„Ja, DAS ist Antisemitismus!“ heißt eine Ausstellung der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen. Die Kooperation von RIAS Hessen und der Philipps-Universität zeigt jüdische Erfahrungen in Hessen.
Ihre Eröffnung findet am Mittwoch (29. Mai) um 16.30 Uhr im Verwaltungsgebäude der Philipps-Universität an der Biegenstraße statt. Nach der Begrüßung durch den Universitätspräsidenten Prof. Dr. Thomas Nauss folgt ein Grußwort von Polina Solovej vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Marburg. Anschließend gibt es eine Einführung durch Dr. Susanne Urban von RIAS Hessen.
Antisemitismus findet überall – im Alltag, auf der Straße, in der Bahn oder auf dem Campus – statt. Seit dem 7. Oktober 2023 werden das Ausmaß und die Anschlussfähigkeit von Antisemitismus überdeutlich. Authentische antisemitische Vorfälle bilden die Grundlage für die Ausstellung von RIAS Hessen.
Bei der Auswahl wurde kein Fokus auf Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023 gelegt, denn Judenhass gab es auch davor auch bereits in erschreckend hohem Ausmaß. Die Vorfälle wurden in anonymisierter Weise verarbeitet. Aber: Sie sind geschehen. Es sind Vorfälle, die Jüdinnen und Juden widerfahren sind.
Sie haben als betroffene Personen unterschiedlichste Reaktionen ihrer Umwelt erlebt: Es gab Ignoranz, Gelächter, Beschwichtigung, Relativierung – aber auch Solidarität. Viele nehmen professionelle Hilfe in Anspruch, vor allem von OFEK Hessen, der Beratungsstelle für von Antisemitismus Betroffene.
Die Vorfälle wurden von den Illustratorinnen Sophia Hirsch und Büke Schwarz in Bildern beziehungsweise Bildgeschichten umgesetzt. Sie haben Schimpfworte und Gesten oftmals als Symbole gezeichnet und Reaktionen auf die antisemitischen Vorfälle teils durch Mimik und Gestik der Betroffenen oder der in das Geschehen involvierten Personen dargestellt.
Die Ausstellung ist ein Ausgangspunkt, um sich mit der Betroffenenperspektive zu befassen. Es braucht die Anerkennung dessen, dass jemand, der oder die Antisemitismus erlebt, dies nicht erst erklären muss, sondern Solidarität und Empathie entgegengebracht bekommt. Daher kommt auch der Ausstellungstitel „Ja, DAS ist Antisemitismus!“
„Eine zentrale Voraussetzung für den offenen Dialog und verantwortungsvollen Umgang mit gesellschaftlichen Debatten ist, dass wir einander zuhören und unterschiedliche Perspektiven verstehen lernen“, betonte Universitätspräsident Prof. Dr. Thomas Nauss von der Philipps-Universität, die als Kooperationspartnerin an der Ausstellung mitwirkt. „Die Ausstellung leistet einen wichtigen Beitrag, indem sie den Antisemitismus in unserem Alltag aus der Sicht von Betroffenen sichtbar macht. Antisemitismus ist dabei eine – gleichzeitig nicht die einzige – Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, mit der Mitglieder und Angehörige unserer Hochschule konfrontiert werden. Die Ausstellung kann damit vielleicht auch ein Schritt sein, um weitere Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zu reflektieren und Empathie für Betroffene und ein entschiedenes Entgegentreten gegen Hass und Hetze als universellen Leitgedanken zu festigen.“
Die Ausstellung beruht auf authentischen Fällen. Über die Illustrationen wird auch deutlich, was Antisemitismus im Alltag für Jüdinnen und Juden bedeutet. Räume verengen sich, das Sicherheitsgefühl schwindet, und es stellen sich Fragen: Wo gibt es Solidarität, Unterstützung, wie sich selbst empowern, welche Handlungsoptionen gibt es?
Die Ausstellung zeigt rechtsextremistischen Antisemitismus, israelbezogenen Antisemitismus, Post-Shoah-Antisemitismus oder auch verschwörungsideologischen Antisemitismus. Konzipiert wurde sie vor dem 7. Oktober 2023. Die Macherinnen und Macher haben exemplarische Vorfälle aus der Zeit danach noch integriert. Aber es bleibt zu konstatieren: Antisemitismus stellt seit Jahren ein Grundrauschen in der Gesellschaft dar.
„Wir von RIAS Hessen sind dankbar, dass der Präsident der Universität Marburg die Ausstellung zuerst zeigen wollte, denn auch hier – in dieser Stadt und auf dem Campus – gibt es immer wieder antisemitische Vorfälle“, erklärte Projektleiterin Dr. Susanne Urban RIAS Hessen. Die Wanderausstellung ist erstmals von 29. Mai bis 21. Juni 2024 an der Philipps-Universität im Foyer des Verwaltungsgebäudes Biegenstraße 10 zu sehen. Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag jeweils von 8 bis 17 Uhr. Im Anschluss wird die Ausstellung unter anderem in Gießen, Kassel und Frankfurt gezeigt.
* pm: Philipps-Universität Marburg