Rassismus war am Dienstag (16. März) Thema einer Online-Veranstaltung der Stadt Marburg. 30 Teilnehmende hatten sich dazu eingeloggt.
Von Montag (15. März) bis Sonntag (28. März) finden die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ statt“, an denen sich in diesem Jahr erneut auch die Universitätsstadt Marburg beteiligt. Zum Auftakt fand am Dienstagabend ein Erzählcafé statt, das „Alltagsrassismus – Haltung und Verhalten“ zum Thema hatte. Die gut 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen virtuell im Rahmen einer Online-Konferenz zusammen.
„Wir haben in der Universitätsstadt Marburg eine ganz klare Haltung gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie, Rechtsextremismus – gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit“, stellte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies klar. Zum dritten Mal hatte der städtische Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe ein Erzählcafé organisiert.
Dieses Mal fand es zum Auftakt der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ statt. Die Veranstaltung startete mit mehreren Grußworten, unter anderem vom OB.
Die überwältigende Mehrheit der Menschen teile diese Haltung und bemühe sich um klare Positionen. „Ich als älterer weißer Mann tue mich schwer, über Rassismus zu sprechen“, berichtete Spies. „Ich erlebe ihn nicht.“
Veranstaltungen wie das Erzählcafé seien wichtig, um von Betroffenen zu hören, wie sie rassistische Diskriminierung erlebt haben. Davon zu erzählen, verlange viel Mut und innere Stärke, erklärte Spies.
Eigentlich könne gerade in einem solchen Format nur schwer auf persönliche Nähe verzichtet werden – dennoch sei es dem Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe gelungen, das Erzählcafé und ein ganzes Programm zu organisieren. Bereits zum vierten Mal beteiligt sich die Stadt an den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“. Am Programm sind 20 Kooperationspartner*innen beteiligt.
Auch Stadträtin Kirsten Dinnebier äußerte sich unmissverständlich: „In Marburg hat Rassismus keinen Platz“, stellte sie klar.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe in seinem Grußwort zum Auftakt der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ betont, dass Rassismus das freiheitliche Miteinander, die friedliche Vielfalt von Kulturen, Religionen und Überzeugungen und die Demokratie gefährde. Deshalb brauche es Gegenrede und Gegenwehr.
„Rassismus ist ein strukturelles Problem, das sich jeden Tag abspielt“, sagte Dinnebier. Deshalb sei es wichtig, Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen und auch sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfragen. „Nur so kann Marburg bunt und vielfältig bleiben und diese Haltung auch über die Stadtgrenzen hinaus transportieren.“ Genau diesen Ansatz verfolgt auch das Erzählcafé, wie Andrea Fritzsch und Adji Gaye vom Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe erklärten.
Die städtische Integrationsbeauftragte Xiaotian Tang berichtete, sie habe als Studentin aus China in der Stadt das starke Gefühl, willkommen zu sein. Trotzdem bedeute das nicht, dass sie in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft lebe. Dass eine tolerante Haltung nicht selbstverständlich sei, zeige zum Beispiel der Anschlag von Hanau vor einem Jahr.
Zum Einstieg in die Thematik gab es einen kurzen Vortrag von Adji Gaye, die bei der Stadt unter anderem für Integrationsmaßnahmen zuständig ist. Sie verwies auf die sehr lange Geschichte von Rassismus als Phänomen. Es müsse sich die Historie vergegenwärtigt werden, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Rassismus sei gleichbedeutend mit Macht – es gehe um Macht, um Hierarchien und um Privilegien. „Es gibt Privilegierte – meist Menschen weißer Hautfarbe – und die Betroffenen, Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe“, sagte sie.
Gaye verwies in ihrem Vortrag auf das Problem des strukturellen Rassismus, wenn es zum Beispiel um die Lehrinhalte in Kindergärten und Schulen geht oder auch um das sogenannte „Racial Profiling“ bei der Polizei. „Alltagsrassismus ist oft subtil und versteckt“, erklärte sie. Allein der Gebrauch von Sprache könne Rassismus enthalten.
Darum sei es wichtig, aufmerksam zu sein, wie sensibel damit umgegangen werde. Die Ansprache durch andere war dann ebenso wie andere Situationen im Alltag ein Thema im Austausch zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Erzählcafés, der in Kleingruppen stattfand.
Zum Schluss trafen alle im virtuellen Plenum wieder aufeinander, um die Ergebnisse ihrer Gespräche zusammenzutragen. Bei der Frage nach Möglichkeiten, Alltagsrassismus entgegenzuwirken, erklärte eine Teilnehmerin, es sei wichtig, mit einer Person in Austausch zu treten, die sich rassistisch verhält – natürlich nur, wenn in der Situation keine Gefahr drohe. Eine andere Teilnehmerin schlug vor, zunächst einmal darauf zu schauen, wie es der betroffenen Person gehe, ob sie überhaupt eine Einmischung wünsche.
Einig waren sich alle in ihrem Wunsch danach, als Handlungsempfehlung zu formulieren, dass es künftig verpflichtende Veranstaltungen zum Beispiel für Behörden und Verwaltung zu diesem Thema geben solle. Auch die Verwaltung der Stadt habe eine „Machtposition“.
Mit freiwilligen Formaten wie dem Erzählcafé würden nur die Menschen erreicht, die sowieso bereits sensibilisiert seien. Auch eine Werbekampagne mit Plakaten, die Alltagssituationen zeigen, wurde vorgeschlagen.
* pm: Stadt Marburg