Politische Klugheit: Die Verlängerung ist gut für alle

Zwei Frauen an der Spitze des Theaters können sich freuen. Mit ihnen können sich aber auch die Theaterbegeisterten aus Marburg freuen.
Um fünf Jahre haben die Stadt Marburg und das Land Hessen am Freitag (31. März) die Verträge dvon Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß verlängert. Zugleich erhöhen die Stadt Marburg und das Land Hessen als Gesellschafter des Hessischen Landestheaters Marburg (HLTM) die Zuschüsse für das Theater deutlich. Schließlich wird auch noch ein Anbau ans Theater am Schwanhof (TaSch) sowie der komplette Neubau eines Theaters angedacht.
All das zeugt von der großen Anerkennung der Zuständigen in Stadt und Land für die Arbeit der beiden Theaterintendantinnen. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Wissenschaftsministerin Angela Dorn haben sie am Freitagmittag im „Kleinen TaSch“ deutlich zum Ausdruck gebracht. Die allermeisten Stammgäste des HLTM werden dieser Einschätzung vermutlich voll und ganz beipflichten.
Seit der Intendanz von Franzjosef Dörner in den 80er Jahren hat das Theater in Marburg eine stetige Qualitätsverbesserung erfahren. Wurde das damalige „Marburger Schauspiel“ von kritischen Geistern ob seiner – oft provinziell wirkenden – Inszenierungen manchmal auch als „Marburger Trauerspiel“ belächelt, so hat es unter der Intendanz von Ekkehard Dennewitz von 1991 bis 2010 einen wahren Quantensprung an Qualität genommen. So sehr die – von ihm immer wieder bestrittene – Verstrickung von Dennewitz in das Stasi-Unrecht auch umstritten geblieben ist, so wichtig war doch seine Arbeit für die Entwicklung des Theaters.
Sein Nachfolger Matthias Faltz hat danach ab 2010 an das Niveau noch geringfügig gehoben, wenngleich er gerade zu Beginn seiner Intendanz mit verheerenden Personalentscheidungen das stammpublikum gegen sich aufgebracht hat. Diese Instinktlosigkeit war jedoch seiner kritischen Haltung gegenüber seinem Vorgänger geschuldet, die ihn aber besser dazu hätte bewogen haben sollen, die Stelle in Marburg nicht anzutreten. Demgegenüber verlief die Übergabe von Faltz zu Lange und Unser im Jahr 2018 überaus erfreulich.
Seither hat das HLTm einen weiteren Aufschwung erlebt, der dem Quantensprung nach dem Amtsantritt des Intendanten Dennewitz sehr nahekommt. Zugleich ist das Theater – nicht nur an der Spitze – weiblicher geworden; mehr junge Frauen führen Regie oder schreiben Theaterstücke für das HLTM. Lange und Unser-Leichtweiß praktizieren dabei einen unideologischen Feminismus, der sich sehr wohltuend von marktschreierischen oder hasserfüllten Beschimpfungen männlichen Verhaltens abhebt.
Diese Haltung kommt dem Theater und seinen Aufführungen ausgesprochen gut. In gleich mehreren Preisen schlägt sich das ebenso nieder wie in gelungenen Projekten zur Nachwuchsförderung und vielen geglückten Inszenierungen.
So wurden Lange und Unser-Leichtweiß 2020 als „Bühnenheldinnen“ im Bereich „Spiel mir nicht das Lied vom Theatertod“ für die Leitung eines „Stadttheaters“ vom Aktionsbündnis Darstellende Künste ausgezeichnet. In ihrer gemeinsamen Intendanz wurde das HLTM mit dem Preis der Deutschen Theaterverlage ausgezeichnet. 2019 erhielt die Inszenierung „Diese Mauer“ in Langes Regie den Nachspielpreis des Heidelberger Stückemarkts.
Im selben Jahr wurde die Ausstatterin Carolin Mittler für den Faust-Preis nominiert und gewann mit „Maria Stuart – Ulrike Maria Stuart“ bei den Hessischen Theatertagen den Preis für das beste Bühnenbild. Unsers Inszenierung „Am Hafen mit Vogel“ wurde 2020 zu den Mühlheimer Theatertagen eingeladen, die pandemiebedingt ausfielen. Das HLTM erhielt den Zuschlag, in der Spielzeit 2022/23 den Kleist-Förderpreis auszuführen und eröffnete die Kleist-Tage in Frankfurt/Oder.
Erfreulicherweise können Lange und Unser-Leichtweiß diese Arbeit fünf weitere Jahre lang fortsetzen. Dafür bekommen sie nun auch bessere Arbeitsbedingungen für ihr Theater. Denn am Ende ist Theater doch immer ein Ensemble.
Dieses französische Wort steht für „Gemeinschaft“ oder „Zusammenarbeit“. Gerade darauf haben die beiden Intendantinnen bei der Unterzeichnung ihrer neuen Verträge hingewiesen und ihren Erfolg genau diesem Ensemble gewidmet. Genau diese Haltung zeichnet sie aus und wird am Ende nicht nur den Mitwirkenden am HLTM, sondern auch dem Publikum zugutekommen.

* Franz-Josef Hanke

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