Mehr Vielfalt: Stadtbücherei baut digitale Angebote aus

Die Stadtbücherei ist mit ihren Medien- und Dienstleistungsangeboten ein wichtiger Baustein zur Steigerung der Lebensqualität. Gezielt wird der Bedarf der Nutzer ausgewertet und darauf entsprechend reagiert.
Außerdem hat die Bücherei Sprachangebote sowie den barrierefreien Zugang zu den Medien ausgebaut. Damit trägt sie zur kulturellen Attraktivität, Integration, Bildung und Freizeitgestaltung in Marburg bei.
In den öffentlichen Bibliotheken und auch in der Stadtbücherei Marburg verändert sich die Bedeutung des Bestandsmanagements aufgrund der Digitalisierung massiv, berichteten Kulturdezernentin Dr. Kerstin Weinbach und Fachdienstleiter Jürgen Hölzer. Die Medienausleihen vor Ort –
insbesondere im Sachbuchbereich, bei den audiovisuellen Medien und der Belletristik – sind in den letzten Jahren rückläufig, während die Ausleihen von E-Books, Hörbüchern sowie über die Internetausleihe der Onleihe kontinuierlich stark ansteigen.
Als die Marburger Stadtbücherei vor fünf Jahren mit der „Onleihe“ begonnen hat, verzeichnete die Statistik noch rund 30.000 Ausleihen. Im Jahr 2017 erwartet Hölzer mehr als 100.000 Downloads.In umfangreichen Auswertungen analysiert die Stadtbücherei die Ausleihveränderungen der letzten fünf Jahre, um auf das veränderte Nutzungsverhalten passend zum Bedarf zu reagieren.
Alle Medienabteilungen und Medienangebote werden 2017 und 2018 sukzessiv auf ihre Nutzung hin untersucht, um gegebenenfalls neue Schwerpunkte zu bilden oder Angebote zu verändern. Als erste Konsequenz wird sich der Sachbuchbestand von derzeit 37.000 Medien auf unter 30.000 Medien verringern. Medien und Sachbereiche, die keine Ausleihen und wenige Nutzungen erfahren, sollen kontinuierlich gelöscht oder reduziert werden, während gut frequentierte Sachbuchbestände und Themen (zum Beispiel Geographie, Reiseführer, Sprachen, Bücher zur Hobby-und Freizeitgestaltung, Medizin und Psychologie) einen noch stärkeren Ausbau erfahren.
Mit den Besucher- und den Nutzerzahlen sei man in Marburg immer gut dabei. Doch es gelte, sich den Zeichen der Zeit anzupassen, erklärte Stadträtin Weinbach.
Die Zeichen der Zeit stehen ganz klar auf Digitalisierung. Im Verbund mit anderen hessischen Bibliotheken können Nutzer der Stadtbbücherei über die „Onleihe“ Medien bequem von zuhause herunterladen. Ihre Nutzung ist zeitlich begrenzt, aber für Kunden der Stadtbücherei kostenlos.
Insgesamt sind die Zahlen konstant. Aber die Entwicklung in den verschiedenen Bereichen stellt die Mitarbeiter der Stadtbücherei vor die Aufgabe, sich konzeptionell Gedanken zu machen. „Die Frage lautet: Wie entwickeln wir uns weiter?“, erklärte Hölzer.
„Was zwei oder drei Jahre nicht ausgeliehen wurde, fliegt raus“, drohte der Bibliotheksleiter. Der gesamte Bestand werde durchgesehen, um sich den Nutzungsbedürfnissen der Kundschaft anzupassen und Platz zu schaffen zum Beispiel für ruhigere Arbeitsplätze und mehr Präsentationsfläche.
„Geflüchtete sind auch für uns ein zentrales Thema“, erläuterte die stellvertretende Bibliotheksleiterin Cornelia Wiegand. Viele nutzen die Stadtbücherei auch als Ort, um in Ruhe zu arbeiten oder Deutsch zu lernen. Um Führungen durch die Bibliothek anbieten zu können, wurden Multiplikatoren geschult.
Sprachkurse und Medien zum Erwerb der deutschen Sprache, zweisprachige Kinderbücher und Literaturübersetzungen, Grammatikbücher und Medienkisten, die für Lehrkräfte und den Einsatz in Intensivklassen für „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) konzipiert sind, hat die Stadtbücherei im Angebot. Rund 100 Titel in arabischer Sprache wurden neu angeschafft. Zum Teil stammen sie von Autoren aus dem arabischen Raum wie auch von deutschen und europäischen Autoren in Übersetzungen.
Um den Gedanken der Inklusion auch in der Stadtbücherei weiter zu unterstützen, gibt es neuerdings auch einen Bestand an Titeln in Einfacher Sprache. Die Texte in Kurzform sind leicht zu lesen und sollen sowohl leseschwachen Jugendlichen und Erwachsenen als auch Migranten und Geflüchteten zur Verfügung stehen, die bereits Grundkenntnisse der deutschen Sprache erworben haben. Der Medienbestand liegt für den Einstieg bei rund 50 Titeln von Romanen und Sachthemen.
Das Informationsblatt der Stadtbücherei liegt ebenfalls „einfach erklärt“ in einer verständlichen Form vor. Es soll die Zielgruppe von Menschen erreichen, die leseungeübt sind, nur geringe Deutschkenntnisse oder Einschränkungen in Konzentrations- oder Aufnahmefähigkeit haben.
Im Rahmen des Projekts „Mosaiksteine“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hat die Stadtbücherei den Flyer zudem auch in sieben verschiedene Sprachen übersetzt. Von Englisch und Französisch reicht die Palette bis hin zu Arabisch und Farsi.
Das Krankheitsbild Demenz erfährt zunehmend Aufmerksamkeit in den Medien und in der Gesellschaft. In Kooperation mit dem Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth hat die Stadtbücherei Medienkisten zusammengestellt, die Hilfestellungen, Anregungen und praxiserprobte Vorschläge zur Aktivierung von Demenzerkrankten bieten. Diese „Aktivierungsbox“ kann innerhalb von Pflegeeinrichtungen gezielt eingesetzt werden.
Eine „Vorlesebox“ beinhaltet Bücher mit kurzen Texten, die speziell für Demenzerkrankte entwickelt wurden. In einer „Kombibox“ sind Medien zur Aktivierung, Erlebnismedien, Medien zum Vorlesen und theoretische Grundlagen übergreifend zusammengestellt. Die ersten Rückmeldungen seien begeistert, berichtete Wiegand.
Auch der Zeitschriften- und Zeitungsbestand erfährt eine hohe Nutzung vor Ort und über die Ausleihe, so dass die Stadtbücherei die Anzahl ihrer Abonnements auf jetzt über 100 erweitert hat. Dabei sind laut Hölzer vor allem Titel im Bereich Gesundheit, Garten und Wandern stark nachgefragt. Aber auch die Themen Medizin, Bauen und Renovieren, Wissen und Musik werden oft ausgeliehen.
Neu ist außerdem die Idee, alle Titel der Spiegel-Bestsellerliste zeitnah nach deren Aktualisierung im Angebot zu haben. Das gilt sowohl, was die Belletristik angeht, als auch für die Sachbücher. Ab dem Sommer sollen die Top 20 jeweils innerhalb einer Woche in einer gesonderten Präsentation zur Ausleihe bereitstehen.
Mehr Raum in der Stadtbücherei soll künftig auch der Bereich für Kinder und Jugendliche erhalten.
Ein Teil der Medien, die aussortiert werden, wird übrigens seit einigen Wochen über einen „Non-Stop-Bücherflohmarkt“ gegen eine geringe Gebühr verkauft. In einem Regal befinden sich ausgemusterte Titel ebenso wie Lesergeschenke, die nicht in den Bestand einsortiert wurden. Dieser „Non-Stop-Bücherflohmarkt“ hat sich bereits zum Anlaufpunkt entwickelt, dessen Einnahmen dem Kauf von Neuanschaffungen dienen.

* pm: Stadt Marburg

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