Mobbing, Mutproben und Millionen Klicks sind Thema in „Runter auf Null“. Mit diesem Jugendstück eröffnete das „Theaterhaus Ensemble“ Frankfurt am Sonntag (31. März) das 24. KUSS-Festival.
Bevor die vier Protagonisten auf der Bühne loslegen konnten, begrüßten die Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser, Festivalleiter Jürgen Sachs, Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, Ulrich Müller vom Staatlichen Schulamt Marburg und Landrätin Kirsten Fründt das Publikum im „Großen TaSch“. Die beste Rede hielt Jürgen Bandte vom Freundeskreis des Hessischen Landestheaters, der mit vier kurzen Sätzen auskam. Bei allen anderen wäre trotz erfreulicher Bekenntnisse zum Kindertheater als „Chefinnensache“ und zu freiheitlicher Demokratie in Europa etwas weniger gewiss mehr gewesen.
Während der Reden hantierten die Darsteller des Eröffnungsstücks bereits auf der Bühne. Applaus brandete auf, als sie schließlich loslegten.
„Spring!“ Im Chor riefen die Darsteller das immer wieder ihrer Mitspielerin zu. Dann wieder riefen sie. „Nein, spring nicht!“
Ohrenbetäubender Lärm übertönte die Rufe. Täuschend echt klang dieses Geräusch, als führe gerade ein Güterzug über die Bühne des Theaters am Schwanhof (TaSch) hinweg. Gänsehaut war dabei wohl garantiert.
„Wir müssen das noch mal machen“, meint einer hinterher. „Wir haben die Kamera nicht eingeschaltet. Ohne Video existiert es nicht.“
Später freuen sich die jungen Leute über die Klicks und Likes, die ihr Video erhalten hat. Hanna wird berühmt und spielt bei einer Reality-Show im Fernsehen mit. Im Minutenabstand mailt ihr ein Stalker Liebesbotschaften auf Video.
Thomas wird gemobbt. Er soll die Kloschüssel leertrinken. „Jetzt ist es genug“, sagt er schließlich und geht mit einem Luftgewehr zur Schule.
Nachdem er von der Schule verwiesen wordenist, sucht er am neuen Wohnort neue Freunde. Doch die Kuh, auf deren Glocke er mit seinem Luftgewehr gezielt hat, bewegt sich und er trifft sie ins Auge. Gemeinsam legen er und seine neuen Freunde das tote Tier auf die Bahngleise.
Danach wollen sie ein Feuerwerk abfeuern. Sie schicken „Mongo-Clas“ in das Lagerhaus mit den pyrotechnischen Artikeln. Doch der geistig behinderte junge Mann rächt sich für die Beleidigungen und Kränkungen, die sie ihm zugefügt haben.
Wie ein Mosaik erschließt sich allmählich die ganze Geschichte. Sie erzählt von Mobbing und Mut, irrwitzigen Mutproben und dem Wunsch, geliebt zu werden.
Inszeniert hat Rob Vriens sie auf sehr eindringliche und fast brutale Weise. Dank dieser altersgerechten Darstellung des spannenden Stoffs dürfte sie Jugendliche wohl eher erreichen als ohne die lauten Züge und die drastischen Ereignisse. Ein Übriges dazutun auch Günther Henne, Michael Meyer, Uta Nawrath und Susanne Schyns mit ihrem überzeugenden Spiel.
Diese kluge und eindringliche Inszenierung war ein erster Höhepunkt des 24. KUSS-Festivals für Kinder- und Jugendtheater. „Likes“ und „Klicks“ sind nicht alles, aber doch ein guter Aufhänger für jugendgerechte Geschichten. Grußworte im Theater hingegen sollten der Devise folgen, dass sie umso besser sind, je kürzer sie ausfallen.
* Franz-Josef Hanke
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