Zwei weitere Professoren für „Künstliche Intelligenz“ starten in Marburg durch. Nach Prof. Dr. Christin Seifert verstärken Prof. Dr. Ralph Ewerth und Prof. Dr. Martin Becker die Forschung und Lehre in der KI.
Ihre Forschung und Lehre im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) baut die Philipps-Universität weiter aus: Zum April 2025 haben Prof. Dr. Ralph Ewerth und Prof. Dr. Martin Becker ihre neu eingerichteten Professuren im Fachbereich Mathematik und Informatik angetreten. Beide Professuren sind Teil des „Hessischen Zentrums für Künstliche Intelligenz“ (hessian.AI) und ergänzen die bereits besetzte Professur von Prof. Dr. Christin Seifert, die seit 2023 an der Philipps-Universität forscht.
„Mit den Professuren von Ralph Ewerth und Martin Becker verstärken wir unsere KI-Kompetenzen in entscheidenden Zukunftsfeldern“, erklärte Universitätspräsident Prof. Dr. Thomas Nauss zur Begrüßung der Neuberufenen. „Beide Forscher bringen herausragende Expertise in der Entwicklung und Anwendung von KI mit, die die interdisziplinäre Forschung in Marburg weiter vorantreiben wird.“ Nauss ist auch Gründungsmitglied von „hessian.AI“.
Die Schnittmengen der beiden Professuren liegen in den Bereichen „hybride KI-Methoden und maschinelle Lernverfahren für komplexe multimodale Problemstellungen“, „neuartige Ansätze der semantischen Wissensrepräsentation“, „vertrauenswürdige KI sowie der Evaluation von Entscheidungsprozessen“. Die Anwendungsgebiete reichen von KI in der (Bio-)Medizin und im Patient*innenkontakt über digitale Bildungs- und Informationssysteme bis hin zur Analyse komplexer Umwelt- und Verhaltensdaten sowie visuellen Daten aus den digitalen Geisteswissenschaften.
Ewerth wird eine Professur mit dem Schwerpunkt „multimodale Modellierung und maschinelles Lernen“ übernehmen. Seine Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung und Verbesserung maschineller Lernverfahren zur automatischen Analyse von digitalen Bildern, Bild-Text-Kombinationen und Videos. Ein besonderer Fokus liegt auf neuro-symbolischen Ansätzen, die neuronale Netze mit expliziten semantischen Repräsentationen verknüpfen. Zudem erforscht er generative KI-Modelle zur Verbesserung von Suchmaschinen und erklärbaren KI-Anwendungen.
„In Marburg bieten sich für mich hervorragende Möglichkeiten, neue KI-Methoden für das automatische Verstehen und Interpretieren von multimodalen Informationen in vielfältigen und gesellschaftlich relevanten Anwendungsfeldern zu erforschen“, sagte der KI-Forscher Ewerth. „Ich freue mich darauf, neue herausfordernde Fragestellungen – zum Beispiel zusammen mit Forschenden aus den digitalen Geisteswissenschaften, Psychologie oder Medizin – interdisziplinär zu bearbeiten.“
Seine interdisziplinäre Arbeit umfasst Themen wie KI-gestütztes Lernen, Social-Media-Analysen, digitale Geisteswissenschaften und Sportinformatik. In Marburg plant Ewerth, mit dem „Marburg Center for Digital Culture and Infrastructure“ (MCDCI) und dem Bildarchiv Foto Marburg zu kooperieren sowie neue Anwendungen in der klinischen Psychologie und der Medizin zu erforschen.
Ewerth studierte Informatik mit Nebenfach Psychologie in Frankfurt und Marburg und promovierte 2008 in Marburg über maschinelles Lernen zur Videoanalyse. Nach einer Professur in Jena war er zuletzt Professor in Hannover und leitete am Leibniz-Informationszentrum Technische Informationsbibliothek (TIB) den Forschungsbereich „Visual Analytics“. Außerdem ist er Mitglied des Forschungszentrums L3S in Hannover.
Becker wird im Rahmen seiner Professur innovative Methoden der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens entwickeln, um das Verständnis komplexer Systeme zu ermöglichen. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Entwicklung intelligenter Entscheidungsunterstützungssysteme. Seine Forschung ist eng mit Anwendungen in zentralen Bereichen der (Bio-)Medizin, den Umweltwissenschaften und der Verhaltensforschung verzahnt.
Drei Schwerpunkte prägen seinen Ansatz: das sind die Entdeckung versteckter Muster, die Integration von Domänenwissen in KI-Modelle und die Entwicklung neuer Verfahren zur Wissensrepräsentation.
„Ich bin überzeugt: Die größten Fortschritte in der KI entstehen nur in enger Zusammenarbeit mit anwendungsnahen Fachdisziplinen – etwa der (Bio-)Medizin, den Umweltwissenschaften oder der Psychologie“, erläuterte Becker. „Genau deshalb freue mich riesig auf die vielfältigen Kollaborationsmöglichkeiten an der Universität Marburg – sowohl national, als auch international. Durch die enge Anbindung unserer Professuren an hessian.AI werden wir so gemeinsam ganz neue KI-Methoden entwickeln, die durch die enge Zusammenarbeit mit Domänenexpert*innen echte Durchbrüche in praxisrelevanten Fragestellungen ermöglichen werden.“
Becker bringt breite Expertise in der Modellierung menschlichen Verhaltens, der Umweltanalyse – (zum Beispiel Luftqualität – sowie der biomedizinischen Forschung mit. Insbesondere liegt sie im Bereich „Multi-Omics-Analysen“ und „Einzelzellbiologie“. In Marburg plant er Kooperationen mit Programmen wie „The Adaptive Mind“ und „Microbes-for-Climate“, mit LOEWE-Schwerpunkten wie etwa DYNAMIC, HABITAT oder iCANx.
Nach Stationen als Postdoktorand an der amerikanischen Stanford University und als Juniorprofessor an der Universität Rostock leitete Becker parallel eine vom BMBF geförderte KI-Forschungsgruppe für die KI-basierte Modellierung komplexer Systeme. Sein akademischer Werdegang umfasst ein Studium der Informatik und Mathematik in Würzburg sowie eine Promotion im Bereich der Künstlichen Intelligenz am Forschungszentrum L3S in Hannover und an der Universität Würzburg.
Die Informatikerin Prof. Dr. Christin Seifert wurde bereits im Jahr 2023 auf eine Professur in Marburg berufen. Ihr Forschungsfokus liegt auf der erklärbaren künstlichen Intelligenz. Zu ihren Forschungsfragen gehört auch die Beantwortung jener, wie es gelingen kann, vor allem in sensiblen Anwendungsfeldern wie der Medizin das Vertrauen in lernende Maschinen zu erhöhen.
Mit den Berufungen von Ewerth und Becker sind nun alle drei – für Marburg vorgesehenen – Professuren im Rahmen von „hessian.AI“ besetzt. Das Zentrum ist ein Zusammenschluss von 13 hessischen Hochschulen mit dem Ziel, die hessische KI-Forschung auf internationalem Niveau zu etablieren und praxisnah in Wirtschaft und Gesellschaft zu übertragen.
„Mit den drei nun in Kooperation mit hessian.AI besetzten KI-Professuren deckt der Fachbereich Mathematik und Informatik wesentliche Teilgebiete der KI ab, in denen innovative KI-Methoden zur Analyse (der Kombination) von heterogenen textuellen, visuellen und sensorischen Daten entwickelt werden“, sagte Dekan Prof. Dr. Bernd Freisleben vom Fachbereich Mathematikund Informatik. „Christin Seifert, Martin Becker und Ralph Ewerth sind wissenschaftlich hervorragend ausgewiesen, international gut vernetzt und arbeiten interdisziplinär auch mit Forschenden aus anderen Disziplinen zusammen. Von ihrer breiten thematischen Anschlussfähigkeit können viele Fachbereiche der Philipps-Universität profitieren.“
Die neuen Professuren verstärken nicht nur die Forschung und Lehre an der Philipps-Universität, sondern tragen auch zur Weiterentwicklung der KI-Strategie Hessens bei. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Forschenden und die Anbindung an „hessian.AI“ versprechen innovative Lösungen für gesellschaftlich relevante Herausforderungen. Mit dem gemeinsamen Engagement der Philipps-Universität und hessian.AI wird die Entwicklung intelligenter Technologien nachhaltig vorangetrieben.
* pm: Philipps-Universität Marburg