Sicher und selbständig zur Schule kommen wollen die meisten Schülerinnen und Schüler. Bei einem Stadtspaziergang im Umfeld der Martin-Luther-Schule zeigten sie, was es dazu braucht.
Wie können Schülerinnen und Schüler sicherer, nachhaltiger und umweltfreundlicher zur Schule gelangen? Die Stadt Marburg und vier Marburger Schulen machen sich gemeinsam auf den Weg, um den Schulweg besser zu gestalten – und so auch Alternativen zum Elterntaxi zu stärken. Gefördert wird die Initiative von Stadt und Schule durch das Landesprogramm „Besser zur Schule“.
Eine Gruppe steht in der Sonne vor der Martin-Luther-Schule (MLS). Schülerinnen und Schüler zeigen auf die Straße und den Gehweg. Sie erklären, wie voll es morgens vor der Schule ist, wenn alle zeitgleich zur Schule kommen und berichten dem Lehrpersonal, Eltern und Beschäftigten der Stadtverwaltung, wo es dann schonmal besonders eng werden kann – oder wo sie sich unterwegs unsicher fühlen.
„Wir arbeiten in Marburg daran, die Sicherheit auf dem Schulweg immer weiter zu verbessern“, erklärte Stadträtin Kirsten Dinnebier. Dazu seien bauliche Veränderungen und auch Änderungen in den Gewohnheiten der Verkehrsteilnehmenden notwendig. Deswegen schauen die Fachleute der Stadtverwaltung gemeinsam mit den Schulgemeinden, was es für sichere Schulwege braucht.
„Ich freue mich, dass sich drei Schulen mit uns über das Landesprogramm Besser zur Schule auf diesen Weg machen“, sagte die Stadträtin. Die Martin-Luther-Schule, die Adolf-Reichwein-Schule, das Gymnasium Philippinum und die Kaufmännischen Schulen sind dabei – und erarbeiten mit der Verwaltung, der Gesellschaft für integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain (ivm GmbH) und der Sweco GmbH einen Schulmobilitätsplan. In einem Prozess mit allen Beteiligten sollen gemeinsam individuelle Lösungen für die Verkehrssituation im jeweiligen Schulumfeld entwickelt werden.
Dazu gehört im ersten Schritt, dass denjenigen zugehört wird, die den Schulweg auch jeden Tag gehen oder fahren. Deswegen haben am ersten gemeinsamen Termin die Schülerinnen und Schüler das Wort – sie gehen mit der Gruppe einmal die Schulwege um die MLS ab und zeigen, wo sie sich unsicher fühlen, wo sie sich Änderungen wünschen.
„Es folgen dann weitere Termine, in denen wir Ideen zur Lösung der Probleme besprechen und Maßnahmen entwickeln, die im Herbst vorgestellt werden sollen“, erklärte Verkehrsplanerin Michelle Ries von Sewco. Neben Maßnahmen an einzelnen Schulen werden auf anderer Ebene auch Konzepte für die regionale Schulmobilität entwickelt.
Vor Ort haben die Schülerinnen und Schüler direkt vorm Haupteingang der Schule ein allmorgendliches Problem: Dort treffen alle zusammen. Dabei ist egal, ob sie mit dem Elterntaxi gebracht werden, mit dem Fahrrad kommen oder zu Fuß.
Der Fahrradständer ist neben dem Haupteingang in der Savignystraße – weil zu viele Elterntaxis auf der Straße fahren, ist es vielen Schülerinnen und Schülern mit dem Rad auf der Straße zu eng und sie weichen auf den schmalen Gehweg zwischen Schule und parkenden Autos aus, wo wiederum viele Schüler*innen unterwegs sind.
Wertfrei durften die Schülerinnen und Schüler Wünsche äußern. Dazu zählen etwa ein kleiner Fahrradweg, auf dem dann niemand steht, weniger Parkplätze oder dass die Elterntaxis nicht im Bereich der Schule fahren, sondern etwa schon am Erlenring halten.
Weitere Wünsche im Schulumfeld waren ein Fußgängerüberweg in der Uferstraße, der näher an der Schule ist, optische Veränderungen an der Fahrbahn, eine deutlichere Linienführung für Radfahrende im Bereich der Rampe des Mensastegs und eine größere Insel auf der Biegenstraße. diese Verkehrsinsel nutzen Schüler*innen nach Schulschluss zur Querung der Straße sehr häufig, um ihren Bus noch zu erreichen.
Immer wieder war die Feststellung von den Beteiligten zu hören, dass Elterntaxis viele Probleme verursachen. „Da muss ein Umdenken her; und man muss sich auch persönlich umstellen“, erklärte ein teilnehmender Vater. „Wenn ich meinen Sohn zur Schule fahre, dann setze ich ihn am Erlenring ab. Ich behindere den Verkehr dort nicht – und mein Sohn kann mal 200 Meter laufen, das klappt auch mit Instrumentenkoffer.“
Schuldezernentin Dinnebier ergänzte: „Während der Sperrung der Weidenhäuser Brücke war die Situation in der Uferstraße deutlich besser – denn da haben viele Eltern ihre Schüler im Bereich Erlenring aussteigen lassen.“
Dabei sind laut Michael Hagenbring vom städtischen Fachdienst Straßenverkehrn vor allem die Schülerinnen und Schüler gefragt: „Eine Veränderung wird es nur geben, wenn die Schüler*innen selbst ihren Eltern sagen, dass sie nicht mehr bis vor die Schule gefahren werden wollen. Wir als Behörde sprechen immer wieder an, dass Eltern ihre Kinder nicht direkt bis vor die Schule fahren sollen – aber stoßen auf wenig Akzeptanz.“
Ein wichtiges Thema im Schulmobilitätsplan sei dementsprechend das Thema Kommunikation. Die gesammelten Ideen werden nun in weiteren Treffen und Workshops vertieft, damit im Herbst der Schulmobilitätsplan stehen kann. Dabei werden Analyseergebnisse vorgestellt und daraus Handlungsfelder abgeleitet.
In einem Workshop werden dann daraus Maßnahmen konkretisiert. Zum Schluss soll dann ein Plan stehen, der Maßnahmen und Zuständigkeiten zusammenfasst.
Parallel laufen die Treffen auch an den beiden weiteren Schulstandorten, die zusammen mit der Stadt an dem Landesprogramm teilnehmen. Ziel ist es, den Verkehr zur Schule sicherer, nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Die Schüler*innen sollen selbstbewusst und selbstständig verschiedene Mobilitätsoptionen nutzen können – so werden auch Alternativen zum Hol- und Bringverkehr im Elternauto gestärkt.
Das Beratungs- und Qualifizierungsprogramm „Besser zur Schule“ des Fachzentrums Schulisches Mobilitätsmanagement für das Land Hessen ist dafür ein zentrales Angebot. Dabei werden gemeinsam mit Hilfe der teilnehmenden Schulen, Schulträgern, Kommunen und weiteren relevanten Akteuren sogenannte „Schulmobilitätspläne“ als ganzheitliches Mobilitätskonzept entwickelt und umgesetzt. Sie bündeln alle mit Verkehr und Mobilität zusammenhängenden Aktivitäten, Zuständigkeiten und Prozesse für einen Schulstandort und auch darüber hinaus.
Im Ergebnis dienen sie der langfristigen Verankerung von abgestimmten und realistisch umsetzbaren Maßnahmen. Erste Maßnahmen können bereits im Laufe des Programms umgesetzt werden. Darüber hinaus werden mit den erhobenen Analyseergebnissen wichtige Grundlagen für die Erstellung eines Schulwegeplans ermittelt und festgehalten.
* pm: Stadt Marburg