Marburger Geografen haben ein Netz von Radaranlagen im Süden Ecuadors aufgebaut. So kriegen sie „El Niño“ auf den Schirm.
Mit ihrem Radarnetz möchten die Wissenschaftler die räumliche und zeitliche Verteilung von Niederschlägen in dem südamerikanischen Land beobachten. Das Forschungsteam um Projektleiter Prof. Dr. Jörg Bendix von der Philipps-Universität berichtete gemeinsam mit ecuadorianischen Beteiligten in der Juniausgabe der Fachzeitschrift „Bulletin of the American Meteorological Society“ über das Radarnetz und präsentierte zugleich eine erste Studie zum Klimaphänomen „El Niño“ im Jahr 2015.
„Niederschlag ist ein Klimaelement, das sich in Raum und Zeit recht chaotisch verteilt“, erklärte Bendix zum Hintergrund des Vorhabens. „Gerade in den Tropen lässt es sich nur schwer anhand von Modellen vorhersagen.“
In Ecuador sorgt das Klimaphänomen „El Niño“ häufig zu Starkregenfällen, die verheerende Folgen wie Erdrutsche nach sich ziehen. Der Jahresniederschlag erreicht in den Hochlagen mit einer Menge von bis zu 6.000 Millimetern etwa das Zehnfache des Marburger Werts.
„Das Monitoring von Niederschlag ist in Ecuador von großer Bedeutung, da das Land einen Großteil seiner Stromproduktion mit Wasserkraft deckt“, erläuterte Bendix. „Nur ein lokales Wetterradar-Messnetz kann zeigen, wo die Starkniedesrchläge auftreten und im Sinne der Kürzesfristvorhersage (Nowcasting) auch den Katastrophenschutz vor Ort unterstützen.“
Andererseits gibt es in der Region sehr trockene Gebiete, in denen Landwirtschaft betrieben wird wie beispielsweise Zuckerrohranbau. „Dort ist die Verteilung des Niederschlags für Bewässerung, Düngung und dergleichen von Belang“, legte der Projektleiter dar.
Im Süden von Ecuador seien die Wasserressourcen vor allem durch den Klimawandel und die sich ändernde Landnutzung bedroht, führte der Geograf aus. „Dies wirkt sich auch auf die Biodiversität und die Landwirtschaft aus.“ Das Gebiet der östlichen Andenabdachung in der Provinz Loja gilt im weltweiten Vergleich als ein Schwerpunkt der Artenvielfalt.
Aus all diesen Gründen müsse man die raum-zeitliche Regenverteilung kennen, was nur mit Hilfe des Wetterradars möglich sei. Ecuador verfüge bisher nicht über verlässliche Niederschlagskarten, erklärte Bendix. Die wenigen Stationen des Wetterdiensts stünden immer in gut erreichbaren Tallagen.
Über die Hochlagen wisse man hingegen „so gut wie nichts, obwohl diese die Wasserspender für Wasserkraft und Trinkwasser sind“. Die Wissenschaftler entwickelten daher ein Verfahren, um auch in gebirgigem Gelände kostengünstige Radargeräte einsetzen zu können, mit denen sich Niederschlagsfelder räumlich und zeitlich abbilden lassen.
Das Team baute im Süden Ecuadors drei Wetterradargeräte auf. Sie senden elektromagnetische Wellen aus und empfangen das Echo von Regentropfen, das Aufschluss über Ort und Menge des erfassten Niederschlags gibt. Zum Vergleich werden Daten von Niederschlags-Messstellen herangezogen.
Die Arbeitsgruppe von Bendix forscht seit mehr als zehn Jahren im Süden Ecuadors. Derzeit arbeitet sie in einem Wissenstransferprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter dem Titel „Platform for Biodiversity and Ecosystem Monitoring and Research in South Ecuador“, das Bendix koordiniert.
Die Entwicklung des Radarnetzes wurde von ecuadorianischer Seite mit 200.000 US-Dollar unterstützt. Die DFG bewilligte für das Transferprojekt mehr als 600.000 Euro.
* pm: Philipps-Universität Marburg