Rohrkrepierer: Krach um Kanone mit Knoten auf Karnevalswagen

Ein Karnevalswagen aus Niederwalgern sorgt für Ärger. Die darauf dargestellte Kanone darf nicht beim Marburger Rosenmontagszug mitfahren.
Dabei hatte der Karnevalsclub Niederwalgern mit seinem Wagen ein Zeichen für Frieden setzen wollen. Sein Motto sei der alte Spruch „Make Love, not War“ gewesen.
Angelehnt hatte der Club die Idee für seinen Festwagen an die Skulptur „Non Violence“ des schwedischen Künstlers Carl Fredrik Reuterswärd. Sie zeigt eine Pistole, deren Lauf verknotet ist. Den Niederwalgerner Wagen schmückte ein verknotetes Kanonenrohr.
Das fand Präsident Markus Braun vom Festausschuss Marburger Karneval jedoch zu militaristisch. Die aufgemalte Friedenstaube erinnerte ihn vielmehr an einen weißen Adler mit Stahlhelm.
Zudem hatte das Regierungspräsidium Gießen den Festausschuss vor einer erhöhten Anschlagsgefahr gewarnt. Angesichts dessen wollten die Marburger Karnevalisten lieber keinen militaristisch anmutenden Festwagen im Zug haben.
Schließlich einigten sie sich mit ihren Niederwalgerner Mitstreitern auf einen Kompromiss: Der Wagen wurde „entschärft“ und die Kanone entfernt. In eifriger Fleißarbeit wurde der Motivwagen zudem in letzter Minute noch bunter und fröhlicher gestaltet.
Stefan Oberhansl vom Niederwalgerner Karnevalsclub ist damit jedoch nicht ganz glücklich. Das Verbot „kriegsähnlicher“ Motivwagen beim Rosenmontagszug betrachtet er als Eingriff in die Meinungsfreiheit der Narren: „Dann verbieten sie nächstes Jahr auch die Spielzeugpistolen für Kinder; und irgendwann sind die Röcke der Funkenmariechen dann auch zu kurz.“
Die Marburger Auseinandersetzung zeigt, dass Karneval in der mittelhessischen Universitätsstadt weit weg ist von rheinischem Humor und karnevalistischer Tradition. Zuhauf fahren in Mainz, Köln und Düsseldorf Gulasch- und Kamellekanonen in den Umzügen mit Und was sind die Garden anderes als die Verhöhnung des Militärs und seiner säbelrasselnden Exerziererei? *

Franz-Josef Hanke