Zukunftsweisende Veranstaltung: Best-Practice-Beispiele zur Innenstadtbelebung

Eine zweitägige Kommunalkonferenz befasste sich im Lokschuppen mit der Zukunft der Innenstädte. Best-Practice-Beispiele zeigen, wie es geht.
„Wie geht Zukunft Stadt – Resilient, Digital und Klimaneutral?“ Dieser Frage sind die Universitätsstadt Marburg und der „German Council of Shopping Places“ auf der Kommunal Konferenz in Marburg auf den Grund gegangen. Von der Transformation der Innenstadt bis hin zu Smart City hat die Stadt Marburg von erfolgreichen Projekten aus der Praxis berichtet und viele Impulse aus den Beiträgen der Gastredner*innen mitgenommen.
„Die Stadt Marburg freut sich sehr, in diesem Jahr Gastgeberin der Kommunal Konferenz sein zu dürfen“, begrüßte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies am Dienstag (20. Mai) die Gäste. „Ich selbst lebe schon seit mehr als 60 Jahren in dieser Stadt und entdecke selbst immer noch Neues. Nicht zuletzt, da Marburg eine historische Stadt ist, die von Vielfalt, Innovation und Weltoffenheit geprägt ist.“
Marburg habe viele erfolgreiche Projekte auf den Weg gebracht, die nicht nur die Innenstadt beleben und den Einzelhandel stärken, sondern auch die Aufenthaltsqualität für die Menschen verbesserten. „Wir entwickeln ein Life-Science-Ökosystem – eine Zukunftsbranche erster Ordnung. Stärken Start-Ups und holen neue Akteur*innen heran“, erklärte der Oberbürgermeister. Dabei arbeite die Stadt eng mit der Philipps-Universität und dem Pharmastandort zusammen.
Die Kommunalkonferenz, die der „German Council of Shopping Places“ federführend organisiert, fand bereits zum dritten Mal statt. In diesem Jahr trafen sich die Fachleute in Marburg. Unter dem Titel „Wie geht Zukunft Stadt – Resilient, Digital und Klimaneutral?“ haben sich die Teilnehmenden mit vier Schwerpunktthemen aus verschiedenen Perspektiven auseinandergesetzt: Sie lauten „Die resiliente Stadt – Klima, Katastrophen und Kosten – was muss und was geht?“, „Die digitale Stadt – Daten, Disruption und Daseinsvorsorge“, „Die mobile Stadt – Menschen, Maschinen und Möglichkeiten“ sowie „Die bürgerliche Stadt – Begehrlichkeiten, Begrenzungen und Baugesetze“.
Geschäftsführer Harald Ortner von der Hanseatischen Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH und Vorstandsmitglied des German Council of Shopping Places, eröffnete die Konferenz im Lokschuppen. „Widerstandsfähigkeit ist die Grund-DNA von Städten und Kommunen – diese zu stärken, war schon immer unser Job“, erklärte Ortner. „Ich freue mich daher auf diese Konferenz, die schon zuletzt in Bochum einen wertvollen Austausch und tolle Impulse ermöglichte. In den nächsten zwei Tagen wollen wir uns mit der Zukunft der Städte beschäftigen – mit spannenden Vorträgen aus der Praxis.“
Rund 60 Teilnehmende aus ganz Deutschland sind zur Konferenz nach Marburg gekommen, um sich auszutauschen und zu vernetzen. Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Handel und Immobilienbranche haben dabei aus ihrem Arbeitsalltag und von ihren Projekten berichtet. Auch die Stadt Marburg stellte als Gastgeberin ihre Best-Practice-Beispiele aus der Wirtschaftsförderung der Universitätsstadt vor.
So sprach Jana Schönemann von der Stabstelle Stadt- und Regionalentwicklung, Wirtschaftsförderung und Statistik der Stadt Marburg von der Transformation der Marburger Innenstadt. Dabei ging es um Herausforderungen, Lösungsansätze und Erfolge, wie im Beispiel des Marburger Projektes „VielRAUM“. Das Projekt haben die Stadt Marburg und das Stadtmarketing Marburg 2022 gemeinsam ins Leben gerufen.
Das Ziel des Projekts ist, Leerstand zu reduzieren, die Innenstadt zu beleben und den Einzelhandel zu fördern. Dabei mieten Stadt und Stadtmarketing leere Ladenflächen und stellen Sie Künstler*innen*, (Kunst-)Handwerker*innen, Initiativen und Gründer*innen zur Verfügung. Sie können die Flächen für Ausstellungen, Workshops oder zur Erprobung eigener Geschäftsideen nutzen. Das Projekt erfreut sich großer Beliebtheit und einer hohen Nachfrage. Dank des kreativen Konzepts gibt es in der Marburger Oberstadt nahezu keinen Leerstand mehr.
Auch die Einrichtung des Oberstadtbüros, Beteiligungsformate und die intensive Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing, der MSLT, Gewerbetreibenden, Eigentümerinnen und Eigentümern sowie Aktiven vor Ort haben zu einer maßgeblichen Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Oberstadt geführt. „Wir wollen die Innenstadt zusammen verbessern und das wirklich gemeinsam angehen“, erläuterte Schönemann. „Kampagnen wie ,Kauf lokal‘ funktionieren durch die gute Zusammenarbeit und machen Bürger*innen noch einmal darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, den Handel vor Ort zu unterstützen, wenn die Innenstadt lebendig bleiben soll.“ Auch die Möglichkeit, sich konsumfrei – also ohne Geld ausgeben zu müssen –
in der Innenstadt aufhalten zu können beispielsweise durch öffentliche Sitzmöglichkeiten, seien essentiell für die Attraktivität. Mehr Infos dazu gibt es unter www.marburg.de/wirtschaft.
Dr. Martin Graffenberger von der Wirtschaftsförderung stellte Smart-City-Ansätze der Stadt Marburg vor. Wie viele Personen und Fahrzeuge durchqueren die Oberstadt und an welchen Tagen und Uhrzeiten? Welchen Einfluss haben Veranstaltungen oder verkehrliche Maßnahmen auf die Frequenz? Die Antworten auf diese Fragen soll die Frequenzmessung liefern. Dazu wird an ausgewählten Standorten ein intelligentes Kamera-System installiert, das unter anderem zwischen Personen, Radfahrenden, Autos und Lieferverkehr unterscheiden kann.
„Diese Daten bieten eine wertvolle Planungsgrundlage für die Stadtverwaltung“, erklärte Graffenberger. Die Möglichkeiten von Smart-City-Anwendungen gehen jedoch noch weiter. So ist dank des LoRaWAN-Netzes (Long-Range-Wide-Area-Network) auch eine Art Baum-Monitoring möglich. Dabei werden zum Beispiel die Bodenfeuchte, Bodenleitfähigkeit und Bodentemperatur erfasst. So können Bewässerung und Nährstoffgabe besser gesteuert und somit effizienter werden. Parksensoren zeigen an, welche Behindertenparkplätze belegt oder frei sind und Umweltdaten wie Lufttemperatur und -feuchtigkeit geben Aufschluss für weitere Planungen im Sinne der Klimafolgenanpassung und Hitzevorsorge. Mehr Infos dazu gibt es unter www.marburg.de/digitales.
Aufgeteilt in zwei Gruppen, haben die Teilnehmenden während eines Rundgangs durch die Marburger Innenstadt direkte Einblicke in die Projekte der Stadt und der ansässigen Gewerbetreibenden gewonnen. Neben Gesprächen mit Nutzenden und ehemaligen Nutzenden des VielRAUM-Konzepts gab es Informationen zu Aktionen des Oberstadtbüros wie dem After-Work oder Geo-Caching im Schaufenster. Die Gruppe erfuhr während des Rundgangs zudem mehr über das Schlossbergcenter, die Geschichte des Traditionskaufhauses Ahrens und der Kooperation mit CSL Plasma.
Mit dem Kanal „MarburgLiebe“ stellten Lea Sophie Michel und Luzie Marie Hegele vom Stadtmarketing ihr Konzept für positives Stadtmarketing auf Social Media vor. „Die Strategie ist, bei der Betreuung der Social-Media-Kanäle wie Instagram und TikTok neben den obligatorischen Inhalten auf witzigen Content zu setzen und eine interaktive Community aufzubauen. Bewegtbilder, Handyaufnahmen der User*innen, Straßen-Umfragen, helle und farbenfrohe Inhalte statt Hochglanz-Look vermitteln ein buntes Stadtbild.
„Hey Marburg lautet fröhlich der Slogan und holt die Nutzer*Innen binnen Sekunden ab“, berichtete Michel. Formate des Vereins wie „Laden-Lieblinge“ und „52 things to do in Marburg“ binden lokale Geschäftsleute ein, haben neben Unterhaltungs- auch Informationswert und führten die Menschen von „Online“ ins „Offline“. „Knapp acht Millionen Views auf den Instagram-Reels in den vergangenen 90 Tagen sprechen für sich“, meinte Michel.
Dass nicht nur Marburg einiges zu bieten hat, zeigten die anderen Expertinnen und Experten. Die Smart-City Bochum berichtete von dem städtischen Serviceportal als 24/7-Dienstleistungsplattform und die Stadt Ahaus gewährte Einblicke in das vollkommen digitalisierte Hotel, das abgesehen von Reinigungskräften komplett ohne Personal funktioniert. Die Uni Augsburg sprach über die Möglichkeiten von „Beschleunigten Genehmigungsentscheidungen durch KI“. Weitere Impulse kamen aus der Podiumsdiskussion und dem Vortrag zur Prävention gegen Cyber-Angriffe.

* pm: Stadt Marburg

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