Gut 50.000 Gäste: „Tischlein-deck-Dich“ auf der B3A

Das Jubiläumsfest „800 Jahre Stadt Marburg“ haben gut 50.000 Gäste am Sonntag (5. Juni) gefeiert. Auf der gesperrten Stadtautobahn waren dafür 800 Tische aufgebaut.
Gut 50.000 Menschen sind an Pfingstsonntag zur größten Veranstaltung im Jubiläumsjahr „Marburg800“ in der Universitätsstadt an der Lahn gekommen. Das Event „Tischlein-deck-dich“ auf 2.500 Metern gesperrter Stadtautobahn an 800 Tischen samt Mitmachfest, Programm auf sechs Bühnen sowie von 400 Gruppen an der langen Tafel und freie Bahn für Mobilitätspaß auf Rollen und Rädern aller Art ist in der Geschichte der Stadt bislang einmalig.
Das sei „ein toller Erfolg und eine friedliche Festmeile, auf der Menschen jeden Alters und aus allen Teilen der Stadt sowie viele Gäste Marburgs sieben Stunden gemeinsam gefeiert haben“, freute sich Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Ich habe nur fröhliche Menschen getroffen und in zufriedene Gesichter geblickt.“
Die Besuchszahl habe alle Erwartungen weit übertroffen, zog er am Abend Bilanz. „Die ganze Stadt zusammen bei einem Fest: Die Menschen, die ins unserer Stadt etwas bewegen, das war der wirkliche Höhepunkt von Tischlein-deck-dich“, hob der Oberbürgermeister dabei das „gelungene Miteinander“ das „Zusammenkommen“ als Kern des 800. Stadtgeburtstags hervor.
„Es gibt keinen anderen Ort, an dem man ein Fest in Marburg so feiern kann“, ging auch Marburg800-Kurator und Tischlein-Projektleiter Dr. Richard Laufner auf die Konversion der Stadtautobahn für die große Hauptfeier zum Stadtjubiläum ein. Mit der B3A verbinden viele Marburgerinnen und Marburger „eine ganz spezielle Gefühlslage“, erklärte er.
„Wir haben die Autobahn an diesem Tag den Menschen zurückgegeben, die nicht Auto fahren.“, erläuterte Spies. „Wenn man schnell aus der Stadt herauskommen will, liebt man sie, wenn man in Marburg lebt, zerschneidet die B3 die Stadt“, beschrieb Kurator Laufner die unterschiedlichen Blickweisen auf die Stadtautobahn B3A.
Insofern bedeute das Tischlein auch kleines Stück klimafreundliche Utopie, weil auf dieser Straße den ganzen Tag über Besuchende zu Fuß, per Rad, Roller oder Skates unterwegs waren und fast alle übrigen mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gekommen sind. Staus und Verkehrsprobleme blieben aus.
Dass das tatsächlich gelingen konnte, war ein langer Weg: Gut zwei Jahre nach der ersten Idee für die Jubiläumstafel auf der Stadtautobahn wurden schließlich am Sonntagmorgen um 5 Uhr morgens die Umleitung um Marburg herum eingerichtet und in der Stadt selbst auf der B3A die Sperrbaken aufgestellt. Rund 300 Menschen waren am Festtag selbst im Einsatz, damit „Tischlein-deck-dich“ gelingen konnte.
Eingesetzt waren Beschäftigte der Stadtverwaltung und dem Marburg800-Jubiläumsbüro, aus Ordnungsbehörden, Verkehrssicherung, Polizei, Feuerwehr, Gefahrenabwehr, Security, vom Dienstleistungsbetrieb Marburg (DBM) und von den Stadtwerken Marburg (SWM), Aktive des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), des Technischen Hilfswerks (THW), Leute des Landkreises, Hessen Mobil sowie weiterer Behörden, außerdem ehrenamtliche Helfer*innen sowie Marburger Firmen, die die lange Geburtstagstafel mit den Festzeltgarnituren, die Bühnen, die über 30 Stände der Food- und Infopoints am Morgen auf- und bis spät in die Nacht wieder abbauten, um so die ungewöhnliche Festmeile zu ermöglichen.
Hauptakteurin der Großveranstaltung war die vielfältige Marburger Stadtgesellschaft selbst an den 800 Tischen auf der Festmeile von Höhe Campingplatz bis zum Hauptbahnhof. Wo an normalen Tagen rund 40.000 Autos mit bis zu 100 Stundenkilometern vierspurig über den Flüsterasphalt fahren, gestalteten Menschen aus fast 400 Vereinen, Institutionen, Nachbarschaften, Organisationen, Unternehmen und Freundeskreisen, aus der Innenstadt wie aus den Stadtteilen, aus der Region und aus Partnerstädten für die Besuchenden ein buntes Programm: ob Samba mit dem Ausländerbeirat, Rolli-Parcours, Speedstacking mit Bechern, Fechten auf der Autobahn, Chöre oder Orchester, Öldosenwerfen beim Klimaschutz, Fahrradmitmachaktionen, Clean-up im Trashkostüm, DJ-Loungemusik, Rock-Pop oder Trachtentanz, ob Kinder-Liedermacherin, Herzen aus Schiefer schlagen oder selbst gekelterter Apfelsaft der Streuobstwiese, Wünsche für Marburg, Medizin, Glaube, Gesellschaft, Geschichte, Kletterwand oder Bildung und Kultur vor Ort.
Die angesagten schweren Gewitter über Marburg blieben aus. So sorgten die Menschen aus Marburg und dem Umland für eine bunte Flaniermeile zum 800. Stadtgeburtstag auf der B3A. Damit erfüllte sich das Leitmotiv der Veranstaltung, das Kurator Laufner zuvor mit „Das Publikum ist der Star“ und dem Jubiläumsmotto „Wir sind Marburg800“ beschrieben hatte.
So nutzten die Menschen den Tag auf der Stadtautobahn auch zum Kennenlernen, zum Austausch, Ausruhen und zum Treffen mit gemütlichem Beisammensein in –
im wahrsten Sinn des Wortes – großer Runde. „Einen entspannten Pfingstsonntag und ein gelungenes Miteinander “ hatte Spies schon zur offiziellen Eröffnung allen Gästen des Festtags gewünscht. Zusammen mit Kurator Laufner, Bürgermeisterin Nadine Bernshausen, Stadträtin Kirsten Dinnebier, Stadtverordnetenvorsteherin Elke Neuwohner, Staatssekretär Sören Bartol, dem Landtagsabgeordneten Jan Schalauske sowie Vertreterinnen und Vertretern der Umlandgemeinden gab Spies begleitet vom VfL Blasorchester um 11 Uhr auf der Hauptbühne in Höhe der Alten Universität den Startschuss für „Tischlein-deck-dich“.
Gleich zum Auftakt stimmten die ersten Besucherinnen und Besucher sangesstark in das Lied „Heute feiern wir Geburtstag“ des Chöre Kultur Hauses ein. Eugen Anderer von der Marburger Musikschule dankte –
stellvertretend für die vielen „Tischlein“-Teilnehmenden aus der ganzen Stadtgesellschaft – für die Möglichkeit, „den Tag auf der B3 entschleunigt zu genießen und Marburgs Vielfalt zu zeigen“.
Auf insgesamt sechs Bühnen gab es den ganzen Tag über Programm. Gestaltet wurde es unter anderem von der Musikschule und dem Haus der Chöre, vom Zusammenschluss „Marburger Clubs United“, von Orchestern und Chören, Gruppen der Jubiläumstafel, Bands, dem Landkreis oder dem Klimabündnis, Vereinen und Initiativen.
So lebhaft, musikalisch, informativ und gesellig das Fest zum Flanieren auf der „Tischlein-Spur“ war, so bewegt zeigte sich die „Mobilitäts-Spur“: Schon am Vormittag nutzten viele Menschen die freie Bahn zum Radeln, Inlineskaten oder Rollerfahren. Gegen Mittag waren schon gut 20.000 Akteurinnen und Akteure auf dem Fest.
Mit Eintreffen der Teilnehmenden des „Lahntal-Total“-Sonntags auf der B62 am Nachmittag wuchs die Zahl der „Tischlein“-Gäste auf rund 50.000 Menschen an. „Die Stimmung war außerordentlich positiv und die Intensität der Nutzung auf der Fahrradspur hoch“, bemerkte Spies zum besonderen Datum des 5. Juni 2022. „Das freut uns sehr.“
Am Sonntag (5. Juni) jährte sich der Internationale Umwelttag zugleich zum 50. Mal. Deshalb stand auch das Radfahren beim Stadtgeburtstag auf der B3A mit Attraktionen und Service im Mittelpunkt unter anderem mit mobilem Fahrradmuseum, historischen Rädern und Mitmachaktionen, Codierung der Polizei, Waschanlage und Touren von Vereinen auf die Besuchenden.
An fünf Übergängen – errichtet vom THW – über Leitplanken und Grünstreifen hinweg, wechselten die Gäste rege zwischen „Tischlein“- und „Mobilitätsspur“ hin und her. Mehr Zeit als geschätzt hatten am Morgen angesichts der Einmaligkeit des Ereignisses die Abnahme und Freigabe der Sperren auf der Stadtautobahn in Anspruch genommen. Das hatte Auswirkungen auf den Aufbau, der sich verzögerte.
So tummelten sich zu Beginn schon Gäste auf den Fahrbahnen, während gleichzeitig noch Tische gestellt wurden. „Aber Sicherheit muss vor Schnelligkeit gehen“, erklärte Lagestabsleiterin Werner zur Tatsache, dass schließlich mit Muskelkraft statt Gabelstaplern an der großen Tafel weitergearbeitet werden musste.
An fünf Info-Points boten nach dem Aufbau „Tischlein“-Lagepläne, Marburg800-Programmbücher, Wissenswertes zum Event sowie literweise Desinfektionsmittel. An vier Food-Points gab es Speis und Trank – von der veganen Bowl und Marburg800-Sekt über regionale Burgerkost bis zum Insekten-Topping.
Menschen mit Einschränkungen standen Guides zur Seite. Organisiert hatte das die Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf.
Der gesamte ÖPNV in der Stadt Marburg war am Pfingstsonntag frei, mit Zusatzfahrten durch die Stadtwerke, einem Shuttle-Service vom Messeplatz zur alten Universitätsbibliothek und den weiteren Tischlein-Zugängen. Wegen des Großereignisses „Lahntal Total“ war auch das Bahnfahren zwischen Marburg und Biedenkopf kostenfrei.
„Bewährt für die Sicherheit der gesamten Großveranstaltung hat sich die strategisch günstige Lage des Tischlein-Lagestabs“, erklärte Feuerwehrchefin Carmen Werner. „Hier haben die beteiligten Organisationen und Behörden den ganzen Tag über hervorragend zusammengearbeitet und auf alle Ereignisse schnell reagieren können.“
Die Leiterin der Marburger Feuerwehr war Chefin des Stabs, der das Geschehen auf der aus der Zentrale in der Hauptfeuerwehrwache nur wenige Meter von der Stadtautobahn im Blick hielt. Von dort informierte auch das Marburg800-Jubiläumsbüro fortlaufend über einen Ticker auf seinen Social-Media-Kanälen über aktuelle Meldungen, Verkehrslagen und Gästezahlen.
Nach dem Ende der Großveranstaltung auf der B3A um 18 Uhr begann das Aufräumen, damit die Stadtautobahn am Pfingstmontag um 1 Uhr nachts wieder für den Verkehr freigegeben werden konnte. Wer den Stadtgeburtstag weiter feiern wollte, konnte auf das an der Flussbühne des Hafenfests oder im Erwin-Piscator-Haus (EPH) tun: Dort stieg die After-Show-Party der Marburger Clubs United.

* pm: Stadt Marburg

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