Batterieforscher: Leopoldina-Auszeichnung für Marburger Wissenschaftlerin

Der Forschungscampus Mittelhessen kann sich mit einer großen Auszeichnung für die Batterieforschung dekorieren. Der erstmals vergebene Greve-Preis der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina geht in diesem Jahr an zwei Wissenschaftler aus Marburg und Gießen.

Die Physikerin der Philipps-Universität Marburg (UMR) Prof. Dr. Kerstin Volz und der Physikochemiker der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Janek teilen sich den mit 250.000 Euro dotierten Preis für „herausragende Leistungen im Bereich der naturwissenschaftlichen Grundlagen einer nachhaltigen Energieversorgung“, wie die Leopoldina mitteilte. Die Preisverleihung findet am Donnerstag (17. November) im Rahmen eines Festakts im Hamburger Rathaus statt.

In ihren gemeinsamen Arbeiten untersuchen Janek und Volz seit rund zehn Jahren die Vorgänge in Festkörperbatterien und erforschen Strukturveränderungen. Durch die Kombination von elektronenmikroskopischen und elektrochemischen Methoden konnten sie beispielsweise die Alterungsprozesse aufklären, die zu Leistungsverlusten von Batterien führen.

Gestiftet wurde der Preis von der Hamburgischen Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve. Die beiden Forschenden freuen sich sehr über diese Auszeichnung.

„Diese Auszeichnung, die natürlich auch eine Auszeichnung für meine Arbeitsgruppe und ihre sehr engagierten Mitglieder ist, macht mich sehr glücklich“, sagte Prof. Janek. „Die naturwissenschaftlichen Grundlagen einer nachhaltigen Energieversorgung stellten schon immer mein zentrales Forschungsinteresse dar.“

Volz fügte hinzu: „Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung unserer gemeinsamen Forschung mit der Arbeitsgruppe von Jürgen Janek, die vor allem auch eine Anerkennung für mein gesamtes Team ist. Wir sind dadurch vor allem auch motiviert, weiterhin herausfordernde Fragestellungen anzugehen und neue Methoden zu entwickeln, um ungelöste Probleme im Bereich der Energie- und Kommunikationstechnologien zu lösen.“

Die beiden Universitätspräsidenten aus Gießen und Marburg gratulieren dem Preisträger und der Preisträgerin sehr herzlich. UMR-Präsident Prof. Dr. Thomas Nauss erklärt: „Kerstin Volz‘ bahnbrechende Forschung zu Funktionsmaterialien ist für uns eine wichtige Säule in der Grundlagenforschung. Die hochkarätige Auszeichnung von Kerstin Volz und Jürgen Janek belegt einmal mehr, dass sie zur internationalen Spitze gehören. Mit ihrer Arbeit leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen und autarken Energiesicherung in der Gesellschaft von morgen.“

JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee fügt hinzu: „Jürgen Janek ist einer unserer profiliertesten Wissenschaftler, dem wir in der Material- und Energieforschung einen zukunftsweisenden Forschungsschwerpunkt verdanken. Wie wichtig diese Themen sind, bekommen wir in der aktuellen Energiekrise alle zu spüren – Jürgen Janek und Kerstin Volz haben die hohe Auszeichnung daher mehr als verdient. Und es freut mich umso mehr, dass der Preis gleichzeitig auch die gute Zusammenarbeit der mittelhessischen Universitäten in Gießen und Marburg würdigt.“

Volz‘ Forschungsschwerpunkt ist die Herstellung neuartiger Funktionsmaterialien und deren quantitative Charakterisierung. Im Zentrum des Interesses stehen dabei vor allem Stoffe, die Eingang in Kommunikations- und Energietechnologien finden können. Elektronenmikroskopische Verfahren ermöglichen höchst aufgelöste Einblicke zum Beispiel in Batterien und Halbleiter.

Hier ist es Kerstin Volz sehr wichtig, immer den Bogen von der Grundlagenforschung, also der elektronenmikroskopischen Methodenentwicklung, zur Anwendung zu spannen und mit ihren Methoden ganz neue Eigenschaften der untersuchten Materialien zu erforschen. Ihre grundlegenden Ergebnisse zur Abscheidung und Struktur haben beispielsweise dazu beigetragen, Energiematerialien und Laser zu entwickeln und leistungsfähiger zu machen, sowie Solarzellen sowie Bauelemente zur photoelektrochemischen Wasserspaltung signifikant zu verbessern.

Kerstin Volz hat Physik an der Universität Augsburg studiert, ihre Ausbildung 1999 mit der Promotion abgeschlossen und habilitierte sich – nach Forschungsaufenthalten in Japan und an der Stanford University (USA) – im Jahr 2006. An der Philipps-Universität Marburg ist sie seit 2009 Professorin für Experimentalphysik, zunächst finanziert aus dem Heisenberg-Programm der DFG. Seit 2015 steht sie dem Wissenschaftlichen Zentrum für Materialwissenschaften als geschäftsführende Direktorin vor.

Volz leitet auch den Sonderforschungsbereich 1083 „Struktur und Dynamik innerer Grenzflächen“, der sich mit fundamentalen Aspekten des Ladungs- und Energietransfers an und über Grenzflächen beschäftigt, wie sie dann auch in Bauelementen eine wichtige Rolle spielen. Ganz besonders liegt ihr auch die Ausbildung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Herzen. So initiierte sie zum Beispiel das Graduiertenkolleg 1782 „Funktionalisierung von Halbleitern“ und führte es fast 10 Jahre als Sprecherin.

Janek gehört seit Jahren zu den international führenden Experten auf dem Gebiet der Festkörperelektrochemie und der Untersuchung von Materialien für elektrochemische Technologien und Energiespeicher. Er leitet am Physikalisch-Chemischen Institut der JLU seit 1999 eine Arbeitsgruppe und ist geschäftsführender Direktor des Gießener Zentrums für Materialforschung (ZfM).

Seit 2011 leitet er außerdem das BASF-KIT-Gemeinschaftslabor Battery and Electrochemistry Laboratory (BELLA) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), wo Materialentwicklung für Lithium-Ionen-Batterien betrieben wird, und er ist Mitglied des Exellenzclusters POLIS (KIT/U Ulm).

Zu seinen herausragenden wissenschaftlichen Leistungen im Bereich der Erforschung von Batteriematerialien und deren Reaktionen in Batterien gehören die erstmalige Beschreibung einer reversiblen Natrium-Sauerstoff-Batterie, die Aufklärung von Elektrodenreaktionen in Festkörperbatterien und besonders die Aufklärung der Vorgänge an Lithium- und Natriummetallanoden.

Janek leitet das Team der JLU, das 2021 erfolgreich für die JLU und das Land Hessen den Forschungsbau „Gießen Center for Electrochemical Materials Research“ (GC-ElMaR) eingeworben hat. Er wurde bereits mehrfach für seine wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet, unter anderem durch die Jost-Medaille der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, die Ehrendoktorwürde der Delft University of Technology (TU Delft) und zuletzt durch die Mitgliedschaft in der Leopoldina. Sowohl im Jahr 2020 als auch 2021 wurde er in die Liste der „Highly Cited Researchers“ der Web of Science Group aufgenommen.

*pm: Philipps-Universität

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