Psychotherapie hilft gegen anhaltende Trauer. Die Philipps-Universität beteiligt sich an einer bundesweiten Studie zur Behandlung von Trauerstörungen.
Das neue Krankheitsbild der anhaltenden Trauerstörung steht im Fokus eines neuen Forschungsprojekts, mit dem sich die Marburger Psychologie an der bundesweiten Studie „Prolonged Grief Disorder“ (PROGRID) beteiligt. Die Studie zielt auf eine verbesserte Behandlung von Patienten, die nach dem Verlust einer nahestehenden Person nicht aufhören können, zu trauern.
Seit Kurzem hält die Psychotherapie-Ambulanz der Philipps-Universität ein entsprechendes Therapieangebot für Betroffene bereit. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Studie. 164.000 Euro fließen an die Marburger Arbeitsgruppe für Klinische Psychologie und Psychotherapie.
Jeder Mensch durchläuft eine Zeit der Trauer, wenn eine nahestehende Person stirbt. „Bei den meisten Betroffenen lässt die Trauer innerhalb der ersten sechs Monate nach“, weiß die Marburger Psychotherapeutin Dr. Bettina Doering zu berichten, „auch wenn sie gelegentlich wieder zunehmen kann, etwa an Jahrestagen“.
In manchen Fällen gibt es aber keine Besserung. Die Trauer ist auch lange nach dem Verlust noch sehr intensiv.
Kommt es zu klinisch bedeutsamen Beeinträchtigungen, sprechen Fachleute von einer Anhaltenden Trauerstörung. Diese Diagnose soll demnächst neu in die Klassifikationssysteme psychischer Gesundheit und Krankheit (ICD-11) aufgenommen werden. Etwa fünf Prozent der Trauernden in Deutschland entwickeln dieses Beschwerdebild.
„Eine Behandlung empfiehlt sich, wenn der Verlust eines Angehörigen länger als ein halbes Jahr zurückliegt und weiterhin schwere psychische und körperliche Symptome den Alltag beeinträchtigen“, erklärte Prof. Dr. Winfried Rief. Er leitet die Marburger Psychotherapie-Ambulanz.
„Für die Behandlung einer Anhaltenden Trauerstörung gibt es verschiedene Ansätze“, ergänzte Doering. „Verhaltenstherapeutische Verfahren haben sich in der Behandlung anderer psychischer Probleme bereits bewährt. Neu ist die Anpassung für trauernde Patienten.“
Dieses Ziel verfolgt die Studie „PROGRID“, deren Gesamtleitung bei der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt liegt. Marburg ist eines von vier Behandlungszentren der multizentrischen Studie.
In den kommenden drei Jahren vergleicht die Psychotherapie-Ambulanz der Philipps-Universität zwei Behandlungsweisen miteinander, die sich in der Schwerpunktsetzung während der Therapie unterscheiden. Betroffene können sich an das Behandlungszentrum in Marburg wenden, um im Gespräch mit den Therapeutinnen und Therapeuten zu klären, ob die Behandlungsform für sie geeignet ist.
* pm: Philipps-Universität Marburg