Vier mittelhessische Kommunen wollen den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken. Gemeinsam bieten sie deshalb eine unabhängige Beratung für Diskriminierungsopfer an.
Den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken möchten vier mittelhessische Kommunen mit einem gemeinsamen Projekt in Zusammenarbeit mit dem Verein „Antidiskriminierung Mittelhessen“ erreichen. Gemeinsam möchten sie eine mobile Beratungsstelle für Mittelhessen aufbauen. Geplant sind zunächst Beratungsangebote in Marburg und Gießen.
Mit Erhalt des Förderbescheids vom Land Hessen beginnt nun der Aufbau der Beratungsstelle. Sie soll schnellstmöglich an den Start gehen.
„Diskriminierung grenzt Einzelne oder Gruppen wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Merkmale aus und spaltet die Gesellschaft“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.Dem möchten die Stadt Marburg, die Stadt Gießen, der Landkreis Marburg-Biedenkopf und der Landkreis Gießen mit dem Aufbau einer mobilen Beratungsstelle für Mittelhessen begegnen. Die Stelle soll nicht nur Betroffene von Diskriminierung unabhängig beraten und begleiten. Sie soll auch aufklären, benachteiligende Strukturen sichtbar machen und Prävention betreiben.
Im Blickfeld der neuen Beratungsstelle stehen alle Dimensionen von Diskriminierungen auch über die im Allgemeinen Gleichheitsgesetz (AGG) genannten Merkmale hinaus. „Damit reagieren wir auf den steigenden Bedarf einer horizontal und mehrdimensional ausgerichteten Antidiskriminierungsarbeit“,erläuterte Spies. „Der Bedarf wird nicht nur in verschiedenen Fachdiensten der Kommunen deutlich; er manifestiert sich auch in den zivilgesellschaftlichen Organisationen von Betroffenen.“
Die Gießener Landrätin Anita Schneider freute sich, „dass der Anstoß des Ausländerbeirates Landkreis Gießen zu diesem Beratungsangebot in Gießen und Marburg führte. Dies ist ein wichtiges Angebot mit Blick auf die Berichte der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Danach werden immer mehr Diskriminierungen gemeldet. Menschen werden vor allem aus rassistischen Motiven immer häufiger benachteiligt. Zudem ist es aus meiner Sicht gut, dass nicht die Kommunen Träger dieser mobilen Beratungsstelle sind, da es auch einen objektiven Blick auf die Verwaltungen braucht.“
Der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow ergänzte: „Diskriminierung betrifft alle, ob Alt oder Jung, ob in der Stadt oder auf dem Land. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der Diskriminierung kein Thema sein muss. Deswegen ist neben der Beratungsarbeit auch die Prävention und das Sensibilisieren für bewusste oder auch unbewusste Diskriminierungen, die für die betroffenen Menschen schwer und dauerhaft belastend sein kann, ein wichtiges Anliegen.“
Die Gießener Stadträtin Astrid Eibelshäuser fügte hinzu: „Für uns ist wichtig, Menschen, die Diskriminierung erleben, eine qualifizierte Begleitung in der Region anzubieten und sie bei der Verarbeitung ihrer Erfahrungen und der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Mit all diesen Akteurinnen und Akteuren wollen der Verein „Antidiskriminierung Mittelhessen“ (ADM) und die neue Beratungsstelle eng zusammenarbeiten.
„Wir wollen nicht in Konkurrenz zu bisherigen Akteur*innen in diesem Feld treten“, , betonte die stellvertretende ADM-Vorsitzende Dr. Antje van Elsbergen. „Wir wollen eine Ergänzung bieten, die nach dem horizontalen Ansatz alle Diskriminierungsmerkmale im Blick hat, um Betroffenen die bestmögliche Beratung und Begleitung anbieten zu können.“
Auch mit der Antidiskriminierungsberatung des Landes Hessen ADiBe, die bisher in Frankfurt und Kassel angeboten wurde und nun auch im Regierungsbezirk Gießen aufgebaut werden soll, wird eine enge Kooperation angestrebt. Erste Gespräche dazu wurden bereits geführt.
Finanziert wird die Stelle aus Eigenmitteln der beteiligten Landkreise Gießen und Marburg-Biedenkopf, der Universitätsstädte Gießen und Marburg sowie durch eine Förderung des Landes Hessen aus Mitteln der „Interkommunalen Zusammenarbeit“. Der Verein ADM übernimmt den Aufbau und Betrieb der Beratungsstelle. Unterstützt wird er dabei von einem starken Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen, die Mitglied im Verein sind oder sich im Antidiskriminierungsnetzwerk ADiNet Mittelhessen engagieren.
Das Land Hessen fördert die Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) von Kommen für gemeinsame Projekte. Damit sollen die Zusammenarbeit der Kommunen ausgebaut, ihre Dienstleistungen verbessert und auch Finanzmittel durch Synergieeffekte eingespart werden. Die Höhe der Förderung ist abhängig von der Anzahl der kooperierenden Kommunen.
Die Mittel kommen aus dem kommunalen Finanzausgleich und werden im Finanzministerium verwaltet. Den Aufbau und Betrieb der Antidiskriminierungsberatung in Mittelhessen fördert das Land mit 100.000 Euro in fünf Jahren.
Die vier beteiligten Kommunen hatten eine Kooperationsvereinbarung zum Umsetzung des Projekts abgeschlossen. Der Antrag auf Fördermittel wurde federführend von der Universitätsstadt Marburg gestellt, die dann auch den Verein ADM mit der Umsetzung des Projekts beauftragt hat.
Der Verein ADM wurde im Juni 2019 gegründet, Mitglieder sind die Landkreise Gießen und Marburg-Biedenkopf, die Universitätsstädte Gießen und Marburg, Vereine und Organisationen der Zivilgesellschaft, von Diskriminierung betroffene Gruppen sowie Einzelpersonen. Ein starker Impuls zur Gründung ging vom Ausländerbeirat des Landkreises Gießen und weiteren Ausländerbeiräten der Region aus.
Derzeit hat der Verein 36 Mitglieder. Im Vorstand dominiert die Zivilgesellschaft, die Kommunen sind dort mit Beisitzer*innen vertreten.
Das Antidiskriminierungsnetzwerk AdiNet Mittelhessen wird getragen vom Landkreis Gießen, der Vorstand von ADM fungiert als Lenkungsgruppe. Das Projekt will durch Vernetzung von Akteur*innen der Region ein starkes Bündnis gegen alle Formen der Diskriminierung aufbauen.
Gemeinsam wollen die Netzwerkpartner*innen ihre Erfahrungen und Ressourcen einsetzen, um Diskriminierung sichtbarer zu machen und zu bekämpfen. Das geschieht zum Beispiel durch gemeinsame Veranstaltungen, Kampagnen, Empowerment-Workshops und einen monatlich erscheinenden Newsletter. Das AdiNet wird gefördert durch die Antidiskriminierungsstelle des Landes Hessen beim Ministerium für Soziales und Integration (HMSI).
* pm: Stadt Marburg