Gleich zwei Demonstrationszüge liefen am Mittwoch (31. Mai) durch Marburg. Ihr Motto lautete „Klimaschutz ist kein Verbrechen“.
Rund 30 Menschen hatten sich um 17 Uhr vor dem Hauptbahnhof versammelt. Dort sollte der Demonstrationszug von „Fridays for Future Marburg“ starten. Von Minute zu Minute wuchs die Zahl der Anwesenden an, bis sie sich nach dem sprichwörtlichen „Akademischen Viertel“ glatt verzehnfacht hatte.
Gegen 17.20 Uhr eröffnete Paul von „Fridays for Future“ die Kundgebung. Mit einem Redebeitrag der Humanistischen Union (HU) begann die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kriminalisierung von Klimaprotesten der „Letzten Generation“. Die Anwesenden demonstrierten gegen Hausdurchsuchungen bei der Klimaschutzbewegung und den Vorwurf der Bildung einer „Kriminellen Vereinigung“ nach Paragraph 129a des Strafgesetzbuchs (StGB).
Als „Kriminelle Vereinigung“ seien Organisationen wie die Mafia zu verstehen, die aus Geldgier buchstäblich über Leichen gehen. Weitaus krimineller als die Aktionen der „Letzten Generation“ seien die Einflussnahme großer Automobilkonzerne auf Koalitionsverhandlungen und ihre bereitwillige Umsetzung in die Regierungspolitik. Auch wenn einzelne Aktionsformen der „Letzten Generation“ durchaus kritikwürdig seien, präge doch die Sorge um die Zukunft der Menschen und der Demokratie das Engagement der Klimaschützenden, was keinesfalls kriminell sein könne.
In ihrem Redebeitrag berichtete Barbara Schlemmer vom Umgang der Hessischen Landesregierung mit Protesten gegen den Bau der Autobahn A49. Die ehemalige Grüne bemängelte Lügen und die Fälschung eines Gutachtens als Grundlage für die Entscheidung zum Bau der klimaschädlichen Autobahnstraße mitten durch den Dannenröder Forst. Bei den Protesten seien Aktive für den Klimaschutz kriminalisiert oder bedroht worden, während die Zerstörung der Umwelt auf Grundlage unwahrer Behauptungen nicht geahndet werde.
Nach den beiden Redebeiträgen brachen gut 300 Demonstrierende vom Hauptbahnhof auf zur Abschlusskundgebung vor dem Erwin-Piscator-Haus (EPH). Flankiert wurde der lange Demonstrationszug von Motorrädern der Polizei, die die Straßen für die Demonstration absperrten.
„Klima schützen ist kein Verbrechen“ riefen die Demonstrirenden immer wieder. Darauf folgte ein rhythmisches Klatschen, das einem sehr aufrüttelndem Takt folgte. Das Ganze wiederholte sich dann mehrere Male, bis die Rufenden ihre Stimmen schonen mussten.
Vor dem EPH endete der Demonstrationszug mit einer weiteren Kundgebung. Dorthin war aber auch noch ein zweiter Demonstrationszug vom Marktplatz aus aufgebrochen, den die „Letzte Generation“ selbst veranstaltete. Mit etwa 200 Teilnehmenden war er etwas kleiner als der andere Zug von „Fridays for Future“.
Im ersten Redebeitrag der Abschlusskundgebung hob der Vertreter von „Fridays for Future Marburg“ die Zusammensetzung der Teilnehmerschaft hervor. Alle Generationen von Jung bis Alt seien dabei vertreten. Sie alle eine die Sorge um die Zukunft und das Klima.
Die Kinderpsychologin Jana Trommer erklärte die Gründe, warum sie sich dem „Aufstand der Letzten Generation vor den Kipppunkten“ angeschlossen hat: ihre drei Töchter im Alter von 22, 27 und 29 Jahren wolle sie nicht alleinelassen. Sie engagierten sich bei den Aktionen für wirksamen Klimaschutz aus Sorge um ihre Zukunft.
Tromer beendete ihre Rede mit einem Zitat der Einlassung ihrer Tochter Irma Trommer vor Gericht. Dort hatte die junge Ex-Marburgerin begründet, warum sie das Willy-Brandt-Haus der SPD in Berlin mit Farbe beschriftet hatte. Sie könne und wolle nicht mehr warten, dass der Bundeskanzler Olaf Scholz und die Bundesregierung ihrer Verpflichtung zu raschem und wirksamem Klimaschutz nachkommen.
Den letzten Redebeitrag hielt ein Aktivist, der von verschiedenen Strafverfahren gegen Klimaschützende berichtete. So sei die Anbringung des VW-Logos mit dem Zusatz „Verkehrswende“ als angebliche Volksverhetzung geahndet worden, erzählte er. Dabei wüssten doch alle, dass die Abkürzung „VW“ für Volker Wisseing und nicht für „Verkehrswende“ stehe.
Kurz vor 18.30 Uhr löste sich die Kundgebung beim EPH bei herrlichstem Wetter wieder auf. Gut 500 Menschen hatten gegen die Razzia bei der „Letzten Generaion“ und für unverzüglichen Klimaschutz demonstriert. Unter ihnen war auch der Marburger Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.
* Franz-Josef Hanke
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