Parteitag in Moischt: Marburger SPD diskutierte Landes- und Kommunalpolitik

„Das Leben Stück für Stück besser machen“ möchte die ‚SPD Marburg. Ihr Parteitag legte den Fokus auf soziale Teilhabe und Mobilität für Alle.
Das Verkehrskonzept „MoVe 35“, ein Sozialzentrum zur Bündelung von Leistungen und Angeboten für bedürftige Menschen, die Versorgung ältererMarburgerinnen und Marburger, die anstehende Koalition in Wiesbaden sowie der erneute Appell, in Marburg mehr Wohnungen zu bauen, waren die bestimmenden Themen der Marburger SPD auf ihrem Parteitag am Mittwoch (15. November). Rund 45 Delegierte trafen sich im Bürgerhaus in Moischt zu einer intensiven – drei Stunden währenden – Diskussion um die vorausgegangene Landtagswahl und die aktuellen Marburger Themen. Aus den unterschiedlichsten Gliederungen der Partei – Vorstand, Arbeitskreise, 60PLUS, JUSOS und Ortsvereine – kamen 13 Anträge.
In der allgemeinen Aussprache zur Landtagswahl wurde zunächst das – für die SPD unerfreuliche – Wahlergebnis erörtert und die verschiedenen Ursachen diskutiert. Besonderen Dank mit viel Applaus gab es für den Landtagskandidaten Sebastian Sack für seinen engagierten Wahlkampf. Scharf kritisiert und mit Besorgnis betrachtet wurde das Abschneiden der rechtsextremen AfD auch in Marburg.
Zu den laufenden Koalitionsverhandlungen auf Landesebene gab es vielfache Kritik am „Eckpunktepapier“. Insbesondere die JUSOS kritisierten die Aussagen zu Bildungspolitik, Migration und das angekündigte „Genderverbot“. „Wer wie die CDU weniger Verbote will und im nächsten Satz Sprechverbote erteilen will, der ist nicht glaubwürdig“, erklärte ein Vertreter der Marburger Jusos.
Gleichwohl gab es eine breite Bereitschaft, zunächst das Ergebnis der eigentlichen Koalitionsverhandlungen abzuwarten, an denen auch zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Marburger SPD in den Facharbeitsgruppen mitwirken. „Nach 25 Jahren in der Opposition sollten wir die Chance nutzen, Hessen wieder mit klaren sozialdemokratischen Inhalten mitzugestalten“, forderte der Marburger SPD-Vorsitzende Thorsten Büchner.
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies ergänzte: „Die Hessen-SPD hat sich 25 Jahre in der Opposition erneuert. Das hat zur Halbierung der Wahlergebnisse geführt. Lasst uns deshalb die Chancen einer Regierungsbeteiligung nutzen und zeigen, dass wir es auch auf Landesebene können, das Leben der Menschen Stück für Stück besser zu machen.“
Zu Move35 stellte die SPD fest, dass mit der Vorlage des Endberichts der gemeinsam mit CDU und BfM 2019 beschlossene Auftrag an das Planungsbüros umgesetzt wurde. „Wir wollen die Erreichbarkeit Marburgs für alle verbessern, egal, ob sie sich mit dem Auto, dem Bus, zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewegen“, erklärte der Marburger SPD-Vorsitzende Büchner. Oberbürgermeister Spies verwies darauf, dass die Vorschläge zum motorisierten Individualverkehr niemanden davon abhalten, in die Stadt zu kommen oder sich in der Stadt zu bewegen.
In einem einstimmig beschlossenen Initiativantrag stellte die Marburger SPD klar, dass die bessere Erreichbarkeit der Stadt oberste Priorität hat. Zugleich soll der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) für alle attraktiver werden vor allem zum Pharmastandort und in die Außenstadtteile. Parkplätze sollen vor allem in Quartiersparkhäuser verlagert werden, damit der Straßenraum attraktiver und lebenswerter werden kann.
Die Verbesserung der Aufenthalts- und Lebensqualität in allen Stadtteilen und in der Kernstadt ist für die Marburger SPD Richtschnur bei der Umsetzung der im Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen. Zudem kann die Umsetzung nur mit den Bewohner*innen vor Ort gelingen, betonten die Genossinnen und Genossen einmütig. Bereits 2019 hatten SPD, CDU und BFM beschlossen, dass der Durchgangsverkehr aus den Wohngebieten auf Durchgangsstraßen verlegt werden soll. Genau das leiste der Kfz-Teil zu Move 35.
Zudem sei erstmals ein Weg aufgezeigt, wie kurzfristig die Bewohnerinnen und Bewohner von Ketzerbach und Marbach deutlich von Lärm und Gestank entlastet werden können. 40 Jahre sei dieses Problem beschrieben worden. Endlich gebe es eine wissenschaftlich fundierte Lösung für die Menschen an dieser sehr belasteten Strecke.
Zur Frage des im Raum stehenden Bürgerbegehrens nahm der Parteitag die juristische Prüfung zur Kenntnis, die das vorgelegte Begehren als nicht-zulässig erachtet. Die Entscheidung über die Zulässigkeit treffen die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung (StVV) am Freitag (24. November).
Einstimmig forderte die Marburger SPD ein zentrales Sozialzentrum für die Ärmsten. Dort sollen auf Vorschlag des „AK Soziales“ die Obdachlosenhilfe und Tagesanlaufstelle, die Tafel, die Kleiderkammer, eventuell das Gebrauchtwarenkaufhaus sowie Teile der Sozialverwaltung gemeinsam Platz an einem zentralen Ort finden. Stadträtin Kirsten Dinnebier sagte dazu, dass eine solche, gut erreichbare und niedrigschwellige Lösung für Marburg einen großen Gewinn bedeuten würde.
Die Moischter Sozialdemokraten machten mit einem Antrag auf die schwierige Situation der Senioreneinrichtung „Waldblick“ aufmerksam, worauf Sozialdezernentin Dinnebier ausführlich einging und die aktuelle Situation erläuterte. Gemeinsam betonten alle Rednerinnen und Redner, dass sich die Marburger SPD weiterhin verstärkt mit der Situation ältererMenschen beschäftigenwerde.
3.500 Wohnungen fehlen Marburg bis 2035. Das sagt der Entwurf des neuen Regionalplans. SPD-Vorsitzender Büchner verwies darauf, dass unter den sozialdemokratischen Oberbürgermeistern Egon Vaupel und Spies bereits viel geschafft worden sei. Dennoch dürfe jetzt nicht nachgelassen werden.
„Alle haben ein Recht auf eine bezahlbare Wohnung“, erklärte er. „Das ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, dass Menschen ausreichenden, modernen, klimafreundlich gebauten und vor allem bezahlbaren Wohnraum finden.“
Mit dieser Forderung wandte sich Büchner an alle, die zur Umsetzung beitragen können, auch in Richtung Koalition. Nach einer lebhaften und engagierten Diskussion endete der Parteitag kurz vor 22 Uhr.

* pm: SPD Marburg

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