Das Coronavirus „SARS-CoV-2“ wurde als Erreger der COVID19-Pandemie identifiziert. Forscher aus Lübeck und Marburg haben zusammen mit chinesischen Kollegen die Verbreitungsmechanismen dieses Virus aufgeklärt.
Die virale Hauptprotease ist an der Bildung des Coronavirus-Replikationskomplexes beteiligt. Sie stellt ein attraktives Ziel für die Therapie dar. Ihre Kristallstruktur wurde jetzt durch die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld an der Universität zu Lübeck und im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) aufgeklärt.
Die Ergebnisse wurden am Freitag (20. März) in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht. Das ist „die gute Nachricht der Woche“. Am
(11. Januar) begannen Hilgenfeld sowie seine Mitarbeiterinen Dr. Linlin Zhang und Xinyuanyuan Sun , fieberhaft an der Aufklärung der dreidimensionalen Struktur eines Schlüsselenzyms des neuen Coronavirus zu arbeiten. Genau an diesem Tag hatte eine chinesische Arbeitsgruppe die Nukleotidsequenz des RNA-Genoms von „SARS-CoV-2“ veröffentlicht.
„Wir identifizierten die Region in dem Genom, die ein virales Schlüsselenzym – die sogenannte Hauptprotease oder 3C-artige Protease –
kodiert“, berichtete Hilgenfeld. Dann übersetzte sein Team die entsprechende RNA-Sequenz in DNA, ließen das entsprechende Gen durch eine Firma synthetisieren und exprimierten es in E. coli-Bakterien.
„Ende Januar hatten wir genügend Enzym gereinigt und kristallisiert“, sagte Linlin Zhang. „Am 1. Februar transportierten wir diese Kristalle zum BESSY-Synchrotron in Berlin, um sie dort in einen intensiven Röntgenstrahl hineinzubringen.“
Der Röntgenstrahl wird an dem Kristall in Zehntausende von Röntgenstrahlen geringer Intensität gebeugt; in der Verteilung und der Intensität dieser gebeugten Strahlen steckt Information über die Anordnung aller Atome im dreidimensionalen Raum.
„Ein paar Stunden später hatte ich die Struktur durch Anwendung wohletablierter mathematischer Verfahren und ausgereifter Computerprogramme aufgeklärt“, berichtete Linlin. Anhand der Kristallstruktur der Hauptprotease des neuen Coronavirus konnte Hilgenfeld seine bereits früher entwickelte Leitverbindung in einen potenten Hemmstoff des neuen Coronavirus verwandeln. Diese Verbindung wurde unter der Bezeichnung „13b“ synthetisiert
Über Dr. Daizong Lin im chinesischen Changchun eurden bis Mitte Februar größere Mengen des Hemmstoffs hergestellt und an Dr. Katharina Rox vpom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig geschickt. Sie untersuchte das Verhalten derVerbindung in gesunden Mäusen und zeigte, dass sie nicht toxisch ist und am besten durch Injektion unter die Haut oder durch Inhalation appliziert wird. Bei Inhalation sammeln sich ausreichende Konzentrationen von „13b“ in der Lunge und in der Niere, und damit in den Organen, welche am stärksten von dem Virus im Menschen befallen werden.
Als nächstes testeten Prof. Dr. Stephan Becker und seine Mitarbeiterin Dr. Lucie Sauerhering an der Philipps-Universität den Wirkstoff „13b“ in Kulturen menschlicher Zungenzellen, die mit dem neuen Coronavirus infiziert waren. Sie fanden, dass die Verbindung aktiv war.
All diese Ergebnisse wurden in einer Online-Publikation in dem renommierten Wissenschaftsmagazin „Science“ beschrieben. „Ganz sicher wird es mehrere Jahre dauern, bis unser Wirkstoff zu einem Anti-Coronavirus-Medikament entwickelt sein wird“, warnte Hilgenfeld. „Wenn alles gut geht, könnte ein solches Medikament für SARS-CoV-3 zur Verfügung stehen, aber gewiss nicht während des derzeitigen Ausbruchs.“
* pm: Philipps-Universität Marburg
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