Die Premiere der Komödie „Zwei Herren von Real Madrid“ am Samstag (28. September) bot dem Publikum im Hessischen Landestheater Marburg einen wunderbar amüsanten Theaterabend. Voller Witz,
tragikomischer Absurdität und Liebe begeisterte die Aufführung alle Anwesenden!
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Das Stück von Leo Meier thematisiert den notwendigen Wandel im Verständnis von Männlichkeit und Identität im Fußball. Es regt das Publikum dazu an, Vorurteile und gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Bislang hat sich kein aktiver homosexueller Fußballspieler in Deutschland geoutet, was die Thematik der Queerness im Männerfußball besonders relevant macht. In den testosterongeladenen Umkleidekabinen, in denen Männlichkeit und Stärke über Schwäche dominieren, findet Homosexualität keinen Platz. Meiers Stück gelingt es, auf humorvolle Art tragikomische und gesellschaftlich relevante Elemente miteinander zu verbinden. Das geschieht auf eine unterhaltsame, nachdenkliche und manchmal auch tiefgründige Weise. Besonders bemerkenswert ist, dass es eine Welt kreiert, in der Homosexualität im Fußball eben gerade kein Thema ist. Der Fokus liegt vielmehr auf der Liebe zwischen zwei Menschen, was eine erfrischende Perspektive bietet und die Normalität von Beziehungen in den Vordergrund rückt.
Zwei Männer begegnen sich zufällig bei einem Waldspaziergang. Jeder ist auf der Suche nach Ruhe, um über die großen Fragen des Lebens nachzudenken. Als die beiden ins Gespräch kommen, stellen sie überrascht fest, dass sie beide Profifußballer bei Real Madrid sind. Schnell entsteht eine angenehme Vertrautheit. Der Stürmer lädt den Mittelfeldspieler ein, das Weihnachtsfest mit seiner Familie zu verbringen. Bei der Feier wird der Gast herzlich aufgenommen, doch nach dem Genuss seines selbstgebackenen Bananenbrots erleidet die Mutter des Stürmers eine allergische Reaktion und stirbt. Die anschließende Beisetzung gerät zu einem kuriosen Ereignis. Die Pfarrerin sorgt mit ihrem komödiantischen Auftreten und reichlich Kontersekt für unerwartet heitere Stimmung. Währenddessen kommen sich die beiden Fußballer in einem stillen Moment abseits der Zeremonie näher. Sie küssen sich heimlich, was von einer Fotografin festgehalten wird und dann viral geht. Als Gerüchte über ihre Beziehung schließlich eine Pressekonferenz dominieren, tritt die Vereinslegende Sergio Ramos auf den Plan. Er unterstützt die beiden Verliebten und nutzt die Gelegenheit, über den Zusammenhang seiner Gesichtstätowierung und dem Sinn des Lebens zu philosophieren. Doch die Romantik der frischen Liebe gerät ins Wanken, als bekannt wird, dass der Stürmer ein Angebot von Paris Saint-Germain erhalten hat.
Mit viel Witz und Humor bot die Komödie einen herausragenden Unterhaltungswert, der das Publikum prächtig amüsierte. Lautes Lachen und einige Freudentränen zeugten von der ulkigen, verrückten und komischen Natur des Stücks. Clevere Callbacks sowie wiederkehrende Themen schufen eine gelungene Verwebung der Szenen. Diese Insider-Momente erzeugten eine intime Vertrautheit zwischen dem Publikum und den Akteur*innen. Die schauspielerischen Leistungen waren durchweg beeindruckend und das starke Ensemble begeisterte das Publikum. Besonders hervorzuheben ist Fanny Holzers fantastische Darstellung der Paterin, die bei jedem Schritt mit ihrer Stimme ein Pupsgeräusch imitierte und damit manche zu Tränen rührte. Ebenso wurde die Beziehung zwischen den beiden Fußballprofis – gespielt von Christian Simon und Flamur Blakaj – wunderbar anrührend in Szene gesetzt. Die Verliebtheit zwischen den beiden lag förmlich in der Luft. Zugleich agierten sie ungemein menschlich, oft scheu und nervös lachend. Ihre große Höflichkeit und Vorsicht waren in jedem Moment spürbar. Besonders auffällig waren die intensiven und eindringlichen Blicke, die sie miteinander austauschten. Auch die zarte Sanftheit zwischen ihnen zeugte von viel Verständnis und Empathie.Darüber hinaus begeisterte das Stück mit besonderen Szenen und bewegenden Momenten, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Ein besonders inniger Augenblick entstand, als einer der Protagonisten zärtlich fragt: „Darf ich Sie was fragen? Ihr Ohr ist kalt. Ich könnte Ihre Ohren wärmen.“ Dabei haucht er in seine Hände, reibt sie warm und legt sie behutsam um die Ohren des anderen. Ebenfalls anrührend war die Szene, in der der Stürmer den Mittelfeldspieler dazu einlud, mit ihm „Ohr an Ohr“ einen Song zu hören. Denn er habe ihn gerade „im Ohr, komm hör mit.“ Weiterhin philosophierte Sergio Ramos in einem nachdenklichen Monolog über die Akropolis und ihre jahrhundertealten Steine. In diesem Moment wird ihm seine eigene Vergänglichkeit bewusst und er erkennt, dass auch Sergio Ramos nicht unsterblich ist – selbst wenn er dreimal die Champions League hintereinander gewonnen hat.
Der Kommentar der Reporterin zu Sergios Monolog – „jeder pickt sich heraus, was er braucht“ – fasst die Vielschichtigkeit des Stücks treffend zusammen. Es präsentiert sich sowohl als unterhaltsame Komödie mit viel Witz und Leichtigkeit, als auch als tiefgründigeres Theaterstück. Während das Stück in erster Linie zum Lachen anregt, bringt es auch tiefgehende Emotionen zum Ausdruck und behandelt wesentliche Fragestellungen. Besonders bemerkenswert ist das Spiel mit der Ernsthaftigkeit. Schwere Themen werden durch humorvolle Elemente aufgelockert, ohne dass ihnen eingehender nachgegangen wird. Das kann den Eindruck erwecken, dass die Komplexität der Themen nicht ausreichend gewürdigt wird. Doch das scheint nicht im Fokus des Stücks zu liegen. Vielmehr stehen Genuss, Unterhaltung und die Feier der Liebe im Mittelpunkt. Subtile, nachdenkliche Wahrheiten schwingen mit, ohne dass der Humor verloren geht.
Regisseur Joachim Gottfried Groller sowie Bühnen- und Kostümbildner Simon Lesemann haben also eine Welt geschaffen, in der es völlig normal ist, dass Fußballprofis auf Drachen zum Training fliegen. Eine Welt, die von Empathie und Verständnis geprägt ist. In der Gefühle gezeigt und ausgelebt werden. In der wir Komplimente machen, in der wir „offen stolz“ sind und einfach lieben! Denn das Stück erzählt eine ganz gewöhnliche Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, ohne sich mit dem Outing oder den typischen Herausforderungen auseinanderzusetzen, die häufig in homosexuellen Beziehungen thematisiert werden. Aus der Perspektive des Regisseurs war genau das das Besondere an diesem Projekt, das ihm große Freude bereitete: die Darstellung einer homosexuellen Beziehung, ohne die üblichen Schwierigkeiten in den Vordergrund zu stellen. Stattdessen erhält die Liebe die uneingeschränkte Bühne!Wer also schon immer neugierig war, was es mit pinkelnden Drachen, wackelnden Hintern zu Justin Timberlake, den Hintergründen zu Kurt Cobains Ableben in einer Gartenlaube oder Zigaretten in Form von Bananen auf sich hat, der sollte dieses Stück auf keinen Fall verpassen! Es ist tragikomisch und absurd, dabei aber voller Humor und großem Einfallsreichtum fantastisch in Szene gesetzt. Unterhaltung ist garantiert. Abschließend bleibt daher nur zu sagen: „Wenn Kunst gut ist, mach Banane drauf!“ Das Publikum war begeistert und belohnte die Darbietung mit langanhaltendem Applaus und Standing Ovations. Insgesamt war es ein rundum gelungener Theaterabend und die Premiere ein voller Erfolg.
* Leonie Schulz