Der Wetterexperte Thomas Ranft war am Dienstag (4. Juni) beim Klima- und Digital-Dialog des Kreises zu Gast. Er betrachtet „Künstliche Intelligenz“ als Hoffnungsträger gegen den Klimawandel.
Die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ (KI) kann in den kommenden Jahren einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten –
sofern sie achtsam eingesetzt wird. So lautet das Fazit des Wetterexperten und Wissenschaftsjournalisten Thomas Ranft, der am Dienstag (4. Juni) beim Klima- und Digital-Dialog des Landkreises Marburg-Biedenkopf zu Gast war. Insgesamt 150 Teilnehmende folgten der Veranstaltung unter dem Titel „KI und Klima – Retter oder Zerstörer der Welt?“ online oder in Präsenz im Landratsamt.
„Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen uns alle“, sagte Landrat Jens Womelsdorf bei seiner Begrüßung. „Deshalb lohnt es, dieses Thema genauer zu betrachten. Umso mehr freue ich mich, dass wir mit Thomas Ranft einen Experten gewinnen konnten, der dafür bekannt ist, komplexe Sachverhalte verständlich zu erklären.“
Auch der Landkreis sei zunehmend mit den Auswirkungen des Klimawandels und extremen Wetterbedingungen konfrontiert. Als Beispiel nannte der Landrat den Waldbrand bei Cölbe-Schönstadt im Jahr 2022, der für einen der größten Feuerwehreinsätze in der jüngeren Geschichte des Landkreises sorgte.
Ranft ist unter anderem aus dem Hessischen Rundfunk (HR) bekannt. Mit der bisherigen Klimapolitik und der Verhaltensweise der Menschen ging er stellenweise streng ins Gericht: So sei der Mensch mit seiner jetzigen Lebensweise zunehmend ein Problem für den Planeten.
Dabei griff Ranft auf eine Metapher zurück, um seinen Punkt zu verdeutlichen: Die Menschheit feiere derzeit eine große Party in einem Supermarkt, in dem aber keiner aufräumt, keiner bezahlt und keiner nachbestellt. Bezogen auf Wetter und Klima machte er deutlich: „Die Extreme nehmen zu und zwar global.“
Auffällig sei, dass Unwetter wegen des Klimawandels inzwischen immer heftiger ausfallen. Hauptursache für die klimatischen Veränderungen sei die Verbrennung fossiler Stoffe wie Kohle und Erdöl. Denn mehr CO2 durch Verbrennung verstärke den sogenannten Treibhauseffekt und damit die Erwärmung der Erde durch Treibhausgase in der Atmosphäre. „Wir können den Klimawandel nur stoppen, wenn wir aufhören, Zeug zu verbrennen“, betonte Ranft. Derzeit gebe es aber kaum ein Unrechtsbewusstsein dafür.
Der einfache Grund sei, dass die Menschen, die derzeit auf der Erde leben, mit dem Selbstverständnis aufgewachsen seien, mit Verbrennung Energie zu erzeugen. Historisch betrachtet sei das aber nicht selbstverständlich oder normal. Als schonende Alternativen bezeichnete er Windräder und Solaranlagen. Für den Ausbau sei es aber wichtig, bürokratische Hürden abzubauen.
Und auch Künstliche Intelligenz könne helfen, dem Klimawandel zu begegnen. „KI ist ein Segen, wenn sie achtsam genutzt wird. Denn sie ist ein Beschleuniger für Ideen und hilft uns beim Suchen von Lösungen“, sagte Ranft im Hinblick auf den Titel der Veranstaltung. Gleichzeitig könne sie natürlich – wie jedes andere Werkzeug auch – missbraucht werden.
Nach Meinung von KI-Experten habe sich aber gezeigt, dass es wichtig sei, neue KI-Erfindungen nicht sofort zu regulieren, sondern stattdessen den Prozess eng zu begleiten. Als Beispiel für den gelungen Einsatz von KI im Hinblick auf Wetterereignisse in der Region verwies Ranft auf das sogenannte „Starkregenprojekt“ im Landkreis Fulda. Dort werden Gewässerpegel, Niederschlagsmessstationen und Kanalmesser installiert, die in Echtzeit Daten überspielen und mit Prognosedaten des Deutschen Wetterdienstes kombiniert werden. Bei drohenden Starkregen oder Sturzflutereignissen alarmiert das System in mehreren Meldestufen Behörden, Rettungskräfte, sowie Bürgerinnen und Bürger und verschafft beispielsweise der Feuerwehr so wichtige Zeit zur Vorbereitung.
Bemerkenswert sei auch die technische Entwicklung: Inzwischen gebe es KI-Modelle, die selbst auf einem Laptop und nicht mehr in großen Rechenzentren verlässliche Vorhersagen treffen könnten. Den Menschen ersetzen könne KI aber noch nicht. Zu gering sei noch die Authentizität im Vergleich zu Menschen. Auch das Einordnen der Daten und Vorhersagen sei noch nicht so gut wie durch menschliche Experten.
Deutlich machen müsse man sich auch, dass weltweit bereits viel getan werde, um dem Klimawandel zu begegnen, betonte Ranft. „Die Welt wird besser; wir merken es oft nur nicht“, sagte er. Nach seiner Aussage fallen beispielsweise Prognosen zur erwarteten Erderwärmung im Vergleich zu 2015 inzwischen weniger stark als befürchtet aus. Daran gelte es anzuknüpfen.
Einen Unterschied durch Eigeninitiative könne jede und jeder Einzelne machen. „Wir müssen bereit sein Fehler zu machen und Sachen zu probieren –
ohne schon zu wissen, dass es die ideale Idee ist“, machte Ranft deutlich. Dann sei es möglich, die Welt zu retten, verriet sein optimistischer Blick in die Zukunft.
* pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf