Die Sommerzeit ist wieder zurück in Marburg. 2022 dauert sie bis Sonntag (30. Okttober).
Mit dem Beginn der Sommerzeit mögen manche die Hoffnung verbinden, dass damit die Corona-Fallzahlen allmählich wieder zurückgehen. Doch verantwortlich für die gefährlich hohen Inzidenzen im Landkreis Marburg-Biedenkopf ist nicht die jeweilige Uhrzeit, sondern vielleicht ein wenig das wetter und vor allem die Unvernunft der Bevölkerung. Vorsicht bleibt also weiterhin geboten, damit nicht allzuviele Menschen an der grassierenden Omikron-Variante AB.2 erkranken.
Nachsicht hingegen müssen die Menschen aufbringen bei der Debatte über die alljährliche Zeitumstellung. Sie dümpelt seit nunmehr vier Jahren ergebnislos vor sich hin, ohne dass die Verantwortlichen sich wirklich Mühe gäben um eine zeitnahe Problemlösung.
Eigentlich hätte 2021 in der Europäischen Union (EU) das letzte Jahr mit Zeitumstellung werden sollen. 2018 hatten sich 4,6 Millionen Europäerinnen und Europäer in einer Online-Abstimmung für die Abschaffung der alljährlichen Zeitumstellung ausgesprochen. Doch bis heute konnten sich die EU-Mitgliedsstaaten nicht darauf einigen, ob die sogenannte
„Mitteleuropäische Sommerzeit“ (MESZ) einfach abgeschafft oder auf das gesamte Jahr ausgedehnt werden soll.
Wenn die EU nicht einmal eine solch einfache Entscheidung hinkriegt wie die Festlegung einer einheitlichen Zeit in Europa, dann offenbart sie damit ihre absolute Unfähigkeit. Inzwischen ist belegt, dass die Zeitumstellung Ende März jedes Jahr die Zahl der Verkehrsunfälle und der Erkrankungen erhöht. Wenn selbst so ein banaler Gesundheitsschutz wie die Abschaffung der schädlichen Zeitumstellung nicht klappt, wie sollten die Menschen in Europa dann auf die EU-Bürokraten bei wichtigeren Fragen wie dem Klimaschutz oder der Friedenspolitik vertrauen?
Tröstlich ist lediglich, dass die Stadt Marburg bei solchen Fragen wesentlich mehr Problemlösungskompetenz beweist als die schwerfällige EU. Wie sie mit der Corona-Pandemie umgegangen ist und wie sie jetzt mit den Geflüchteten aus der Ukraine umgeht, das ist durchaus lobenswert. Wünschenswert wäre indes, wenn auch die Eurokraten in Brüssel und die Regierenden der Mitgliedsländer im EU-Rat den Menschen einen Anreiz böten, gerne Bürgerinnen und Bürger der EU sein zu wollen.
* Franz-Josef Hanke