Für ein gutes Klima beim Denkmalschutz engagiert sich Carsten Fehr von der Denkmalagentur Marburg-Biedenkopf. Beim „Klimadialog“ des Kreises sprach er über den vermeintlichen Widerspruch von Klimaschutz und Denkmalpflege.
Klimaschutz und Denkmalpflege sind kein Widerspruch, sondern ergänzen sich gut: So lautet das Fazit des Experten Carsten Fehr von der Denkmalagentur Marburg-Biedenkopf beim jüngsten Klima-Dialog des Landkreises. Häufig hätten Eigentümerinnen und Eigentümer von Denkmälern viel mehr Möglichkeiten, etwas fürs Klima zu tun und dabei gleichzeitig selbst zu sparen, als ihnen zunächst bewusst sei. Das gelte beispielsweise beim Energieverbrauch. Hier lohne zum Beispiel eine Beratung durch die Denkmalagentur des Kreises.
„Es gibt viele Menschen, die in denkmalgeschützten Häusern wohnen und gerne etwas im Bereich Klimaschutz tun möchten – aber häufig von dem vermeintlich steinigen Weg abgehalten werden“, berichtete Fehr. Häufig gebe es beispielsweise die Auffassung, dass Maßnahmen für den Klimaschutz bei Denkmälern durch Auflagen viel komplizierter seien als in nicht denkmalgeschützten Gebäuden. Tatsächlich gebe es in den meisten Fällen aber viel mehr Handlungsmöglichkeiten als zunächst gedacht. Das gelte, zumal die Notwendigkeit für mehr Klimaschutz längst gegeben sei –
schließlich werde die Erde immer wärmer, mahnte Fehr. „Es gibt in diesem Zuge viele Stimmen, man sollte neue Bauprojekte deutlich reduzieren oder sogar verbieten“, erläuterte Fehr.
Das läge auch daran, das mit zum Stand Mai 2022 rund 1,5 Millionen Wohnungen in Deutschland leer stünden. „Es gibt also eher ein Leerstandsproblem statt einen grundsätzlichen Mangel an Wohnungen“, stellte Fehr fest. Deshalb seien nicht mehr Neubauten, sondern Sanierungen nötig, um die alten Gebäude fit für die Zukunft zu machen. Genau da spiele auch der Klimaschutz in der Denkmalpflege mit hinein.
Der Anteil der Denkmäler am gesamten Gebäudebestand in Deutschland sei mit zwei bis drei Prozent – Stand 2021 – zwar relativ gering, in absoluten Zahlen seien das etwa 650.000 denkmalgeschützte Gebäude. Die Lebensdauer historischer Gebäude sei mit bis zu 750 Jahren jedoch „enorm“ – deshalb lohne es sich auch, darin zu investieren. Zudem stecke dort häufig viel „goldene Energie“ – also besondere künstlerische, handwerkliche Schaffenskraft.
Doch welche Kriterien muss ein Einzelgebäude erfüllen, um als sogenanntes „Kulturdenkmal“ zu gelten? Laut dem Hessischen Denkmalschutzgesetz ist das der Fall, wenn an seinem Erhalt aus künstlerischen, wissenschaftlichen, technischen, geschichtlichen oder städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Dabei muss mindestens eines der genannten Kriterien erfüllt sein. Auch ganze Anlagen aus mehreren Gebäuden können denkmalgeschützte Gesamtanlagen sein. Dann gilt der Denkmalschutz für die gesamte Anlage, im Wesentlichen für die äußere Erscheinungsform.
Es braucht eine „nachhaltige Denkmalpflege“, forderte Fehr. Denkmäler binden durch die bei ihnen verwendeten, natürlichen Baustoffe wie Holz und Lehm häufig mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) als zum Beispiel Betonbauten, erklärte er. Zudem seien die Materialabfälle bei Sanierungen im Vergleich zu Neubauten deutlich geringer.
Umbauten und Umnutzungen bei denkmalgeschützten Gebäuden seien ebenfalls möglich: so könne aus einer alte Scheune beispielsweise Wohnraum werden. Wichtig sei letztlich eine „nachhaltige Denkmalpflege“, um dem Klima etwas Gutes zu tun.
Also gelte beispielsweise auch in denkmalgeschützten Gebäuden lieber reparieren statt austauschen, ein pfleglicher Umgang und denkmalgerechte Nutzungskonzepte sowie die Verwendung qualitativ hochwertiger Baustoffe. Entscheidende Punkte seien zudem eine gute Dämmung und nachhaltige Heizung, etwa mittels Wärmepumpe. Wichtig sei es, von Öl, Gas und fossilen Brennstoffen weg zu kommen.
Auch für Photovoltaikanlagen sprach sich Fehr aus, wo sie möglich sind. Eine Handreichung des Landesamtes für Denkmalpflege unter dem Titel „Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden“ findet sich online auf denkmal.hessen.de/.
Planerinnen und Planern legte Fehr nahe, noch etwas flexibler bei der Auslegung von Normen zu sein – das gebe der Denkmalschutz nämlich häufig her. Die Frage der Kosten sei immer eine Einzelfallbetrachtung, betonte der Experte.
Ihm sei bewusst, dass es bei Eigentümerinnen und Eigentümern häufig die Vorstellung gebe, dass Klimaschutzmaßnahmen in Denkmälern besonders teuer seien. „Tatsächlich kann ich das pauschal aber nicht unterschreiben“, erklärte Fehr. Vielmehr sei das immer eine Einzelfallbeurteilung. Denn die Gebäude und ihre Größe, Lage sowie Bedarfe seien einfach zu unterschiedlich.
Entscheidend sei auch, auf die vielfältigen Fördermöglichkeiten zu setzen. Neben dem Landkreis Marburg-Biedenkopf biete zum Beispiel auch das Hessische Landesamt für Denkmalpflege ein Förderprogramm an. Die Inanspruchnahme mehrerer Förderprogramme sei grundsätzlich ebenfalls möglich, sofern einzelne Maßnahmen damit nicht doppelt gefördert werden, erklärte Fehr.
Seine Empfehlung lautete: „Vor Sanierungsvorhaben in Denkmälern immer fachlichen Rat hinzuziehen, und das möglichst früh! Bitte nicht erst im Genehmigungsverfahren, denn dann ist es häufig zu spät“, sagte der Experte von der Denkmalagentur des Kreises. Auch er selbst stehe für solche Beratungen – auch zu möglichen Fördermitteln – zur Verfügung.
Carsten Fehr ist per E-Mail an FehrC@marburg-biedenkopf.de für Rückfragen und Terminvereinbarungen erreichbar. Weitere Informationen gibt es auch auf www.marburg-biedenkopf.de. Das Bestreben der Denkmalagentur ist, vergessene oder unterschätzte Denkmäler zu neuem Glanz und neuer Akzeptanz zu bringen. Sie ist in ihrer Form hessenweit einzigartig.
* pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf