Ahnen beim Planen: Zusätzliche Millionen für Zukunftsausgaben

Der Magistrat hat die Schwerpunkte für die zweite Haushaltslesung vorgelegt. Zusätzliche Steuermillionen sind für große Zukunftsaufgaben vorgesehen.
Klimaschutz, Wohnen, Bildung und Wirtschaftsförderung sind die Schwerpunkte, die der Magistrat der Stadt Marburg für die Verwendung der zusätzlichen Gewerbesteuermillionen 2022 vorschlägt. Im überarbeiteten Magistratsentwurf steigt das Haushaltsvolumen von 268 auf 440 Millionen Euro – so viel nie wie zuvor. Am Dienstag, 14. Dezember, werden der Magistratsentwurf und die Anträge der Fraktionen in 2. Lesung beraten. Am Freitag, 17. Dezember, steht der Haushalt in der Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung.
„Wir investieren die zusätzlichen Millionen aus der Gewerbesteuer in die nachhaltige Zukunftsentwicklung der Stadt“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, „in den Klimaschutz und die Mobilitätswende, für bezahlbares Wohnen, in den sozialen Ausgleich, in Digitalisierung, gute Schulen und in den weiteren Ausbau Marburgs als attraktiver Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort“. Dass das nicht von heute auf morgen geht, liege auf der Hand.
„Wenn wir mehr Gebäude schneller energetisch sanieren wollen, ist das nicht nur eine Frage der Finanzen“, erläuterte der Oberbürgermeister am Beispiel „Klima-Aktionsplan 2030“. „Es braucht Planungen, die gemacht und Ausschreibungen, die durchgeführt werden müssen. Es braucht ausreichend verfügbare Ingenieurleistung bei uns selbst in der Stadtverwaltung oder als Fremdleistung auf dem freien Markt, dann Fachfirmen mit freien Kapazitäten, die wiederum abhängig sind von globaler Logistik und lieferbarem Material.“
Was für die energetische Sanierung gelte, treffe auf so gut wie alle Bereiche und Schwerpunkte zu. „Wir sind durch unsere zusätzlichen Einnahmen in der privilegierten Lage, dass wir unsere ambitionierten Vorhaben in Marburg tatsächlich verwirklichen können. Für die Umsetzung schaffen wir nun eine nachhaltige stabile Basis.“
Mit 172 Millionen Euro mehr Erträgen als noch im ersten Haushaltsentwurf plant der Magistrat für das Jahr 2022. Die immense Steigerung ist laut Spies „vorsichtig gerechnet. „ir gehen davon aus, dass es im Lauf des Jahres noch deutlich mehr werden kann.“
Diesen Erträgen stehen Aufwendungen von fast 405 Millionen Euro gegenüber. Damit bleiben statt des vorher erwarteten 18-Millionen-Euro-Defizits nun unterm Strich knapp 36 Millionen Euro Plus.
Den größten Teil der zusätzlichen Erträge gibt Marburg an den Landkreis und das Land Hessen ab: Statt der geplanten 51 Millionen Euro Umlagen führt Marburg nun 81 Millionen Euro für 2022 ab. Weitere 77 Millionen Euro werden für die Umlagen-Zahlung im Jahr 2023 zurückgelegt.
Gut 10 Millionen Euro sollen zudem in den Schuldenabbau fließen. In Marburg selbst soll laut dem Magistratsentwurf massiv investiert werden: Statt 40 Millionen Euro steht nun mit 81 Millionen Euro doppelt so viel für Investitionen im Plan.
„Den größten Teil wollen wir in unser städtisches Vermögen investieren“, versprach Oberbürgermeister Spies. „Wir wollen damit dauerhafte Werte schaffen, mit denen wir unsere Handlungsfähigkeit für das Wohl der Marburger*innen auf lange Sicht verbessern.“
Die Schwerpunkte sind 20 Millionen Euro zur Aufstockung des Eigenkapitals der städtischen Gesellschaften GeWoBau und Stadtwerke Marburg – für sozialen Wohnungsbau sowie den Ausbau des ÖPNV und der Erzeugung regenerativer Energien, 10 Millionen Euro für „Bodenbevorratung“, also den Kauf von Grund und Boden durch die Stadt – für Wohnraum, Gewerbeflächen, Klimaschutz-Maßnahmen, 3 Millionen Euro mehr Investitionen in die Schulen –
statt gut 6 Millionen Euro sollen 2022 mehr als 8 Millionen in die Schulbauten investiert werden und statt 3 nun 4 Millionen Euro in die Digitalisierung sowie rund 1,6 Millionen Euro mehr Investitionen in die Kindertagessstätten und Betreuungseinrichtungen in der Stadt . Außerdem sind 3 Millionen Euro als Sozialer Energiebonus für die warmmietenneutrale energetische Sanierung durch Wohnungsbauunternehmen vorgesehen. Hinzu kommen weitere 2 Millionen Euro zusätzlich als Verpflichtungsermächtigung.
Neben den großen Posten will der Magistrat eine ganze Reihe von größeren und kleineren Investitionen quer durch den Haushalt ganz neu aufnehmen oder besser als bisher ausstatten. „Auch bei den laufenden Aufwendungen erhöhen wir die Spielräume für das nächste Jahr in so gut wie allen Bereichen“, berichtete Spies. „Wir tun das aber vorsichtig, weil wir die weitere Entwicklung der Steuereinahmen derzeit noch nicht seriös planen können. Deshalb wäre es verantwortungslos, den städtischen Haushalt heute mit teuren Dauerbelastungen zu beladen.“
Bei den laufenden Aufwendungen ist das Soziale seit jeher der mit Abstand größte Posten im Haushalt der Stadt Marburg. Er wird weiter ausgebaut. Die bereits geplanten 76 Millionen Euro für Kinder, Jugend, Familien, sozial Benachteiligte, Senior*innen, Gesundheitsförderung, Gleichstellung, Gewaltschutz, Barrierefreiheit, Integration und Gemeinwesenarbeit sollen um weitere 2,5 Millionen Euro aufgestockt werden.
Auf über 2 Millionen Euro verdreifachen will der Magistrat das Budget der städtischen Wirtschaftsförderung. „Zusätzlich soll das Team aufgestockt werden, „damit wir die Chancen aus den erhöhten Einnahmen auch optimal und langfristig für Marburgs als Wirtschaftsstandort nutzen“, betonte Spies. Dazu gehört auch das Maßnahme-Paket, das Spies in der vorangegangenen Woche vorgeschlagen hat, mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu sichern, innovative Neugründungen zu unterstützen, die regionale Wirtschaft zu stärken und gleichzeitig kleine, mittlere und große Firmen und Gewerbetreibende finanziell zu entlasten.
Mehr Geld soll in die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen der Bevölkerung wie Car-Sharing, Nachbarschaftsprojekte, Zuschüsse für klimagerechtes Bauen, Mobilität, für Solaranlagen und mehr fließen. Mehr ist auch für die Unterhaltung der Schulen oder für Kultur in Marburg inklusive des Stadtjubiläums Marburg800 geplant. „Quer über fast alle Bereiche verteilt schafft der Haushaltsentwurf außerdem die finanziellen Voraussetzungen, um in der Corona-Krise weiter kurzfristig handeln und helfen zu können“, sagte Oberbürgermeister Spies.
An der Zusammenstellung des Entwurfs zur zweiten Lesung hat die Verwaltung in den vergangenen Wochen mit Hochdruck gearbeitet. „da sind doch einige Kolleg*innen sehr oft bis spät in die Abende und an den Wochenenden dran gesessen, damit wir den Zeitplan der Haushaltsverabschiedung halten konnten“, berichtete der Oberbürgermeister. Denn trotz des plötzlich so immens gestiegenen Haushaltsvolumens sei Marburg immer noch Marburg „mit einer sehr kompetenten und engagierten Stadtverwaltung, die für die bisherige Dimension unserer Aufgaben gut aufgestellt – und dabei schon mehr als gut ausgelastet – ist.“
Deshalb gelte auch aus Kapazitätsgründen, die jetzige Situation Schritt für Schritt verantwortungsbewusst und besonnen anzugehen, „damit wir nachhaltig das Beste daraus machen und für die Zukunft der Stadt nutzen“, mahnte Spies.
Ein Zuwachs von insgesamt 44 Stellen stehen im Haushaltsentwurf des Magistrats für 2022. Damit steigt die Zahl der Stellen auf 1.137 Vollzeit-Planstellen, die sich rund 1.600 Beschäftigte in Voll- und Teilzeit teilen.
Bei den neuen Stellen geht es vor allem um die großen Zukunftsaufgaben: Der Schwerpunkt liegt auf dem Bauamt inklusive Klimaschutz (vor allem Hochbau und Ingenieur*innen). Aufgestockt werden soll außerdem wie in jedem Jahr die Kinderbetreuung (Kitas, Krippen, Schulbetreuung) und die Wirtschaftsförderung.
Hinzu kommen einzelne Stellenzuwächse hier und da quer durch die Verwaltung. „Wir wollen sicherstellen, dass trotz mehr Aufgaben und größerem Aufgabenvolumen unser Service für Bürger*innen und Unternehmen optimal bleibt“, betonte Spies. Die Personalkosten erhöhen sich um 2,6 Millionen Euro auf insgesamt 71,8 Millionen Euro.

* pm: Polizei Marburg

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