Übler Witz von Geywitz: Wegen Wohnungsnot raus auf´s Land

Eine Landverschickung junger Familien hat Klara Geywitz angeregt. Damit möchte die Ministerin den Wohnraummangel in Metropolen bekämpfen.
Ihre alte Forderung vom März 2023 hat die SpD-Politikerin am Freitag (26. Juli) erneut bekräftigt. Während Wohnraum in Großstädten teure Mangelware ist, stehen in abgelegenen ländlichen Gebieten mehr als eine Million Wohnungen leer. Darum lautet ihr Slogan ganz einfach: „Raus auf´s Land!“
Doch auch ihr sollten die Gründe eigentlich klar sein, warum es solch ein deutliches Ungleichgewicht gibt: Jahrzehntelang wurde der „Ländliche Raum“ benachteiligt und trockengelegt. Wichtige Infrastruktur wurde ausgedünnt und abgebaut. Erst verschwanden die Bahnhöfe und Einkaufsläden, dann die Ärzte und Apotheken sowie Gastwirtschaften und Gemeindeverwaltungen, schließlich die Geldautomaten und Bushaltestellen.
Wer auf dem „flachen Land“ lebt, muss ein Auto haben und viel Zeit. Der Hinweis von Geywitz auf die Möglichkeit zum „Home Office“ mag zynisch und abgehoben klingen für viele Dorfbewohner, die seit Jahrzehnten vergeblich auf einen Glasfaseranschluss warten. Das Dorfleben war einmal eine Idylle, doch im Jahr 2024 sind die Zustände auf dem Dorf eher ein Armutszeugnis jahrzehntelanger verfehlter Infrastrukturpolitik und Geywitz Vorschlag erinnert an wunderschöne Geschichten rückwärtsgewandter Märchenerzähler.
Sollte sie mit ihem Vorschlag vielleicht vom eigenen Versagen ablenken wollen, weil sie die versprochene Zahl neuer Wohnungen dramatisch verfehlt hat? Sollte sie die Leidtrageenden sozialdemokratischer Zentralisierungspolitik und neoliberaler Sparmaßnahmen etwa auch noch zum Umzug dorthin drängen wollen, wo ihr Versagen überdeutlich zu spüren ist? Geywitz wäre klug beraten, wenn sie die Probleme in Großstädten anginge und nicht deren Opfer.
Ihr Staatssekretär ist übrigens der Marburger Sören Bartol. Er sollte seiner Chefin einmal klar machen, dass selbst in den Marburger Außenstadtteilen der Unmut über die infrastrukturelle Benachteiligung zu einem echten Problem für die Demokratie zu werden droht. Wer sich abgehängt fühlt, stimmt beim Bürgerentscheid zur Verkehrswende eher gegen Klimaschutz und wählt möglicherweise auch rechts.

* Franz-Josef Hanke

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