Der deutschen Fußballmannschaft gilt mein herzlicher Dank. Dank ihrer Niederlage gegen Spanien konnte ich am Freitag (5. Juli) ruhig einschlafen.
Wer sich wenig oder gar nicht für Fußball interessiert, der konnte in den vergangenen Tagen bei den Länderspielen der Männer aus Deutschland trotzdem leicht mitbekommen, wie die Nationalmannschaft spielte. Lautes Aufschreien bei brenzligen Situationen oder Gegentoren und noch lauterer Jubel bei Treffern der deutschen Fußballer hallte unüberhörbar durch die Nachbarschaft. Glücklicherweise hielt sich der Siegestaumel nach Spielende aber immer in Grenzen.
Am Freitag (5. Juli) wurden die Fans dann jedoch schon etwas lauter. Ein durchdringendes Tröten kündigte jeweils den Anstoß zu Spielbeginn und zum Beginn der zweiten Halbzeit sowie bei beiden Hälften der Nachspielzeit an. Ebenso laut tröttete der Nachbar zum Ende der jeweiligen Phasen sowie bei jedem Tor.
Als die Nachspielzeit endete, verabschiedete sich der Trompeter noch zwei oder drei Mal mit kurzen Tönen, während einige Nachbarinnen leise jubelten. Offenbar waren sie – zumindest im Geiste – Spanierinnen. Nach ihrem kurzen Jubel blieb der Abend dann aber ruhig, wenn man von den Trompetensignalen zum nachfolgenden Länderspiel absieht.
Den Dank haben die Herren der deutschen Fußball-Nationalmannschaft deshalb verdient, weil sie sich wacker geschlagen und damit die Nachspielzeit erzwungen haben. Vor allem aber haben sie sich meinen Dank verdient, weil sie mir durch ihre Niederlage zu der nötigen Nachtruhe verhoffen haben, um die ich während des Spiels vorübergehend gezittert hatte. Kurz vor Beginn der Tagesschau hatte ich nämlich das Radio eingeschaltet und dabei die Hörfunkübertragung des Spiels gehört.
Zwei schwatzhafte Kommentatoren strapazierten da meine Nerven mit redundantem Geplapper und unjournalistischer Parteilichkeit. Sie schienen den Sieg der deutschen Fußballer herbeireden zu wollen und ließen dabei keine – auch noch so kurze – Pause im Redefluss aufkommen. Ihr inhaltsleeres Geschwätz war an Dummheit kaum zu überbieten.
Hätte das deutsche Team dann wirklich – wie diese beiden wortreich orakelten – das Spiel gewonnen und wäre ins Viertelfinale eingezogen, dann hätte ich in der darauffolgenden Nacht wahrscheinlich kein Auge zumachen können. Nationalismus wäre dann wohl – spätestens durch das chauvinistische Gerede dieser beiden Herren – hineingeschwappt in meinen Alltag. So etwas wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 möchte ich aber nicht wieder erleben.
Damals wohnte ich noch an der Weidenhäuser Straße. Nach dem WM-Endspiel fuhr ein Autokonvoi mehrmals durch diese verkehrsberuhigte Gasse und ließ die Motoren dabei laut aufheulen. Aus den Fenstern ihrer Autos schrien einige heisere Männer unüberhörbar: „Sieg! Sieg! Sieg heil!“