Am Samstag (9. August) findet in der Markuskirche Marbach zum zweiten Mal der „Gottesdienst in sanften Tönen“ statt. Die Veranstaltung richtet sich besonders an Menschen mit chronischen Erkrankungen, Hochsensibilität oder dem Wunsch nach Entschleunigung. Sie schafft einen geschützten Raum für Begegnung mit sich, anderen und Gott.
Die „Stille Stunde“ in Supermärkten und Einkaufszentren wird inzwischen in vielen Städten angeboten. Sie bietet chronisch kranken und sensiblen Menschen eine Einkaufsmöglichkeit ohne zusätzliche akustische Reize.
Eine ähnliche Idee steckt auch hinter dem „Gottesdienst in sanften Tönen“. Er findet am Samstag (9. August) zum zweiten Mal in Marburg statt und soll einen möglichst reizarmen Schutzraum schaffen, in dem Menschen einander und Gott begegnen können. Mit initiiert und gestaltet wurde das Konzept von Betroffenen.
Ein gesunder Mensch mag die Klänge der Orgel und den Ablauf eines normalen Gottesdienstes als bereichernd empfinden – wer unter einer chronischen Erkrankung leidet, ist davon aber schlichtweg überfordert.
Deshalb haben sich Pfarrerin Annika Wölfel von der Markusgemeinde in der Marbach, Prädikant Christian Graß und Martin Rimbach von UND Marburg Gedanken gemacht, wie ein möglichst reizarmer Gottesdienst aussehen könnte. Ende März fand zum ersten Mal ein solcher „Gottesdienst in sanften Tönen“ statt und nun folgt eine zweite Auflage.
„In einer Welt, die oft laut und hektisch ist, soll ein Raum der Stille, Achtsamkeit und Gemeinschaft entstehen“, erklären die Organisatoren. „Der Gottesdienst richtet sich besonders an Menschen mit PostCovid, ME/CFS und ähnlichen Erkrankungen, die häufig mit Reizüberflutung und Erschöpfung zu kämpfen haben.“ Auch sie sollen die Möglichkeit haben, Gott und Gemeinschaft zu erfahren – leiser, weniger fordernd, weniger anstrengend.
Rimbachs Frau Joana ist von ME/CFS betroffen – „myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom“. Und das bedeutet nicht einfach nur ein bisschen erschöpft sein. Es bedeutet, den kompletten Alltag nicht mehr bewältigen zu können und manchmal selbst für ein Telefonat zu müde zu sein.
Weil sie den Besuch eines Gottesdienstes so sehr vermisst, haben die beiden an einem Konzept mitgearbeitet, das den Gottesdienst als Schutzraum zu gestalten versucht. Den Raum im Wortsinne bietet die Markuskirche in der Marbach. Sie ist barrierefrei und mit dem Rollstuhl erreichbar. Außerdem bietet sie genügend Platz, um auch Liegemöglichkeiten zu schaffen. Egal, ob man liegen, sitzen, stehen oder sich bewegen möchte – jeder darf tun, was ihm oder ihr gut tut und mitbringen, was das persönliche Wohlbefinden unterstützt.
„Alle dürfen kommen, wie sie sind und wie sie sich wohlfühlen – das kann auch in der Jogginghose sein“, sagt Wölfel. „Wir wollen vermitteln, dass alle von Gott gesehen werden, wie sie sind und so mit ihm in Kontakt kommen können.“
Der Ablauf ist bewusst entschleunigt. Kurze Impulse, sanfte Musik und Momente der Stille ermöglichen es, sich ohne Druck auf die Atmosphäre einzulassen. Beim ersten Gottesdienst im März waren gut 30 Teilnehmende dabei – auch einige Menschen, die sich erst einmal anschauen wollten, ob das etwas für ihre Angehörigen ist. Alle konnten einen Fragebogen ausfüllen und das Feedback hat dazu geführt, dass das Programm noch einmal entschlackt wurde: Weniger ist mehr.
Damit jede und jeder nach den eigenen Kräften teilnehmen kann, ist das Programm in zwei Hälften unterteilt. In den ersten 30 Minuten liegt dieses Mal der Fokus auf dem Thema Segnung – es wird eine Möglichkeit geben, sich salben zu lassen. Und wer möchte, kann sich nach danach bereits verabschieden. Im zweiten Teil steht eine Atemübung im Mittelpunkt.
Los geht es am Samstag (9. August) um 16 Uhr in der Markuskirche Marbach (Bienenweg 37). Alle sind herzlich eingeladen – natürlich auch Menschen, die nicht an einer Erkrankung leiden, aber vielleicht dennoch einmal stillere Töne erleben möchten.
- pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg