„Marburg wäre deutlich weniger zukunftsfähig ohne Reinhold Kulle“, meint Dr. Thomas Spies. Der Oberbürgermeister verabschiedete den Stadtplaner zum Monatsende in den Ruhestand.
Mit der „Kulturmeile“, dem Bahnhofsvorplatz, beim Wohnungsbau oder Michelbach-Nord hat Stadtplaner Reinhold Kulle das Gesicht der Universitätsstadt geprägt. Dabei hat er sich immer ausgerichtet am Wohlbefinden der Menschen.
Nach 33 Jahren im Dienst der Stadt Marburg geht er nun in den Ruhestand. Oberbürgermeister Spies hat Reinhold Kulle verabschiedet und ihm im Namen des Magistrats die Goldene Ehrennadel überreicht.
„Marburg wäre ohne Reinhold Kulle deutlich weniger zukunftsfähig, weniger schön, weniger lebenswert und weniger gut entwickelt“, sagte Oberbürgermeister Spies. Dafür hat er dem Stadtplaner zum Abschied in den Ruhestand die Goldene Ehrennadel der Universitätsstadt Marburg angesteckt. „Er hat das Gesicht der Stadt geprägt und sich immer mit großer Fachkenntnis erfolgreich sehr lebhaften Diskussionen gestellt.“
So habe Kulle die wegweisende Entwicklung der Stadt zu ihrem besseren beeinflusst – und dabei die stadträumliche Gestaltung immer an den Bedürfnissen, dem Wohlbefinden und dem „Sich-Zuhause-Fühlen“ der Menschen ausgerichtet. „Planung hat immer etwas damit zu tun, sich mit einem Ort auseinanderzusetzen und zu gucken, was er braucht“, erklärte Kulle. „Neben den rechtlichen Fragen geht es dabei weniger um Steine und Beton als um den Menschen, denn für den Menschen bauen wir ja.“
Begleitet hat Kulle in seinen 33 Jahren in der Stadtplanung Marburgs eine Vielzahl an Projekten wie etwa die Kulturmeile, die Entwicklung von Michelbach-Nord oder die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes. Auch die Konversion der ehemaligen Bundeswehr-Gelände habe er mitbegleitet. Das Thema Wohnungsbau mit den Aspekten Sozialwohnungsquote und preiswerter Wohnraum waren dabei stets präsent.
Der Stadtplaner ist besonders stolz darauf, dass Marburg einen Anstieg statt einem Abfall im sozialen Wohnungsbau verzeichnen kann und somit den Abwärtstrend gebrochen hat. Das sei aber bei weitem nicht ausreichend.
„Reinhold Kulle hinterlässt viele Baustellen, wenn er nun in den wohlverdienten Ruhestand wechselt“, stellte das Stadtoberhaupt fest. „Die Stadt ist nicht fertig. Aber damit habe ich meinen Frieden gemacht“, sagte Kulle. „Ich gebe die Aufgaben der Stadtplanung in gute Hände; und ich hinterlasse in der Innenstadt viel Potential für eine Aufwertung und Weiterentwicklung.“
Nur im Team mit seinen Leuten und weiteren Fachdiensten der Stadtverwaltung habe er Marburg prägen können – und gemeinsam mit den Bürger*innen. „Gerade am Anfang meiner Zeit ist sehr viel gleichzeitig passiert. Denn es gab viele Ideen und Pläne in der Schublade – aber es war noch nichts angepackt“, erinnerte sich Kulle. „Es war sehr viel Veränderung. Ein wenig haben wir die Menschen damals damit auch überfordert.“
Da habe es schon mal Angriffe gegeben auch unter die Gürtellinie. „Aber mir war immer sehr wichtig, den Menschen mit Wertschätzung und auf Augenhöhe zu begegnen, auch wenn wir andere Meinungen hatten“, erzählte er rückblickend.
Der berufliche Werdegang von Kulle begann 1975 mit dem integrierten Studiengang Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung einschließlich Vertiefungsstudiengang Stadtentwicklung an der Gesamthochschule Kassel. Ab 1982 war er zunächst als Stadtplaner für die Stadt Immenhausen tätig, arbeitete danach in einem Planungsbüro in Ulm und im Planungsamt der Stadt Ratingen.
Am 1. Juli 1988 kam Kulle dann nach Marburg als Sachgebietsleiter für „Vorbereitende Bauleitplanung“ und stellvertretender Abteilungsleiter in der Stadtplanungsabteilung des Bauamts. Ab Dezember 1994 war Kulle Abteilungsleitung der Stadtplanung einschließlich Stadtsanierung und Denkmalpflege, übernahm 1997 dann die Leitung des neuen Amts für Stadtentwicklung und Städtebauliche Planungen.
Ab dem 1. März 2003 war er dann Leiter des Fachdiensts Stadtentwicklung und Stadtplanung, seit Juni 2018 außerdem zusätzlich stellvertretender Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt. Zudem hält Kulle Vorträge an Universitäten, um sein Wissen aus der Praxis weiterzugeben. Das kann er sich auch durchaus weiterhin vorstellen ebenso wie sein Engagement für die Zukunftswerkstatt der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.
Aber für seinen Ruhestand plant der gebürtige Neueichenberger vor allem Aktivitäten abseits der Arbeit, denn die könne er ruhigen Gewissens seinen Kolleg*innen überlassen: „Es ist noch viel zu tun, aber ich kann trotzdem Schicht machen, weil ich Ziele habe, die nicht nur die Arbeit betreffen.“
So möchte er sich wieder mehr dem Bildhauen widmen und freut sich, dass er auch mehr Zeit für seine sportlichen Aktivitäten an der frischen Luft haben wird. Sobald das wieder möglich ist, würde er gerne einmal mit dem Motorrad nach Norwegen fahren und generell auf Reisen gehen.
Um ein neues Ziel zu haben, schlug er seiner Tochter, die nach ihrem Studium nach Marburg zurückkehrte, vor, sie könne ja in eine andere Stadt ziehen, woraufhin seine Tochter entgegnete: „Papa, warum soll ich denn weg? Marburg ist doch eine so schöne Stadt!“
Das sei ein ganz persönliches Feedback an die eigene Arbeit, findet Kulle. Die Tochter bleibt also vorerst wieder in Marburg. Und wie sieht das beim Vater selbst aus?
Der möchte erst einmal einige Zeit bei seiner Lebenspartnerin und seinem Freundeskreis in Berlin verbringen. Auf die Frage, was er vermissen wird, antwortete Kulle: „Den Kontakt zu meinen Kolleg*innen, aber die sollen ihr Ding machen und das werden sie auch. Marburg selbst werde ich nicht vermissen, solange ich jederzeit wiederkommen kann und das habe ich in Zukunft natürlich auch vor.“
* pm: Stadt Marburg