Entwicklungsfreundlich: Aminosäuresynthese leichtgemacht

Eine Chemische Methode soll die Entwicklung medizinischer und industrieller Anwendungen beschleunigen. Damit wird die Aminosäuresynthese leichtgemacht.
Ein neues Herstellungsverfahren für unnatürliche Aminosäuren verspricht, das Design maßgeschneiderter Substanzen für Medizin und Industrie zu erleichtern. Die Methode beruht auf einer neuartigen Verschiebung einer Stickstoffgruppe innerhalb der entstehenden Verbindung, berichtet eine Forschungsgruppe aus der Chemie im Fachblatt „Nature Chemistry“.
Proteine bestehen aus aneinander geketteten Aminosäuren. Will man Proteine an neue Zwecke in Medizin, Biotechnologie und Industrie anpassen, so kann man künstliche Aminosäuren als Kettenglieder einbauen.
„Unnatürliche Aminosäuren werden auch für die Entwicklung von bioaktiven Peptiden gebraucht“, legte der Marburger Chemiker Prof. Dr. Eric Meggers dar, der die Forschungsarbeit leitete. „Ein sehr aktuelles Beispiel ist das antivirale Medikament Paxlovid, welches von Pfizer für die Behandlung von COVID-19-Risikopatienten entwickelt wurde.“
Weltweit suchen Fachleute nach leistungsfähigen Methoden, um den steigenden Bedarf an maßgeschneiderten Aminosäuren zu decken, die in der Natur nicht vorkommen. Meggers und seine Arbeitsgruppe ließen sich von den jüngsten Fortschritten inspirieren, die mit der Stickstoffverbindung „Nitren“ gelungen sind.
Dabei handelt es sich um ein sehr reaktionsfreudiges Molekül: Nitren drängt sich gern in Bindungen zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff, wenn man Übergangsmetalle als Reaktionsbeschleuniger zu Hilfe nimmt.
„Diese Insertion von Nitren ist ein leistungsfähiges Werkzeug, um in organische Moleküle Bindungen zwischen Stickstoff und Kohlenstoff einzuführen“, erläuterte Meggers Doktorand Chen-Xi Ye. Er ist einer der beiden Erstautoren des Fachaufsatzes.
Normalerweise schließt sich bei einer solchen Insertion das entstehende Molekül zu einem Ring. „Wir wollten jedoch Aminosäuren herstellen, die keinen Ring bilden – und haben das mit unserem Verfahren auch geschafft““, berichtete Xiang Shen aus Meggers‘ Arbeitsgruppe, der sich die Erstautorenschaft mit Ye teilt. Das Stickstoffatom wechselt seinen Platz im Molekül, indem es von einem Sauerstoffatom zu einem zentralen Kohlenstoffatom übergeht.
„Unsere neue Methode ist überraschend einfach und unkompliziert“, erklärte Meggers. „Als Ausgangsmaterial verwenden wir reichlich vorhandene und leicht zugängliche Kohlenwasserstoffe, nämlich Carbonsäuren.“ Das Verfahren führe schnell zu einer Vielfalt an Aminosäuren.
„Wir glauben, dass unsere Strategie die Synthese von unnatürlichen Aminosäuren enorm vereinfachen wird“, führte der Chemiker aus; „als Katalysatoren für die Stickstoffumlagerung dienen ungiftige Eisenkomplexe.“
Die Philipps-Universität hat vor Kurzem ein europäisches Patent angemeldet, das auf den Ergebnissen aus Meggers‘ Labor beruht. Meggers leitet eine Arbeitsgruppe auf dem Gebiet der Organischen Chemie an der Philipps-Universität. Im Jahr 2020 sprach ihm der Europäische Forschungsrat „European Research Council“ (ERC) einen „ERC Advanced Grant“ zu, um neuartige Katalysatoren zu entwickeln.
Außerdem beteiligte sich die Biochemikerin Dr. Shuming Chen vom Oberlin College in den USA an der Studie. Neben dem Europäischen Forschungsrat förderten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Oberlin College die wissenschaftliche Arbeit.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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