Gleich sieben Restaurants, eine Kellerkneipe und ein Café gruppieren sich rund um den Marktplatz. Eins dieser Lokale heißt heute „Market“.
Als ich 1977 nach Marburg kam, hieß dieses Lokal noch „Krone“. Anfang der 80er Jahre bewirtschaftete ein Jugoslawe die „Krone“. Damals wurde noch nicht unterschieden zwischen Serben, Kroaten oder Montenegrinern.
Nach zwischenzeitlichem Leerstand zog dann irgendwann das „Lokal Zentral“ in die Räume an der Einmündung der Nicolaistraße und der Barfüßerstraße zum Marktplatz ein. Grelle Neonwerbung war wohl der Grund, warum ich höchstens zweimal in diesem Lokal war. Vielleicht habe ich aber auch ein oder zweimal draußen davor gesessen.
Einmal jedoch war es mir vergönnt, eine Pressekonferenz in dem kleinen Gewölbekeller des historischen Backsteingebäudes mitzuerleben. Über mehrere Stufen führte eine schmale Treppe neben der Theke hinab in den kleinen Raum, in dem ein gutes Dutzend Gäste Platz fand. Für die regulären Gäste war dieser Raum allerdings nicht geöffnet, sodass es leider bei diesem einen einzigen Besuch blieb.
Irgendwann in den 2000er Jahren wurde das Restaurant in dem gotischen Backsteinbau am Markt dann umbenannt in „Market“. Nach anfänglichem Fremdeln ließ ich mich nach der Umbenennung dann aber doch vor und schließlich auch im „Market“ nieder. Vor allem draußen kann man bei schönem Wetter das Treiben auf dem historischen Marktplatz und den Stundenschlag der Turmuhr des Rathauses genießen.
Geöffnet ist das „Market“ – ebenso wie das Café Barfuß einige hundert Meter weiter die Barfüßerstraße hinab – werktags von 10 bis 1 Uhr sowie an Wochenenden von 10 bis 2 Uhr. Damit verändert es seine Atmosphäre im Laufe des Tages von einem Frühstückscafé und einem Speiserestaurant hin zu einem Bierlokal. Das Speisenangebot ist eine Mischung aus mediterraner und deutscher Küche.
Gesessen habe ich dort gelegentlich nach Veranstaltungen im Rathaus oder dem Stadtverordnetensitzungssaal an der Barfüßerstraße. Gut erinnern kann ich mich an meine Besuche im „Market“ mit dem Leuchtfeuer-Preisträger Dr. Ulrich Schneider vom „Paritätischen“ in Berlin und mit dem Bremer rechtsanwalt Dr. Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR). Mein letzter Besuch mit einer lieben Freundin ist jedoch nur drei Tage her.
Draußen vor dem „Market“ gesessen habe ich mit Mitstreitern der Humanistischen Union (HU), um Wahlkampfreden von Gregor Gysi und Janine Wissler auf dem Marktplatz zu lauschen. Im Juli 2022 ist bei einem Besuch mit einer Bekannten draußen ein Stuhl unter mir zusammengebrochen, obwohl ich seit Beginn der Pandemie mächtig abgenommen habe. Hilfsbereite Gäste und eine freundliche Bedienung waren schnell herbeigeeilt, damit ich ein Umfallen oder einen Sturz vermeiden konnte.
Im Inneren des „Market“ stehen moderne Tische mit Polsterstühlen oder Lederbänken auf einem Steinfußboden. Vornean rechts kann man eine Stufe hinaufsteigen und dann auf einem Platz mit Holzfußboden an einem kleineren Tisch sitzen. Der Eingang ist – beinahe stufenlos – erreichbar vom Marktplatz genau an der Ecke zwischen Barfüßerstraße und Nicolaistraße aus.
Wenige Meter oberhalb dieses Eingangs befindet sich an der Fassade zur Nicolaistraße hin das zweite Geheimnis dieses historischen Stadthauses. Zur Reichstagswahl 1929 hat jemand einen Wahlslogan an die Wand gepinselt. Seither ist dort mit einiger Mühe „Wählt Thälmann!“ zu lesen.
Gezeigt hat mir diesen Spruch 1982 mein Mitstreiter Frank Schwalba-Hoth von der Grün-Bunt-Alternativen Liste (BGAL). Bei meinen Stadtrundgängen gebe ich dieses Wissen seither gerne weiter an andere. „Wählt Thälmann“ ist eine jener Sehenswürdigkeiten, die normalerweise nicht in Fremdenführern zu finden sind.
Als eines der ältesten steinernen Stadthäuser Marburgs ist allein schon das Gebäude „Markt 11“ sehenswert. Mit seinem „geheimen“ Gewölbekeller und dem schwer leserlichen Spruch an der Fassade hat das Haus einen ganz eigenen Charakter. Nicht zuletzt darum zählt es wohl auch zu den legendären Lokalen in Marburg.
* Franz-Josef Hanke
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