Einmal einfach fort: Captchas und Barrierefreiheit

Wie können Blinde beweisen, dass sie keine Roboter sind? Zum „Tag des weißen Stockes“ nehmen Blindenorganisationen Stellung zu „Captchas“ und Barrierefreiheit.
Wer kennt nicht die Sicherheitsabfragen im Internet, die feststellen sollen, ob man ein Mensch oder ein Roboter ist? In der Fachsprache werden sie „Captcha“ genannt. Meist findet die Prüfung in Form von Bildrätseln statt.
Man soll Ampeln zählen oder verzerrte Buchstaben erkennen. Was für viele User nicht ganz einfach oder lästig ist, stellt Menschen mit Seheinschränkungen vor unlösbare Aufgaben. Doch was sind die barrierefreien Alternativen?
Solche „Captchas“ sollen Internetseiten vor Angriffen durch sogenannte „Bots“ schützen, das sind automatische Programme, die beispielsweise versuchen, ein Online-Formular zu nutzen. Das Bildrätsel soll für Menschen einfach zu lösen sein; der Bot dagegen soll scheitern.
Aber natürlich scheitern auch blinde und sehbehinderte Menschen an einem Test, bei dem es um die visuelle Wahrnehmung geht. Sie sind dann entweder auf eine sehende Assistenzperson angewiesen oder sie müssen versuchen, das „Captcha“ mit einem Knackprogramm zu überwinden, was den gesamten Mechanismus ad absurdum führt.
Wenn es um blinden- und sehbehindertengerechte Alternativen zum Bildrätsel geht, fällt einem zuerst ein „Audio-Captcha“ ein. Aber so einfach ist die Sache nicht, wie der blinde IT-Experte Oliver Nadig aus Marburg weiß: „Die Stimmen sind beispielsweise verzerrt oder bewusst mit Hintergrundgeräuschen überlagert oder man muss Worte in einer Fremdsprache, oft in Englisch, erkennen. Die Hör-Aufgabe ist in der Regel schwerer zu lösen als die Bild-Aufgabe, vor allem, wenn man bedenkt, dass viele Betroffene im hohen Alter sind.“
Der Leiter des Gemeinsamen Fachausschusses für Informations- und Telekommunikationssysteme (FIT) beim Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) sieht aber weitere Alternativen, um den Nachweis zu erbringen, dass man ein Mensch ist: „Man könnte beispielsweise leichte Wissenstests nehmen. Ich kann mir aber auch eine Prüfung des Personalausweises vorstellen ähnlich wie beim Zigarettenautomaten oder eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, wie wir sie vom Banking kennen. Wichtig ist, dass es immer Alternativen – also barrierefreie und diskriminierungsfreie Captchas – zusätzlich zu den vorhandenen Bildchen gibt.“
Im Jahr 1964 hat der US-Kongress eine Resolution in Kraft gesetzt, die den 15. Oktober zum „White Cane Safety Day“ – übersetzt ungefähr „Verkehrssicherheitstag des weißen Stockes“ – erklärte. Mit seiner umgehenden Proklamation unterstützte der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson das Streben blinder Menschen nach mehr Selbständigkeit.
Dieser „Tag des weißen Stockes“ entwickelte sich schnell zum weltweiten Aktionstag der sehbehinderten und blinden Menschen. Seit dem Jahr 2002 ist der 15. Oktober in Deutschland zugleich der Abschlusstag der „Woche des Sehens“.
„Alles im Blick!“ heißt das Motto der „Woche des Sehens“ 2022. Die Aufklärungskampagne findet bundesweit von Samstag (8. Oktober) bis Samstag (15. Oktober) statt. Getragen wird sie von der Christoffel-Blindenmission (CBM), dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), dem Berufsverband der Augenärzte, dem Deutschen Komitee zur Verhütung von Blindheit, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, dem Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS) sowie der PRO RETINA Deutschland.

* pm: DVBS Marburg

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