Schutz von Menschenrechten durch militärische Interventionen stand im Zentrum einer wissenschaftlichen Tagung. Marburger Forschende haben sie mitorganisiert.
Militärische Gewalt und die Diskussion um ihre Grenzen stehen in aktuellen Konflikten häufig im Fokus der Öffentlichkeit. Bei einem interdisziplinären und internationalen Symposium zum Schutz von Menschenrechten durch militärische Interventionen, das gemeinsam von Forschenden der Philipps-Universität und der Universität zu Köln organisiert wurde, diskutierten Studierende, Promovierende und Expert*innen aus Praxis und Wissenschaft drei Tage lang auf Schloss Herrenhausen in Hannover.
Organisiert wurde das Symposium „Responsibility to Protect and Humanitarian Interventions – Military Force in the Name of Human Rights?“ vom Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecherprozesse (ICWC) der Philipps-Universität unter Leitung von Prof. Dr. Stefanie Bock, Prof. Dr. Eckart Conze und Geschäftsführer Dr. Henning de Vries gemeinsam mit Prof. Dr. Fabian Klose von der Universität zu Köln. Das ICWC adressierte zum Beispiel die Fragen, inwieweit Staaten verpflichtet sind, ihre Bürger*innen vor systematischer Gewalt und völkerrechtlichen Verbrechen zu schützen und welche Rolle humanitäre Interventionen spielen können, wenn diese Schutzverantwortung (Responsibility to Protect | R2P) nicht erfüllt wird. Dabei wurde auch diskutiert, wie im Völkerrecht unterschiedliche Verantwortungsregime entstehen und ob diese zu einem Konzept globaler Verantwortung zusammengeführt werden können. Dabei wurde auch immer wieder auf die aktuelle Situation in Israel und Gaza Bezug genommen. Für das ICWC war das Symposium zugleich der Startpunkt für die Etablierung eines neuen Forschungsschwerpunkts „Grenzen und Grenzüberschreitungen militärischer Gewalt“. Für das Symposium reisten Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen unter anderem aus den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Südafrika, Dänemark und Deutschland an. Darunter waren die Direktorin des Global Centre for the Responsibility to Protect, das eng mit den Vereinten Nationen zusammenarbeitet, Savita Pawnday, Berater nationaler Regierungen in Fragen des Völkerrechts wie Prof. Dr. Martin Mennecke und auch des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag wie Prof. Dr. Kevin Jon Heller.
„Die Konferenz war in zweierlei Hinsicht sehr spannend““, sagte Prof. Dr. John-Mark Iyi. Der Director des African Centre for Transnational Criminal Justice an der University of the Western Cape erläuterte: „Erstens stand die Idee der Schutzverantwortung seit vielen Jahren nicht mehr im Fokus. Es ist gut, dieses Konzept jetzt wieder in die Diskussion zu bringen und auf seinen Nutzen und seine Zukunft hin zu untersuchen. Zweitens waren Ansatz und Format der Konferenz überzeugend: Indem unterschiedlichen Aspekten und Hintergründen Raum gegeben wurde, hat das Symposium das Beste aus den Diskussionen herausgeholt.“
Leon Henk, der in Marburg Internationale Strafjustiz im Master studiert, war begeistert: „Mir hat an dem Symposium als Masterstudent besonders gut gefallen, einen Einblick in die Wissenschaftswelt zu bekommen, der normalerweise in dieser Phase der universitären Ausbildung noch verschlossen ist.“ Die VolkswagenStiftung hatte aus Anlass aktueller Ereignisse wie dem Angriffskrieg auf die Ukraine, der COVID-19-Pandemie, dem Umgang mit Demonstrierenden im Iran bis hin zu Fragen um Klimagerechtigkeit zu Bewerbungen für die Themenwoche „Menschenrechte in Zeiten multipler Herausforderungen – Perspektiven aus Wissenschaft und Gesellschaft“ aufgerufen. Sie unterstützte das Symposium mit 40.000 Euro und stellte den Konferenzort zur Verfügung.
* pm: Philipps-Universität Marburg