Zwei Intendantinnen: Spielzeiteröffnung mit neuer Doppelspitze beim HLTM

„Zum ersten Mal hängen die Schauspieler im EPH“, freuten sich Carola Unser und Eva Lange. Mit einer Fotoausstellung eröffneten die neuen Intendantinnen des Hessischen Landestheaters Marburg (HLTM) am Freitag (21. September) die Spielzeit 2018/19.
Im 2. Obergeschoss des Erwin-Piscator-Hauses (EPH) hängen nun Fotos von allen Mitgliedern des Ensembles. Sie wurden am Freitagabend feierlich enthüllt.
Nach der Vernissagge verließen die Theatergäste das obere Foyer und begaben sich an ihre Plätze im Saal. Hier startete eine kleine Feier zur Eröffnung der Spielzeit unter der Intendanz der neuen weiblichen Doppelspitze.
Ihre Wahl sei mutig gewesen, meinte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. In seiner Begrüßungsrede dankte der Aufsichtsratsvorsitzende des Theaters der damaligen Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach für diese Entscheidung. Nicht nur die Doppelspitze sei außergewöhnlich, sondern auch ihre Besetzung mit gleich zwei Frauen.
Von Lange und Unser erhoffe er sich viele Anstöße für die menschen in Marburg, erklärte der Oberbürgermeister. Dabei sollten sie auch unbequem sein, forderte er. Das gelte selbst dann, wenn sie die Politiker nerven, betonte Spies.
In Marburg seien die beiden Theatermacherinnen längst angekommen, stellte er fest. Mit dem Beitrag des HLTM zu der Demonstration „Wir sind mehr“ gegen Rechtsextremismus am Freitag (7. September) hätten sie bereits einen Eindruck davon gegeben, wie sich das Theater in den gesellschaftlichen Diskurs einmischen kann, freute sich Spies unter tosendem Applaus des Publikums. Selbst wenn das Theater die Welt vielleicht doch nicht verändern könne, könne es doch den Menschen Anstöße zur Veränderung des eigenen Denkens und Handelns vermitteln.
Mit „Willkommen, bienvenu, welcome“ hießen die Schauspielerinnen und Schauspieler alle Anwesenden im EPH willkommen. Dabei sangen zwei Chöre von der Bühne vorn und der hinteren Empore aus mal abwechselnd, mal gemeinsam. Mit diesem gelungenen Auftakt hatten Lange und Unser schnell die Sympathien des Publikums erobert.
Ausführlich begrüßten die frisch gebackenen Intendantinnen dann alle anwesenden aus Politik und Kulturszene. Alle früheren Weggefährten und Unterstützer nannten sie beim Namen. Mehrere Intendanten aus Frankfurt, Kassel und von anderen Bühnen waren ebenso gekommen wie befreundete Kulturschaffende aus Nord- und Süddeutschland sowie Österreich.
In all ihrer Freue nannten die beiden Intendantinnen das Publikum zuallerletzt. Dafür versprachen sie ihm jedoch, für Marburg und die Region mit aller Kraft zu arbeiten. „Wir brennen für das Theater“, erklärten die beiden sympathischen Intendantinnen und versprachen, unbequem zu sein sowie zugleich auch zu unterhalten und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.
Ihr Versprechen, unbequem zu sein, lösten sie gleich an ihrem ersten Theaterabend ein. Mit der Ausstellungseröffnung, zwei Reden und zwei Theaterstücken mit einer Gesamtauder von vier Stunden und 20 Minuten verlangten sie den Gästen der Eröffnungspremiere definitiv zuviel ab. Wünschen kann man Lange und Unser nur, dass ihre überschwengliche Begeisterung für das Theater und die neue Aufgabe künftig auch das – großenteils in die Jahre gekommene – Marburger Stammpublikum ein wenig stärker in den Mittelpunkt rückt und das erfrischende Neue nicht auf Kosten der – am Ende des Tages wegen Überlänge mitunter bereits eingeschlafenen – Alten wagt.

* Franz-Josef Hanke