Vorgehen gegen Schwachstellen: Studie zu Grenzflächen organischer Elektronik

Eine neue Studie beleuchtet das Innenleben an den Grenzflächen organischer Elektronik. Sie hat versteckte Schwachstellen in organischen Transistoren entlarvt.
Ein Forschungsteam der Philipps-Universität Marburg hat gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Festkörperphysik in Stuttgart nachgewiesen, dass bestimmte Oberflächenfehler – sogenannte „Fallenzustände“ – den Stromtransport in organischen Transistoren (OFETs) viel stärker beeinflussen als bisher gedacht. Im Mittelpunkt steht dabei eine spezielle Behandlung der Grenzfläche zwischen dem Isolator und dem organischen Halbleiter. Transistoren ohne die sonst üblichen Hydroxylgruppen auf der Isolator-Oberfläche zeigten deutlich bessere Transporteigenschaften – sowohl bei Elektronen als auch bei Löchern.
Das überrascht, denn bisher ging man davon aus, dass vor allem der Elektronentransport gestört wird. Durch die Herstellung und Vermessungen von organischen Transistoren im Hochvakuum bei unterschiedlichen Temperaturen konnten die Forscher erstmals genau zeigen, wie diese Fallenzustände die Leistung beeinträchtigen. Das ist ein bislang unbeachteter, aber entscheidender Faktor für die Funktionstüchtigkeit organischer Elektronik. Die Forschungsgruppe um Erstautor Yurii Radiev und Laborleiter Prof. Dr. Gregor Witte berichten über ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Advanced Materials“.
Organische Halbleiter gelten als vielversprechend für eine neue Generation flexibler und kostengünstiger Elektronik, da sie auf Plastikfolien gedruckt werden können – ähnlich wie ein Farbbild. Doch bisher war schwer zu verstehen, warum manche Transistoren gut funktionieren und andere nicht. „Ein Grund ist, dass viele Messungen unter Normalbedingungen gemacht wurden, bei denen Luftfeuchtigkeit oder Sauerstoff die empfindlichen Materialien beeinflussen“, erläuterte Gregor Witte.
Die neue Studie zeigt, dass nicht nur die chemische Zusammensetzung der Halbleiter entscheidend ist, sondern vor allem die Sauberkeit und Passivierung der Grenz­flächen. Das sind die Kontaktbereiche zwischen den verschiedenen Schichten. Diese Erkenntnis stellt bisherige Annahmen über den Einfluss von Fallenzuständen infrage und bringt ein klareres Bild vom Innenleben dieser organischen Bauelemente.
Langfristig könnte die Forschung helfen, OFETs leistungsfähiger und zuverlässiger zu machen – etwa für flexible Displays, Sensoren oder tragbare Elektronik. Besonders wichtig ist dabei, dass die Erkenntnisse nicht nur an Modellsystemen gewonnen wurden, sondern bereits an echten, funktionierenden Bauelementen. Durch die Kombination moderner physikalischer Methoden zur Strukturuntersuchung wie Röntgenbeugung oder Rasterkraftmikroskopie und Messung elektrischer Transistor-Kennlinien im Hochvakuum lässt sich künftig gezielter untersuchen, wie Materialien und Grenzflächen verbessert werden können. „Für die Weiterentwicklung der organischen Elektronik ist das ein wichtiger Schritt – denn nur mit tiefem Verständnis lassen sich neue Technologien auch effizient und zuverlässig in die Anwendung bringen“, erläuterte Erstautor Yurii Radiev.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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