Eine Stunde länger schlafen können die Menschen in der Nacht von Samstag (30. Oktober) auf Sonntag (31. Oktober). In dieser Nacht wird von „Sommerzeit“ auf „Winterzeit“ umgestellt.
Eigentlich hatte die Europäische Union (EU) die Zeitumstellung ja längst abschaffen wollen, doch die Länder konnten sich wieder mal nicht einigen. Einige plädieren für eine ganzjährige „Sommerzeit“, andere für die reguläre „Mitteleuropäische Zeit“ (MEZ). Abhängig ist das vor allem von der Lage der jeweiligen Länder innerhalb von Europa.
Je weiter ein Land im Osten liegt, desto später wird es dort morgens hell und abends dunkel. Im Westen wiederum erwacht der Tag früher und geht dann auch früher zur Neige. Für Marburg und seine französische Partnerstadt Poitiers wäre eine ganzjährige „Sommerzeit“ also praktischer als für Marburgs rumänische Partnerstadt Sibiu.
Doch die EU möchte an einer gemeinsamen Zeitzone festhalten. Das ist durchaus sinnvoll.
Weniger Sinn ergibt jedoch die alljährliche Zeitumstellung Ende März und Ende Oktober. Inzwischen ist ziemlich deutlich erwiesen, dass sie für mehr Unfälle und Krankheiten verantwortlich ist, aber kaum irgendwelche positiven Effekte auf den Stromverbrauch und den Energiehaushalt hat. Dennoch hängt die geplante Abschaffung der Zeitumstellung immer noch in der Luft.
Die Stagnation bei der Diskussion der EU über die gemeinsame Uhrzeit ist Ausdruck einer Stagnation ihrer Entwicklung insgesamt. Obwohl sie keine Zeit hat, lässt sie sich doch alle Zeit, notwendige Entscheidungen beim Ausbau der Demokratie und beim Klimaschutz voranzubringen.
Die Universitätsstadt Marburg ist da glücklicherweise anders aufgestellt. Dank der „jungen“ Bevölkerung geht es hier zügig voran bei Klimaschutz und Demokratie, beim Umgang mit Geflüchteten und der kritischen Auseinandersetzung mit Rassismus. Bei alledem ist auch Marburg ein vielfältiger „Meltingpott“ unterschiedlichster Herkünfte und Kulturen weit über Europa hinaus.
Manchmal möchten sich Marburgerinnen und Marburger wünschen, die akademische Offenheit und der Forschungsgeist der mittelhessischen Universitätsstadt wehte auch in Brüssel und allen anderen europäischen Metropolen. doch können sie selber beim Blick ins eigene Hinterland und die ländliche Region im Norden und Osten erkennen, dass die urbane Fortschrittlichkeit durchaus beschränkt ist. Darum sollte die Bevölkerung Marburgs vielleicht damit beginnen, sich für eine bessere Vernetzung mit dem Umland und mehr dezentrale Entscheidungsstrukturen einzusetzen, bevor die Uhren dort vielleicht irgendwann ins finsterste Mittelalter zurückgedreht werden.
* Franz-Josef Hanke