Manche Menschen haben echt einen Knall. Alle Jahre wieder praktizieren sie ein archaisches Ritual und erschrecken andere damit.
Mit lautem Krachen und Zischen treiben diese zurückgebliebenen Zeitgenossen die bösen Geister aus. Diese üblen Gruselgestalten sollen sich vor lauter Angst am besten gleich verziehen. Dann kann das Neue Jahr ja ohne Sorge beginnen.
Das Feuerwerk zu Silvester geht auf uralte Riten zurück. Sie sind älter als das Christentum und offenbar tief verwurzelt in der sogenannten Volksseele. Zugleich bedienen sie sich aber auch überaus moderner Entwicklungen.
Immer ausgefeilter wird die Technik der Feuerwerkskörper. Immer teurer werden die Raketen, die da mit lautem Knallen und Zischen in den Himmel steigen und dort in bunten Farben leuchtend verglühen. Zwischen 100 und 150 Millionen Euro lassen sich die Deutschen ihre Böller jedes Jahr kosten.
In einer einzigen Nacht jagen sie mit den Raketen rund 4.500 Tonnen Feinstaub in die Atmosphäre. Das ist ein Viertel der Menge, die der Straßenverkehr im gesamten Jahr verursacht. Die Debatte um Fahrverbote wird zur Makulatur, wenn es in der Silvesternacht weiterhin so ungezügelt stinkt, staubt, zischt und kracht.
Angesichts von Armut und Hunger sowie vieler drängender Probleme, zu deren Lösung es an Geld mangelt, wird es höchste Zeit, über die Böllerei zur Jahreswende kritisch nachzudenken. Vielleicht wäre ja ein Höhenfeuerwerk vom Schloss und dem Kaiser-Wilhelm-Turm oder auf zentralen Plätzen in den Stadtteilen ausreichend, um den Menschen das Gefühl eines gelungenen Übergangs vom alten ins neue Jahr zu vermitteln.
Seit einigen Jahren bereits ist die Böllerei in der Oberstadt verboten. Ein flächendeckendes Verbot könnte der nächste Schritt zu einem verantwortungsvollen Umgang künftig mit den Mitmenschen, mit Tieren und Umwelt werden. Dafür müsste man dann nur noch die Hersteller von Feuerwerkskörpern in die Pflicht nehmen, ihre Gewinne lieber mit gesellschaftlich sinnvolleren Geschäften zu erzielen.
* Franz-Josef Hanke