Nachhaltig chancengleich: Frauenpower auf dem Weg zur Professur

Neue Mentoring-Programme aus dem Projekt „nachhaltig chancengleich!“ unterstützen Medizinerinnen und Juristinnen. Damit fördert die Philipps-Universität Frauenpower auf dem Weg zur Professur.
Auf dem Weg zur Chancengleichheit hat die Philipps-Universität mit dem Projekt „nachhaltig chancengleich!“ in den vergangenen Jahren erfolgreich Initiativen aus verschiedenen Fachbereichen gefördert. In einem zweijährigen Rhythmus vergibt die zentrale Gleichstellungskommission in dem Programm Förderungen in einer Gesamthöhe von 25.000 Euro pro Förderrunde für strukturbildende Gleichstellungsprojekte in Fachbereichen, fachbereichsfreien Einrichtungen oder Zentren.
So hat das Alix-Westerkamp-Mentoring im Fachbereich Rechtswissenschaften zum Beispiel das Ziel, besonders interessierte und motivierte Studentinnen für eine Promotion zu gewinnen und exzellente Doktorandinnen zu einer weiteren wissenschaftlichen Karriere zu ermutigen. Denn obwohl der Frauenanteil unter den Studierenden bei über 50 Prozent liegt, bekleiden Frauen nur knapp 16 Prozent der Professuren im Fachbereich.
Prof. Dr. Stefanie Bock war 2021 bei „nachhaltig chancengleich!“ erfolgreich mit dem Antrag, ein Mentoring-Programm aufzubauen. Inzwischen ist das Alix-Westerkamp-Mentoring an den Start gegangen und verstetigt. Zu den Hürden für exzellente Jura-Studentinnen, eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen, gehöre zum Beispiel die geringere Sichtbarkeit weiblicher Role Models in den Rechtswissenschaften.
Oftmals sei der Weg in die Justiz eine attraktive Alternative zu Forschung und Lehre, weil er mit einer leichten Vereinbarkeit von Familie und Beruf werbe. Der Fachbereich hat mit dem Prüfungscoaching für Studentinnen und einer öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema ,Gender-Noten-Gap im Pflichtfachexamen‘ noch einen weiteren Baustein im universitären Förder-Programm eingeworben. „Nachhaltig chancengleich!“ will Diskriminierung abbauen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familienverantwortung verbessern und Frauen für Positionen gewinnen, in denen sie unterrepräsentiert sind.
Das ist auch im Fachbereich Medizin wichtig. Das Medizinstudium bereitet wie das Jura-Studium auf konkrete Berufsbilder vor. Auch im Fachbereich Medizin ist der Anteil der Frauen an den Studierenden weit höher als im Professorium. Das Else-von-Behring-Mentoring Programm soll Frauen auf dem Weg zur Professur unterstützen. Das Programm besteht aus einer Mischung aus direktem Mentoring zwischen zwei Personen, Peer-Mentoring und Weiterbildungsangeboten und richtet sich an Personen in der Habilitationsphase. Das Begleitcurriculum bietet gezielte Karriereunterstützung in familienfreundlichen Formaten und Zeiten an. Der Fachbereich Medizin war bei „nachhaltig chancengleich!“ auch mit einem Projekt zu gendersensibler Lehre erfolgreich.
Das Alix-Westerkamp-Mentoring und das Else-von-Behring-Mentoring führen hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen in jeweils fachspezifischen Netzwerken zusammen. „2017 hatten bereits fast 90 Prozent aller staatlichen Universitäten mit einer humanmedizinischen Fakultät ein eigenes Mentoring-Programm. Auch ein eigenes Mentoring nur für Juristinnen ist an anderen Universitäten bereits s
eit langem etabliert. So ergänzen beide Programme die bestehenden Förderlinien von Mentoring Hessen und ProMotivation“, sagt Stefanie Wittich, die „nachhaltig chancengleich!“ im Büro der zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Universität koordiniert.
„Das Programm nachhaltig chancengleich!“ ist deshalb so besonders, weil es niedrigschwellig passgenau da ansetzt, wo es in den jeweiligen Fachbereichen und Fachkulturen noch Ungleichheiten gibt“, erklärte die Uni-Vizepräsidentin Prof. Dr. Sabine Pankuweit. „Deshalb danke ich allen, die die Projekte in ihren Fachbereichen auf den Weg gebracht haben und sich in dieser Form für Gleichstellung engagieren.“
Nicht nur vergleichsweise umfassende Programme wie Mentoring können bei „nachhaltig chancengleich!“ eine Anschubfinanzierung beantragen. Auch ganz andere Unterstützungsangebote sind möglich. So hat zum Beispiel der Fachbereich Biologie mit der Förderung der Universität ein Programm zur Entlastung von Wissenschaftlerinnen bei der Rückkehr aus der Elternzeit umgesetzt.
Die Wissenschaftlerinnen wurden dabei von Hilfskräften unterstützt, um so mehr Zeit für die fachliche Weiterbildung zu haben. Die Ausgangslage am Fachbereich Biologie war anders als in der Rechtswissenschaft: Der Frauenanteil in der Studierendenschaft und im wissenschaftlichen Nachwuchs lag in allen Qualifikationsstufen bei über 50 Prozent, im Professorium bei unter 30 Prozent. Hilfskraftförderung für Wissenschaftlerinnen mit Kleinkindern kann leicht umgesetzt werden, lautet ein Resümee aus dem Fachbereich.
Finanziert wird „nachhaltig chancengleich!“ aus dem Professorinnenprogramm des Bundes und der Länder. In zwei Förderrunden hat das Programm bisher insgesamt acht Projekte unterstützt; neben den bereits genannten Initiativen waren das eine Ausstellung und öffentliche Podiumsdiskussion „Lebenswege von Archäologinnen – Marburg Edition“ sowie eine semesterbegleitende Workshop-Reihe zu „implicit/unconscious bias“ in der Hochschullehre – beides im Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften – sowie die Entwicklung nachhaltig genderrelevanter Handlungsmöglichkeiten am Fachbereich Geographie.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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