Computer, Spiel, Sucht: Uni-Forschungsprojekt sucht Betroffene

Computerspielsucht ist ein weit verbreitetes Problem. Die Philipps-Universität will Therapieansätze dazu erforschen.
Giuliana Fehling ist Masterandin an der Philipps-Universität und derzeit an einem Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Online-Selbsthilfetrainings gegen Computerspielsucht beteiligt. Dessen Ziel ist, Betroffenen zu helfen, ihr Spielverhalten langfristig zu regulieren und ein gesundes Gleichgewicht zu finden. „Um unsere Forschung voranzutreiben und Betroffenen ein fundiertes Hilfsangebot präsentieren zu können, suchen wir Personen, die in der Vergangenheit Probleme mit exzessivem Spielen am PC, Handy oder der Konsole hatten und sie erfolgreich bewältigen konnten“, erläuterte Fehling.
Wer zu viel Zeit bei Computerspielen verbracht und beispielsweise seine persönlichen Kontakte zu Mitmenschen oder andere wichtige Lebensbereiche dadurch vernachlässigt hat, der kommt für eine Teilnahme an der Studie in Frage. Interessierte können sich online auf my-ehealth-studies.de/studien/studie-ctrlaltplay/ oder per E-Mail ctrlaltplay@uni-marburg.de melden. Im Dezember sollen die Interessierten dann eine Online-Gruppe bilden, die über ihre Erfahrungen diskutiert.
Dabei stehen Fragen wie „Was hat mir geholfen?“ und „Was wünsche ich mir an Unterstützung?“ im Vordergrund. Zudem wollen Studienleiterin Prof. Dr. Anna-Carlotta Zarski sowie ihre Mitarbeiterinnen Laura Birlenbach und Giuliana Fehling auch Beispiele von bereits ausgearbeiteten Therapieansätzen aufzeigen und zur Diskussion stellen.
„Bisher gibt es noch keine umfassende Studie zu Computerspielsucht“, berichtet Birlenbach. „Das hat mich motiviert, mich mit diesem Thema zu befassen. Schließlich erzeugt diese Sucht bei Betroffenen einen hohen Leidensdruck.“
„2023 lag die Rate der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, die die Kriterien einer Computerspielstörung erfüllten, bei 4,3 Prozent“, berichtete Fehling. Während der Corona-Pandemie stieg diese Zahl zwischenzeitlich auch auf 6,3 Prozent. Weltweit liegt sie bei 2,4 Prozent.
Parallelen zu Onlinesucht sind durchaus vorhanden. Die Zeit am Computer oder der Spielkonsole verrinnt rasch; und die Gamerinnen oder Gamer kommen nicht los von ihrem Gerät. Der Alltag außerhalb der „Welt der Online-Spiele“ verblasst zunehmend. Allmählich vereinsamen die Spielsüchtigen vor ihrem Bildschirm.
Die Studienleiterin Dipl.-Psych Zarski ist Psychologische Psychotherapeutin. Der Aufruf zur Teilnahme richtet sich aber ausdrücklich an Menschen, die ihrer eigenen Einschätzung nach die Spielsucht bereits überwunden haben. Ihre Erfahrungen sollen – in Verbindung mit bereits etablierten wissenschaftlichen Erkenntnissen – die Grunddaten für spätere Behandlungsmöglichkeiten von Betroffenen liefern. Mitmachen können Betroffene aus dem gesamten Bundesgebiet sowie dem deutschsprachigen Ausland.
Die Studie ist eingebettet in ein Netzwerk weiterer Arbeitsgruppen an Universitäten in der Schweiz und Kanada. Beteiligt sind die Universität Zürich und die University of Calgary. Ziel der Studie ist eine Ermittlung wirksamer Behandlungsansätze und Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene. Die Teilnahme an der Studie ist daher eine gute Möglichkeit, eigene Erfahrungen produktiv für Andere nutzbar zu machen.

* Franz-Josef Hanke

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