An Affen: Negativpreis der „Ärzte gegen Tierversuche“

Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ vergibt einen Negativpreis für den schlimmsten Tierversuch. Die Philipps-Universität ist für dieses „Herz aus Stein““ nominiert.
Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ ruft zur Online-Abstimmung über das „Herz aus Stein 2023“ auf. Der bundesweite Verein will damit auf besonders grausame und absurde Tierversuche aufmerksam machen, die in Deutschland durchgeführt worden sind. Zur Wahl stehen fünf Versuche, die zwischen 2020 und 2022 in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden.
Darunter befindet sich auch ein Negativbeispiel aus Marburg. Die Arbeitsgruppe Neurophysik der Philipps-Universität und das Center for Mind, Brain and Behavior (CMBB) sind für einen Versuch nominiert, bei dem Affen durch Durst gezwungen werden, mit angeschraubtem Kopf in einem Primatenstuhl zu sitzen und auf einen Bildschirm zu starren, während ihre Gehirnaktivität mit Elektroden vermessen wird.
„Von Tierversuchsbefürwortern wird oft behauptet, dass Tierversuche zum Wohle des Menschen durchgeführt werden“, sagte die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Johanna Walter vom Kölner Verein „Ärzte gegen Tierversuche“. „Auch wird das Leid der Tiere in den Versuchen zumeist verharmlost.“
Der Preis „Herz aus Stein“ soll dieser gezielten Fehlinformation entgegenwirken und darüber informieren, welch absurde und grausame Versuche in deutschen Tierversuchslaboren tatsächlich durchgeführt werden. „Mit der Abstimmung bringen wir dafür exemplarisch einige der Versuche ans Licht der Öffentlichkeit“, erklärte Walter vom.
Die Arbeitsgruppe Neurophysik der Philipps-Universität und das Center for Mind, Brain and Behavior (CMBB) führten Versuche mit zwei – als „O“ und „S“ bezeichneten – Rhesusaffen durch. Den Tieren wurde ein „Kopfhaltersystem“ am Schädel montiert. Bei „O“ wurde zusätzlich ein Loch in den Schädel gebohrt und darüber eine Messkammer befestigt, die in weiteren Versuchen genutzt werden sollte, um Elektroden in das Gehirn zu stoßen.
Den Tieren wurden dann Kappen mit Elektroden auf den Kopf gesetzt. Bei „S“ enthielten sie 15 Elektroden. Bei „O“ war wegen der Messkammer nur noch Platz für 6 Elektroden.
Bei den Versuchen mussten die Tiere mit fixiertem Kopf in einem Primatenstuhl sitzen. Ihre Aufgabe bestand darin, einen kleinen roten Punkt auf einem Bildschirm anzustarren, auf dem sich 600 weiße Punkte hin und her bewegten. Wenn die Tiere alles richtig gemacht hatten, erhielten die durch Durst zur Mitarbeit in den Versuchen „motivierten“ Affen etwas Flüssigkeit.
„Dieser Versuch zeigt einmal mehr, wie Affen für die Hirnforschung leiden und mehrfach in verschiedenen Versuchen eingesetzt werden“, empörte sich Walter.
„Dies erinnert an das Schicksal des Affen Jara, dessen Autopsie-Befunde wir im Oktober veröffentlicht haben.“
Zudem zeige der Versuch, „wie unnötig solche Versuche an Affen sind. Denn parallel wurden Versuche mit freiwilligen menschlichen Teilnehmern durchgeführt, die für den Menschen relevante Erkenntnisse liefern“, berichtete Walter. „Anders als die Versuche mit durstigen und fixierten Affen. Die Universität Marburg hätte daher den Negativpreis verdient.“
Neben der Philipps-Universität sind vier weitere Kandidaten für besonders grausame und absurde Versuche nominiert: So wurden in Bayreuth Fische mit Elektroschocks betäubt und das Zucken der Tiere auf Video aufgezeichnet. Außerdem wurde gemessen, wie lange die Atmung der Tiere aussetzte.
In Duisburg-Essen wurden Graumullen die Augen herausgeschnitten, um zu untersuchen, ob dadurch die magnetische Orientierung der Tiere verloren geht und sich ihr Nestbauverhalten ändert. In Münster wurden Medikamententests an schwangeren Affen durchgeführt. Und in Rostock wurden bei Mäusen schmerzhafte Magen-Darm-Erkrankungen hervorgerufen und dann untersucht, ob sich ihr Leid anhand von Blutwerten in Zahlen fassen lässt.
Die Versuchsbeschreibungen sind der öffentlichen Datenbank des Vereins entnommen, in der zur Zeit über 5.300 Beschreibungen von – in Fachzeitschriften veröffentlichten – Tierversuchen aus Deutschland dokumentiert sind. AusführlicheBeschreibungen der Kandidaten inklusive Originalquellen finden sich auf der Aktions-Webseite.Der Verein betont, dass es sich beiden Kandidaten um Institute handelt und nicht um Personen.
Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ setzt sich nicht nur gegen Tierversuche, sondern vor allem für tierversuchsfreie Methoden ein. Um Wissenschaftlern, Politikern und auch der interessierten Öffentlichkeit zu zeigen, welche modernen, humanrelevanten Möglichkeiten bereits existieren, hat der Verein eine Datenbank über tierversuchsfreie Verfahren angelegt, in der sich bereits über 1.600 Einträge befinden. Diese NAT-Datenbank wurde kürzlich mit dem „Lush Prize“ sowie mit dem Niedersächsischen Tierschutzpreis ausgezeichnet.
Als Gegenpol zum Negativpreis „Herz aus Stein“ lobt der Ärzteverein den mit 20.000 ? dotierten „Herbert-Stiller-Preis“ für humanrelevante Forschung aus, für den noch bis Ende Mai Forschungsanträge eingereicht werden können. Damit will der Verein konkret tierversuchsfreie Forschungsansätze fördern, die staatlicherseits nur mit einem Bruchteil der Fördergelder für Tierversuche unterstützt werden.
Die Abstimmung zum „Herz aus Stein“ ist anonymisiert. Sie läuft von Montag (27. Februar) bis Montag (6. März) unter www.herz-aus-stein.info.

* pm: Ärzte gegen Tierversuche, Köln

Ein Kommentar zu “An Affen: Negativpreis der „Ärzte gegen Tierversuche“

  1. Pingback: Erneut Empörung: Negativpreis für Marburger Tierversuch – marburg.news