Wegen der „NSU-2.0-Drohmail-Affäre“ ist Landespolizeipräsident Udo Münch am Mittwoch (15. Juli) zurückgetreten. Für die Humanistische Union Hessen sind die damit zutage getretenen strukturellen Probleme aber nicht gelöst.
Bereits am 18. Dezember 2018 hatte die HU hessen ihre alte Forderung nach einem Unabhängigen Polizeibeauftragten als Gegenmaßnahme gegen die Bedrohung der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und ihrer knapp zweijährigen Tochter erneuert. Am 14. Januar 2019 forderte sie den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier auf, die Bedrohte unter seinen persönlichen Schutz zu stellen. Doch während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Frankfurter Anwältin besuchte, hat Bouffier bis heute keine politische Verantwortung für die konsequente Bekämpfung der terroristischen Straftaten übernommen, die vermutlich von hessischen Polizeibeamten begangen wurden und werden.
Mit der Linken-Fraktionsvorsitzenden Janine Wissler und der Berliner Kabarettistin Idil Baydar sowie den Linken-Politikerinnen Anne Helm und Martina Renner haben mindestens vier weitere engagierte Frauen Drohmails mit der Unterschrift „NSU 2.0“ bekommen, die vermutlich auf Datenabfragen in hessischen Polizei-Computern zurückgehen. Von weiteren Drohmails ähnlicher Art – beispielsweise auch an zwei Journalistinnen – wurde außerdem berichtet, deren Verbindung zur hessischen Polizei bislang aber noch nicht eindeutig offenliegt. „Angesichts des Mords an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, dem zehnfachen rassistischen Mord am 19. Februar in Hanau und Schüssen auf einen eritreischen Asylbewerber in Wächtersbach kann die HU Hessen nicht nachvollziehen, dass Terroristen in der hessischen Polizei nicht längst Chefsache sind“, erklärte HU-Landessprecher Jens Bertrams amDonnerstag (16. Juli) in Marburg. Neben einem Unabhängigen Polizeibeauftragten mit weitreichenden Befragungs-
und Betretungsrechten fordert die Bürgerrechtsorganisation weitere strukturelle Veränderungen in der hessischen Polizei. Dazu zählen unter Anderem eine verbesserte Ausbildung in den Themenbereichen „Menschenrechte“ und „Rassismusprävention“ durch unabhängige Institutionen der Zivilgesellschaft sowie eine veränderte Einstellungspolitik unter Berücksichtigung von mehr Diversität in allen Bereichen und schließlich mehr Transparenz aller Entscheidungen und Vorgänge in der Polizei.
Zudem erwartet die HU Hessenauch strukturelle und personelle Konsequenzen im Innenministerium. Schließlich ist das Landespolizeipräsidium eine Abteilung in diesem Wiesbadener Ministerium. „Die von Bundesinnenminister Horst Seehofer abgelehnte Studie zu Racial Profiling ist auch für die hessische Polizei überaus notwendig“, erklärte Bertrams.
Aber auch die Justiz muss nach Auffassung der Bürgerrechtsorganisation die elementaren Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit sowie Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger vor dem Gesetz durch eine konsequente Strafverfolgung von Dienstvergehen hessischer Polizeibeamter durchsetzen. „Sonst verliert die Polizei jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung, der für ihre Arbeit aber unerlässlich ist“, warnte Bertrams.
Demokratisch gesinnte Polizistinnen und Polizisten fordert die HU auf, fragwürdiges Verhalten von rechtsextremen Kolleginnen und Kollegen dem von Innnenminister Peter Beuth eingesetzten Sonderermittler zu melden. Außerdem fragt sich HU-Landessprecher Bertrams, warum es angesichts der Vorkommnisse nicht schon längst eine große öffentliche Demonstration von Polizistinnen und Polizisten gegen Rassismus in der Polizei und für eine demokratische und verfassungstreue Polizei gegeben hat.
* pm: Humanistische Union Hessen