Der 1. Marburger Selbsthilfetag fand am Samstag (1. April) unter dem Motto „Selbsthilfe im Wandel“ statt. Es gab 21 Infostände, eine Lesung und eine kontroverse Podiumsdiskussion.
Bereits von Weitem lud die mehrere Meter große elektronische Werbetafel vor der Marburger Stadthalle zum 1. Marburger Selbsthilfetag ein. Über vier Wochen lang wurde er dort mehrmals pro Minute angekündigt.
Vor dem Gebäude standen am Samstag außerdem Schilder mit neonfarbenen Pfeilen, die Passanten in das Innere des Erwin-Piscator-Hauses leiteten. Mehr als 200 Besucher informierten sich an diesem Tag bei 20 Selbsthilfegruppen an bunt dekorierten Infoständen über Krankheit und Gesundheit, die regelmäßigen Treffen und weitere Aktivitäten.
Schon vor dem offiziellen Start um 13 Uhr zog manch Wissbegieriger durch die Stadthalle. Auch die Stuhlreihen vor dem Podium füllten sich bereits 30 Minuten vor Beginn der Diskussion über Selbsthilfe.
„Wozu Selbsthilfe? Was kann Selbsthilfe? Was braucht Selbsthilfe?“ Das waren die drei großen Fragen des Nachmittags.
Auf dem Podium saßen Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, Diplom-Soziologin Petra Hilgenbrink von der Selbsthilfekontaktstelle, Iris Demel vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Hessen, Mireille Henne vom Verein zur Förderung der Integration Behinderter (fib) und Prof. Dr. Eckhard Rohrmann von der Philipps-Universität.
Als die Diskussion auch für Besucherfragen geöffnet wurde, konzentrierte sie sich schnell auf die Fragen: „Warum bekommt Selbsthilfe nicht die finanzielle Förderung, die sie braucht? Warum ist nur eine Projektförderung, aber keine Grundfinanzierung durch Krankenkassen möglich? Warum stellt die Stadt nicht mehr Geld zur Verfügung?“
Neben den Podiumsgästen beteiligten sich auch Ärzte und Psychotherapeuten, Vertreter von Krankenkassen und anderen Selbsthilfegruppen an der Diskussion. Am Ende waren sich zumindest die Podiumsgäste einig. Sie wollen eine Initiative starten, um Selbsthilfe finanziell stärker zu unterstützen.
Nach der anstrengenden, aber wichtigen und ergebnisreichen Diskussion sorgten Bernd Mann und Christian Kenk für den humorvollen Ausgleich. Sie stellten ihr Buch „Schwer behindert, leicht bekloppt“ vor und erzählten von ihren gemeinsamen Erlebnissen.
Christian Kenk ist an generalisierter Dystonie erkrankt. Er kämpft mit Verspannungen und Verkrümmungen am ganzen Körper sowie mit Zuckungen und Sprachschwierigkeiten.
Bernd Mann ist nicht nur sein Pfleger, sondern auch sein bester Freund. Sie waren extra aus Karlsruhe angereist, um den Selbsthilfetag mit ihrem kulturellen Programm zu unterstützen.
Organisiert durch die Selbsthilfekontaktstelle und den Verein Arbeit und Bildung, sowie finanziert durch die Stadt läuft seit Januar eine Kampagne, um das Thema Selbsthilfe in der Region bekannter zu machen. Der Hauptteil der Kampagne bestand aus Pressearbeit.
Rund 40 Artikel erschienen von Januar bis April in lokalen Zeitungen. Der 1. Marburger Selbsthilfetag bildete den Abschluss der Kampagne und den Anfang gemeinsamer Bemühungen um mehr finanzielle Sicherheit von Selbsthilfegruppen.
*pm: Saskia Rößner