Angriffspunkte, um diesen Krebs besser zu behandeln“, erklärte der Marburger Molekularbiologe Dr. Robert Liefke. Molekularbiologische und biomedizinische Forschung ist ein faszinierendes Puzzlespiel von Literaturrecherche, Laborarbeit und Publikationen. Das ist ein fortwährender Prozess.
Auf das Molekül SAMD1 traf Liefke erstmals vor etwa zehn Jahren. Damals spürte Liefke das Protein bei Literatur- und Datenbankrecherchen auf. Wie er und seine Arbeitsgruppe anschließend herausfanden, ist SAMD1 bei der sogenannten Chromatin-Regulation beteiligt.
Das Chromatin ist die verdichtete Erbsubstanz. Sie besteht aus der DNA und Proteinen. Verschiedenste Moleküle dröseln das Chromatin zum Ablesen der genetischen Information auf.
Die Arbeitsgruppe von Liefke konnte zeigen, dass SAMD1 direkt an die DNA bindet und so das Ablesen bestimmter Gene reguliert. Doch welche biologische Funktion hat SAMD1 in der Zelle und welche Rolle spielt es bei Krankheiten wie Krebs? Liefke machte sich die enge Zusammenarbeit zwischen der Molekularbiologie und Tumorforschung an der Philipps-Universität zunutze, um diese Frage zu beantworten.
In „PLOS Biology““ vom 13. August 2024 berichten die Forschenden nun über ihre neuesten Erkenntnisse: In Bauchspeicheldrüsenkrebszellen unterdrückt SAMD1 die Produktion von Proteinen, die die Krebsausbreitung begünstigen. Das konnte veranschaulicht werden, weil der Verlust von SAMD1 zu einer erhöhten Produktion von Adhäsionsmolekülen und damit zu einer verstärkten Mobilität der Zellen führt.
Das wiederum begünstigt die Metastasierung. „Das Vorhandensein von SAMD1 im Gewebe ist gut für den Patienten“, sagte Dr. Clara Simon. Sie ist die Erstautorin der Arbeit.
„Diese Ergebnisse sind Grundlagenforschung; und es bedarf noch vieler weiterer Untersuchungen, bevor die Ergebnisse therapeutisch genutzt werden können“, schränkte Simon ein. Der Abgleich von Daten aus Zell-Experimenten mit Daten von Krebspatienten bestätigte indes, dass das Überleben von Bauchspeicheldrüsenkrebs-Patient*innen signifikant länger ist, wenn viel SAMD1 im Gewebe vorhanden ist. „Die Menge an SAMD1 könnte somit auch für eine Prognose eine Rolle spielen“, sagte Liefke.
Der Molekularbiologe leitet eine Forschungsgruppe am Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung der Philipps-Universität. Sein Forschungsinteresse gilt der Regulation des Chromatins in gesundem und krankem Gewebe. Neben der Arbeitsgruppe von Liefke waren weitere Forscherinnen und Forscher von der Philipps-Universität und der Ludwig-Maximilians-Universität München an der Veröffentlichung beteiligt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Deutsche José-Carreras-Leukämie-Stiftung, die Fritz-Thyssen-Stiftung und der Open-Access-Publikationsfonds der Philipps-Universität unterstützten die Veröffentlichung finanziell.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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